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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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Welt als erhobener grüner Finger. Als trotziger Du-kannst-michmal-Finger oder als einladend-lockender Finger. Vielleicht sogar beides.
    Dann stand Zack neben mir. »Geld«, sagte er, als dächte und sähe er in diesem Augenblick das Gleiche wie ich. »Der Welt Lebenssaft. Es liegt da draußen und ist ganz leicht einzusammeln.«
    »Danke«, sagte ich. »Man muss mich immer wieder daran erinnern. Manchmal vergesse ich nämlich, dass ich das schwarze Schaf der Familie wäre, gäbe es Mose nicht. Vielleicht sollte ich das mit seinem Entzug noch mal überdenken.«
    »Ich habe über dich und Mose nachgedacht«, sagte er.
    »Und danke auch, dass du uns auf eine Stufe stellst.«
    »Dein Plan ist eine Schnapsidee, Uri. Dennoch habe ich mich entschlossen, dir das Geld zu geben.«
    »Warum dieser Sinneswandel?«
    »Du bist der große Bruder, zu dem ich als Kind aufsehen konnte. Ich habe ein Problem damit, deine Bitte abzulehnen, egal, wie idiotisch deine Idee auch sein mag. Ich gebe dir fünf Riesen. Mach damit, was du willst, es interessiert mich nicht. Du willst sie für Moses verschwenden? Gut, Kritik meinerseits hast du im Nachhinein nicht zu befürchten. Obgleich ich wünschte, du würdest das Geld als Anzahlung für einen vernünftigen Wagen verwenden, aber das ist deine Sache, Uri. Schaffst du es, dass Mose einen Monat clean bleibt, stelle ich einen weiteren Scheck aus.«
    Er stellte einen Scheck aus und gab ihn mir. »Und jetzt gehen wir was trinken«, sagte er.

Zweiunddreißig
    Der Abendhimmel präsentierte sich als Waschküche, reiner grauer Wasserdampf. Die Temperatur lag bei schwül-heißen 37 Grad und meine Klamotten klebten am Körper. Hinter den Muleros Mountains südlich von Juárez zeigte sich Wetterleuchten und erinnerte an weit entferntes Artilleriefeuer. Das war unsere Version der Hölle und so würde es die nächsten zwei Monate bleiben.
    Der warme Sprühregen ließ den glatten Asphalt zur Rutschbahn werden und ich fuhr entsprechend zurückhaltend, als führe ich über schwarzes Eis. Andere taten das nicht.
    Ein Autofahrer raste mit neunzig an mir vorbei; er bemerkte weder die Gefahr von Aquaplaning, noch dass er bereits die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hatte, obgleich es augenscheinlich problemlos geradeaus fuhr. Ein anderer hing hupend an meiner Stoßstange. Ich hupte zurück, und anschließend tauschten wir einen Gruß mit dem Mittelfinger aus, als er mich mit aufheulendem Motor und ausbrechendem Heck überholte.
    Es machte nicht wirklich Spaß, jetzt über die Mesa zu zuckeln, doch ich fuhr noch aus einem anderen Grund langsam. Ich war auf der Suche nach einer Alternative zum DMZ. Aber es gab keine. Es gab Sport-Bars, Striptease-Bars, Table-Dance-Bars, Kennenlern-Bars, Biker-Bars, Penner-Bars und Fress-Bars. Aber keine Bar-Bars.
    Ich hielt auf dem Parkplatz einer kleinen Genossenschaftsbank nahe der Universität und warf Zacks Scheck in den Nachtbriefkasten. Ich mag diese Genossenschaftsbank. Sie ist klein und die Angestellten sind freundlich. Dort herrscht keine Atmosphäre der Scheinheiligkeit wie bei den majestätischen Großbanken. Niemand gibt einem das Gefühl, ein Nichtschwimmer an den Küsten des Geld-Ozeans zu sein. Zwar waltet auch hier Dollar, der grüne Gott, aber er waltet in einem eingeschossigen Stucktempel von der Bescheidenheit einer taquería. Wenn Cibola Savings & Loan eine Kathedrale ist, dann ist diese eher unbedeutende Genossenschaftsbank die Kapelle des kleinen Mannes.
    Ich fuhr zurück zum Apartment und rief Jesaja an. »Ich möchte Mose morgen in die Reha-Klinik bringen«, sagte ich. »Wann hast du Zeit?«
    »Nach Feierabend. Wir treffen uns um halb sieben in Junktown.«
    »Kannst du nicht früher?«
    »Klar doch. Ich werfe hundert Express-Pakete in den Rio und wir treffen uns schon mittags.«
    »Okay, also halb sieben. Wir werden ihn fesseln müssen. Bring Paketklebeband mit.«
    Eines seiner Kinder fing zu schreien an. Er hielt den Hörer zu und brüllte etwas. Seine Frau brüllte zurück. Die Geräusche häuslichen Chaos hallten für einen Moment in meinen Ohren wider, dann war Jesaja wieder am Hörer. »Es ist reine Zeitverschwendung, vom Geld ganz zu schweigen«, sagte er.
    »Vielleicht sollten wir diesen Hirntoten einfach erschießen. Würde der Familie eine Menge Ärger ersparen.«
    »Wem hast du das Geld aus den Rippen geleiert? Obwohl – ich kann’s mir denken.«
    »Nicht aus den Rippen geleiert. In seiner Herzensgüte hat Zack es rübergeschoben. Ich hoffe

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