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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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ihnen, daß wir sehr zornig auf sie waren, veranlaßten den Prinzen, sie zu fragen, ob sie nicht etwa Frauen und Kinder getötet hätten, und ließen sie glauben, wenn sie jemand getötet hätten, müßten wir sie zwingen, sich gleichfalls umzubringen, aber sie versicherten uns ihre Unschuld, und so verziehen wir ihnen. Dann über-reichten sie uns die Bögen, Pfeile und Lanzen, aber auf einen Wink ihres schwarzen Prinzen hin gaben wir ihnen Bögen und Pfeile zurück, mit der Erlaubnis, loszugehen und Umschau zu halten, ob sie irgend etwas Eßbares erlegen konnten. Hier machten wir ihnen die Gesetze klar, was die Waffen betraf: nämlich wenn jemand sie angriff, auf sie schoß oder sie mit Gewalt bedrohte, durften sie ihn töten; sie durften aber niemanden töten oder verletzen, der ihnen Frieden anbot oder die Waffen niederlegte, und auf keinen Fall Frauen oder Kinder. So lauteten unsere Kriegsregeln.
    Diese beiden Burschen waren noch nicht länger als drei oder vier Stunden fort gewesen, als einer von ihnen ohne Bogen und Pfeile zu uns gerannt kam und schon eine ganze Weile, bevor er uns erreichte, rief und brüllte: „Okoamo, okoamo!“, was anscheinend „Hilfe, Hilfe!“ bedeutete. Die übrigen Neger erhoben sich rasch und eilten, so gut sie es vermochten, jeweils zu zweit auf ihren Kameraden zu, um zu erfahren, was geschehen war. Mir selbst und auch allen unseren Leuten war es rätselhaft; der Prinz sah aus, als habe sich etwas Unglückse-91
    liges ereignet, und einige unserer Leute nahmen ihre Waffen zur Hand, um für alle Fälle bereit zu sein. Aber die Neger erfuhren bald, was geschehen war, denn kurz darauf sahen wir vier, mit einer großen Last Fleisch beladen, zurückkehren.
    Folgendes hatte sich ereignet: Jene beiden, die sich mit Bogen und Pfeilen auf den Weg gemacht hatten, waren in der Ebene auf ein großes Rudel Rehe gestoßen und hatten drei davon erlegt, und nun kam einer zu uns gerannt, damit wir ihnen halfen, die Tiere herbeizuschleppen. Dies war das erste Rehwild, dem wir bei unserem ganzen Marsch begegnet waren, und wir taten uns daran gütlich. Hier überredeten wir unseren Prinzen zum erstenmal dazu, das Fleisch, auf unsere Weise zubereitet, zu essen, und danach ließen sich seine Leute durch sein Beispiel bewegen, es gleichfalls zu tun, während sie zuvor fast ihr gesamtes Fleisch roh gegessen hatten.
    Wir wünschten jetzt, wir hätten ein paar Bogen und Pfeile mitgebracht, was wir hätten tun können, und begannen unseren Negern so viel Vertraue n zu schenken und uns so an sie zu gewöhnen, daß wir sie häufig frei von ihren Fesseln gehen ließen, oder zumindest den größten Teil von ihnen, in der Gewißheit, daß sie uns nicht verlassen würden und auch nicht wußten, wohin sie sich ohne uns wenden sollten. Nur mit einer Sache wollten wir sie nicht betrauen, und das war das Laden unserer Flinten; sie glaubten vielmehr stets, unsere Flinten hätten irgendeine himmlische Macht in sich, die Feuer und Rauch ausspie, mit schrecklicher Stimme sprach und aus der Entfernung tötete, wann immer wir sie dazu aufforderten.
    Nach ungefähr acht Tagen hatten wir drei Kanus fertig, und darin schifften wir Weiße uns zusammen mit dem Gepäck, unserem Prinzen und einigen der Gefangenen ein. Wir hielten es auch für notwendig, daß immer ein paar von uns an Land blieben, nicht nur, um die Neger zu beaufsichtigen, sondern auch, um sie vor Feinden und wilden Tieren zu beschützen.
    Auf diesem Marsch gab es viele kleine Zwischenfälle, die sich 92
    unmöglich alle in meinem Bericht wiedergeben lassen; insbesondere sahen wir jetzt mehr wilde Tiere als zuvor, ein paar Elefanten und zwei oder drei Löwen, Arten, denen wir zuvor nicht begegnet waren, und wir stellten fest, daß unsere Neger sich viel mehr vor ihnen fürchteten als wir, vor allem, weil sie weder Bogen, Pfeile noch Lanzen hatten – die Waffen, an deren Gebrauch sie von klein auf gewöhnt waren.
    Wir heilten sie jedoch von ihrer Furcht, indem wir mit unseren Feuerwaffen stets bereit waren. Da wir aber sparsam mit unserem Pulver umgehen wollten und uns das Töten der wilden Tiere jetzt keinen Vorteil brachte, weil die Felle zu schwer waren, als daß wir sie hätten tragen können, und sich ihr Fleisch nicht genießen ließ, beschlossen wir, bei einigen unserer Flinten nur Pulver aufzuschütten, ohne sie zu laden, und wenn wir es in der Zündpfanne aufflammen ließen, fuhren die Bestien, sogar die Löwen, bei diesem Anblick stets zurück, machten

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