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Kapitalismus Forever

Kapitalismus Forever

Titel: Kapitalismus Forever Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Pohrt
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glücklich, ein verflossener Kaufhauskonzern hatte es mit seinem Reklamespruch »Horten hat die Ware Freude« auf den Begriff gebracht. Das ist so pervers und lächerlich wie wahr. Wir stammen nun mal von Sammlern und Jägern ab, und Beute machen produziert Glücksgefühle. Wir erleben sie bei der Schnäppchenjagd. Darum stapelt sich in allen Wohnungen der Nippes und der Trödel. Voller wird es immer, leerer nie. Man gehe mal am Samstag in den Supermarkt. Was die Leute alles in den Einkaufswagen pa­cken, werden sie nie im Leben aufessen. Es sind gigantische Mengen, der Kühlschrank muss voll sein, bis er nicht mehr zugeht. So machen es die einfachen Leute.
    Der Intellektuelle nagelt sich stattdessen oder zusätzlich die Bude mit Büchern voll, bis die Decke bricht. Fünf Menschenleben würden nicht reichen, um den Kram auch zu lesen. Auch die Bevorratung mit Lesestoff geht auf Zeiten zurück, in welchen das Ansammeln von Vorräten für die Menschen eine Lebensnotwendigkeit gewesen ist. Die Triebe und die Lust, die Befriedigung spenden, haben ihren Ursprung darin, der Selbsterhaltung der Gattung zu dienen. Beim Menschen aber bleibt es nicht dabei. Die Triebe können sich offenbar von ihrer Funktion auch völlig lösen und dann ein zweckfreies Eigenleben führen.
    Betrachten wir die Sexualität: Albern, es bestreiten zu wollen, dass sie ursprünglich im Dienst der Fortpflanzung stand. Beim Menschen aber hat sie sich aus diesem Zusammenhang gelöst. Der Mensch will auch dann, wenn gar nichts dabei herauskommen kann.
    Ganz anders bei den Katzen. Im März jaulen und mauzen sie so herzergreifend herum, als würden sie vor Sehnsucht und Liebe sterben. Vier Wochen später sind die Kätzchen da. Wenn der Kater nun und den ganzen Sommer über eine Katze sieht, denkt er nicht: »Oh, das ist aber eine Hübsche. Der schenke ich jetzt meine tote Maus, vielleicht geht sie dann mit mir Schmusen.« Im Gegenteil. Er faucht die Katze an und will sie aus seinem Revier verjagen. Und im Herbst geht dann wieder das Gemauze los, Katzen und Kater kreischen liebeskrank um die Wette.
    Die Jahreszeit synchronisiert den Hormonspiegel beider Geschlechter. Menschliche Sexualverbrechen wie Vergewaltigung sind daher unmöglich. Wenn die Katze nicht mag, mag der Kater auch nicht. Wie so oft ist das Menschlichste am Menschen genau das, was wir an ihm am meisten verachten und hassen.
    Eine ähnliche Entwicklung, wie der Sexualtrieb sie durchlaufen hat, könnte doch in der jüngeren Geschichte auch der Trieb zu jagen und zu sammeln durchlaufen haben, nämlich die Ablösung von seiner ursprünglichen Funktion.
    Was machen wir mit diesen Trieben, deren Befriedigung uns so viel Glück gespendet hat, wenn die Bevorratung mangels drohender Hungersnöte absurd geworden ist? Sollen wir auf dieses Glück einfach verzichten, auf das Glück, die Kohle und die Kartoffeln für den kommenden harten Winter im Keller zu wissen? Welchen Sinn hätte ein Leben noch, wenn man dabei nicht glücklich werden kann? Also machen wir weiter, jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten. Der Millionär scheffelt die Millionen, die er nie verputzen kann, der Intellektuelle hamstert Bücher, die er nie lesen wird, und zur Not erfüllen auch leere Joghurtbecher den Zweck.
    Das war nicht immer so, es gab auch eine Zeit, in der die Menschen weniger »zukunftsorientiert« gewesen sind. Man denke an den Tagelöhner. Das ist der Typ, von dem Marx schreibt, dass er mit der Arbeit sofort aufgehört hat, wenn er genug verdient hatte, um das Geld verfressen, versaufen und verhuren zu können.
    Gute alte Zeit! Die Tagelöhner waren ja auch Leute, denen die Ständeordnung das Heiraten verboten hatte. Sie mussten keine Familie versorgen, weil sie keine gründen durften. Aus dem Zusammenbruch dieser Ständeordnung ist das Proletariat hervorgegangen, und dieser Zusammenbruch hatte damals in Europa zu dem geführt, was wir heute eine »Bevölkerungsexplo­sion« nennen, wenn es anderswo geschieht. Die Proleten und nicht nur sie haben sich damals in Europa vermehrt wie die Karnickel.
    Mit dem Übergang vom Tagelöhner zum Lohnarbeiter und später zum Gehaltsempfänger, der keine Lohntüte mehr bekommt, sondern eine Überweisung aufs Konto, hat die Triebstruktur der Menschen einen Knick bekommen. Einerseits ist ihr ganzes Leben von Zukunftsvorsorge überschattet, es ist verplant von den Abzahlungsraten bis zur voraussichtlichen Höhe der Rentenbezüge und sogar über den Tod hinaus, Stichwort

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