Kapitalismus Forever
Wehrpflicht heißt, dass man auf einen Schlag 100.000 und mehr Uniformen braucht, und den Stoff und den Zwirn dafür. Erst bei garantiertem Absatz in solchen Dimension wird es für den Kapitalisten interessant, Maschinen konstruieren zu lassen und große Fabriken zu bauen. Und damit war die Textilindustrie geboren, die erste industrielle Massenproduktion überhaupt, welche dann die Industrialisierung weiterer Produktionszweige nach sich zog.
Vielleicht sollte man der Linkspartei mal eine Sammlung mit Marxzitaten schicken, von Passagen, in denen sich Marx über den Krieg äußert. Vielleicht exkommunizieren sie ihn dann. Das wäre vor allem für Marx ein Gewinn.
Man kann mir vorhalten, ich selbst hätte in meinem Buch »Brothers in Crime« die Überflüssigwerdung der Menschen thematisiert, was zwar nicht ihre vorsätzliche Tötung, aber doch die weitgehende Aussortierung bedeutet. Und dafür schaffe der Kapitalismus ja tatsächlich die Voraussetzungen. Man muss unterscheiden. Als Subjekte werden die Menschen überflüssig. Reduziert auf bedürftige und ausgehaltene Kreatur aber sind sie ein Posten in der Volkswirtschaft. Man streiche allen Arbeitslosen, Sozialhilfeempfängern, Rentnern etc. die Bezüge und die Krankenversicherung. Was passiert? Die Kliniken entlassen Personal und machen Pleite, der Lebensmitteleinzelhandel geht in die Knie, Zigtausende Sozialbürokraten werden arbeitslos. Ein funktionierender Kapitalismus ist eben auf Massenproduktion und folglich Massenkonsum angewiesen. Wenn nur die Superreichen sich einen Flug leisten könnten, wäre er auch für sie zu teuer. Und zu gefährlich.
Um das Jahr 2000 herum hätte man für Computerschrott gutes Geld bekommen, wenn man noch welchen im Keller hatte. Die NASA suchte händeringend Intel 8088-Prozessoren. Die waren 1980 auf den Markt gekommen und mit 5 Mhz getaktet, aktuelle Prozessoren sind um den Faktor 500 bis 1000 schneller. Aber die alten Dinger waren extrem sparsam beim Stromverbrauch gewesen und extrem robust, und deshalb wollte die NASA welche haben. Aber natürlich nicht so viele, dass es sich gelohnt hätte, eine Fabrik dafür zu bauen. So eine Fabrik ist nämlich wahnsinnig teuer und wird erst rentabel durch den Massenmarkt.
Man kann mir ferner vorhalten, ich hätte früher gegen den Kulturimperialismus polemisiert. Habe ich, aber nicht, ohne dazuzusagen, dass er in Deutschland ein zivilisatorischer Fortschritt war. Doch es stimmt, dass man es damals mit Grauen sah, wenn man in Griechenland oder der Türkei statt Mokka Cola bekam.
Zum letzten Mal ging es mir so bei einem Fernsehbericht über eine Südseeinsel. Die Eingeborenen hatten gar nichts, nur ihre Hütten aus Palmwedeln. Und diese Eingeborenen saßen nun abends an ihrem idyllischen Strand auf ihrer wunderschönen kleinen Insel, und zwar um einen Fernseher herum, der von einem Generator mit Strom versorgt wurde.
Der erste Gedanke: Furchtbar! Da lassen diese Eingeborenen sich nun von Seifenopern und Reklame verblöden, statt einander Geschichten zu erzählen und ihre Tänzchen zu machen oder im Chor zu singen oder so was. Das wäre doch viel besser, schöner, unterhaltsamer.
Für mich.
Für die aber offensichtlich nicht. Vielleicht hatte es ihnen schon lange zum Hals herausgehangen, wenn der Opa oder der Stammesälteste immer die gleichen alten Geschichten erzählt. Vielleicht mochten sie ihre Lieder und Tänze nicht mehr, weil sie die schon zu oft getanzt und gesungen hatten. Es muss ja einen Grund geben, warum sie den Fernseher, den Generator und die Satellitenschüssel beschafft hatten. Vermutlich war es so, dass sie als sterbenslangweilig empfanden, was uns als Idylle erscheint.
Es scheint jedenfalls so zu sein, dass alle Menschen, die in Kontakt mit der glitzernden Warenwelt des Kapitalismus kommen, ihren Verlockungen und ihrem trügerischen Glanz erliegen. Vielleicht ist der Mensch einfach so gebaut, dass er seine Erfüllung im Kapitalismus findet. Früher hätte ich einen solchen Verdacht empört zurückgewiesen. Heute, nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, kann ich nur sagen: Ich weiß es wirklich nicht.
Genmanipulation ohne Labor
Natürlich liegt das nicht an den Genen, sondern es ist viel komplizierter, wenn es überhaupt so ist. Viele Menschen verspüren beispielsweise nach einem Zahnarztbesuch den Drang, sich mit einem Einkauf zu entschädigen. Am besten, man geht dann in einen 1-Euro-Shop. Da findet man immer irgendwas und macht nicht viel Geld kaputt.
Kaufen macht
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