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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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Vergütungsausschuss,auch Politbüro genannt. Und das Ergebnis all dieser verschiedenen Faktoren war, dass niemand je genau wissen konnte, welche Höhe sein Bonus haben würde.
    Auf Rogers Schreibtisch standen drei Computerbildschirme. Einer davon zeichnete die Aktivitäten der Abteilung in Echtzeit nach, ein zweiter war Rogers eigener PC, den er für E-Mails, Instant Messaging, Videokonferenzen und seinen Terminkalender benutzte, und ein dritter spiegelte wider, welchen Verlauf der Devisenhandel seiner Abteilung während des gesamten Jahres genommen hatte. Demzufolge hatten sie einen Gewinn von ungefähr 75000000 £ gemacht, bei einem Umsatz von bisher 625000000 £. Das war nicht schlecht, fand Roger, ohne überheblich klingen zu wollen. Wenn man sich die Zahlen so anschaute, dann wäre es nur gerecht, wenn man ihm einen Bonus von einer Million zugestehen würde. Aber es war ein seltsames Jahr am Finanzmarkt gewesen, seit dem Zusammenbruch von Northern Rock vor einigen Monaten. Im Grunde genommen hatte sich Northern Rock mit ihrem eigenen Geschäftsmodell selbst zerstört. Ihr Kredit war versiegt, die Bank of England hatte geschlafen, und die Börsianer waren in Panik geraten. Seitdem waren die Kredite teurer geworden, und es herrschte eine allgemeine Unruhe am Markt. Roger fand das durchaus in Ordnung, denn im Handel mit Devisen führte Unruhe zu Schwankungen, und Schwankungen führten zu Profit. Es hatte am Devisenmarkt einige ziemlich einleuchtende und relativ sichere Wetten gegen Hochzinswährungen gegeben, zum Beispiel gegen den argentinischen Peso; einige Devisenabteilungen von Konkurrenzfirmen hatten dabei höllisch abkassiert. Deswegen war die fehlende Transparenz ein Problem. Das Politbüro maß ihn womöglich an dem Gewinnergebnis irgendeines Senkrechtstarters, eines idiotischen halbwüchsigen Draufgängers, der ein paar verrückte, nicht abgesicherte Wetten abgezogen hatte. Mit einigen Zahlen konnte man eben unmöglich konkurrieren, wenn man nicht die Art von Risiko einging, die seine Bank für inakzeptabel hielt. Aber leiderfunktionierte das Ganze so, dass solche Risiken sofort viel akzeptabler wurden, wenn sie eine spektakuläre Geldsumme einbrachten.
    Ein weiteres mögliches Problem war, dass die Bank behaupten könnte, in diesem Jahr weniger Gewinn erzielt zu haben, so dass die Boni generell unter den Erwartungen bleiben würden. Es gab tatsächlich Gerüchte, dass Pinker Lloyd einige ziemlich hohe Verluste in der Abteilung für Hypothekenanleihen hatte verkraften müssen. Und dann war da noch der weithin publik gemachte Schlag ins Kontor im Zusammenhang mit dem schweizerischen Tochterunternehmen gewesen, das in einem Übernahmekampf den Kürzeren gezogen und dessen Aktie infolgedessen einen Kurssturz von 30 Prozent erfahren hatte. Das Politbüro könnte behaupten, »es sind harte Zeiten angebrochen«, »der Verlust muss gleichmäßig aufgeteilt werden«, »wir spenden dieses Mal alle ein wenig Blut« und (mit einem Zwinkern) »nächstes Jahr wird alles besser«. Das wäre natürlich eine ziemlich große Scheiße.
    Roger rotierte in seinem Drehsessel, damit er aus dem Fenster in Richtung Canary Wharf gucken konnte. Es hatte aufgehört zu regnen, und die früh untergehende Dezembersonne tauchte die Hochhäuser, die normalerweise so massiv und vollkommen unätherisch wirkten, einen Augenblick lang in ein klares goldenes Licht, so dass sie in Flammen zu stehen schienen. Es war halb vier, und er würde noch mindestens vier Stunden arbeiten müssen. Zu dieser Jahreszeit verließ er das Haus, bevor es hell wurde, und kam heim, lange nachdem es dunkel geworden war. Das war jedoch für Roger so selbstverständlich geworden, dass er schon lange keinen Gedanken mehr daran verschwendet hatte. Seiner Erfahrung nach waren diejenigen, die sich über die Arbeitszeiten in der City beschwerten, entweder im Begriff zu kündigen oder kurz davor, gefeuert zu werden. Er drehte sich wieder zurück, denn lieber wandte er sich dem Inneren des Gebäudes zu, wo sich das »Parkett« befand, wie es von allen genannt wurde, in Erinnerung an die alten Zeiten des Börsenparketts, wo die Börsianer schrien, kämpftenund mit ihren Papieren herumfuchtelten. Man hätte sich jedoch kaum einen größeren Unterschied zu dieser Tradition vorstellen können als die Abteilung für Devisenhandel. Vierzig Angestellte saßen an ihren Bildschirmen, murmelten etwas in ihre Headsets oder zu ihren Nachbarn, schauten aber im Allgemeinen nur selten

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