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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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nicht mit der Zigarette zu verbrennen. Sie hatte die Hände hinter seinem Nacken verschränkt. Die Musik trommelte wie mit Fäusten gegen meine Scheiben.
    Er hörte auf, sie zu küssen, drehte sich um und sah hoch zu meinem Fenster. Ich saß im Dunkeln und wusste, dass er nicht sehen konnte, wie ich sie beobachtete. Dennoch reckte er seinen Mittelfinger, nur so, für alle Fälle. Dann wandte er sich wieder der Frau zu und küsste sie weiter.
    Ich blickte hinüber zum Rio Grande und zu den Lichtern von Juárez. Sie funkelten blau und verteilten sich über den südlichen Horizont. Zwei Millionen Menschen leben unter diesen blauen Lichtern, ein Großteil davon so arm, dass die meisten Amerikaner neben ihnen wie Software-Tycoons wirken. Der Gedanke hätte meinem Leben etwas Perspektive geben sollen, doch er tat es nicht.

Dreiunddreißig
    Jesajas VW parkte bereits vor dem Regency, als ich dort ankam. »Du bist spät dran«, begrüßte mich Jesaja.
    »Es ist fünf nach halb sieben, Bruder«, sagte ich.
    »Wie ich schon sagte, du bist spät dran.«
    Die Sache ging ihm gegen den Strich und deshalb war er sauer, dass ich mich um fünf Minuten verspätet hatte. Er zwängte sich aus dem Käfer. Es sah aus, als kletterte ein Bär aus einem Gewehrlauf. Er trug immer noch seine UPS-Uniform. »Schlechten Tag gehabt?«, fragte ich.
    »Bisher nicht, aber das wird sich wohl gleich ändern.«
    »Wir machen einen netten Ausflug aufs Land. Das wird dir gut tun, bringt Abwechslung in deinen Tagesablauf.«
    Er starrte mich an. »Ich soll dir wohl noch dankbar sein, ja?«
    Ich klopfte ihm auf die Schulter. Es fühlte sich an, als würde ich auf eine Rinderhälfte schlagen. »Das ist die richtige Einstellung. Sei immer dankbar für die kleinen Annehmlichkeiten des Lebens.«
    Er sah immer noch verstimmt aus, aber er schwieg.
    Wir gingen hoch zu Moses’ Apartment. Zuerst reagierte niemand auf mein Klopfen.
    »Hau ab«, piepste endlich eine Frauenstimme.
    »Mach auf«, sagte ich. »Wir haben was für Mose.«
    Stille. Dann wurde die Tür einen Spaltbreit geöffnet. Nicht von Rusty Odegaard, sondern von einer anderen Junkiebraut aus Haut und Knochen. Krauses, gelbes Haar, orangefarben gesträhnt und am Ansatz dunkel, vorstehende Augen, die vermutlich auf das Konto einer Schilddrüsenüberfunktion gingen und vom milchigen Blau zerkratzter Murmeln waren, am unteren Teil des Halses ein sich gut entwickelnder Kropf.
    »Was habt ihr denn für ihn?«, wollte sie wissen.
    Ich zeigte auf Jesaja. »UPS. Eine große Paketsendung, aber er oder jemand, der hier wohnt, muss unterschreiben.«
    Sie musterte Jesaja, dann versuchte sie, an ihm vorbei nach dem Paket zu linsen, aber ihr Blickwinkel war ungünstig. Sie löste die Türkette, machte die Tür vollends auf und wollte hinaus auf den Flur, doch ich schob sie sanft beiseite und ging hinein.
    »Wo steckt er?«, fragte ich.
    »Wo ist das Paket?«, fragte sie und blickte rechts und links den dunklen Flur hinunter. In ihren hellen Basedow-Augen brannte nicht gerade das Feuer eines Genies. Ihr Teint wirkte alt, obwohl sie wahrscheinlich nicht mal zwanzig war. Die mit vernarbten Einstichen übersäten, welken Arme hingen aus der ärmellosen Bluse wie die schmuddeligen Arme einer Lumpenpuppe.
    »Was ist mit Maria Guadalupe passiert?«, fragte ich.
    »Wer?«
    »Rusty Odegaard.«
    »Ach die. Ab über den Jordan. Ist gestorben.«
    »Dann bist du die neue Maria Guadalupe. Wo hast du denn dein Bitte-helft-meinen-hungrigen-Niños-Pappschild?«
    »Ich spreche kein Spanisch«, antwortete sie. »Was sucht ihr Typen hier überhaupt?«
    »Moses. Wo steckt er?«
    »Wollt ihr ihn um die Ecke bringen? Na hoffentlich. Er ist so ein Wichser. Gibt mir nicht mal den klitzekleinsten Schuss, bevor ich nicht das beschissene Geschirr gespült oder das beschissene Badezimmer sauber gemacht habe.«
    »Vielleicht möchte er, dass du erfährst, wie stolz man ist, wenn man sich etwas selbst erarbeitet. Vielleicht möchte er dich draußen, auf der Straße sehen, wie du die Touristen breitschlägst, so wie Rusty.«
    In gespielter Verzweiflung verdrehte sie die Augen und sah dabei aus wie ein Zombie in einem Horrorstreifen. »Na klar«, sagte sie. »Ich geh raus und trag mein Schild durch den Verkehr. Nein, danke, Sir. Meine Ma hat schließlich keine Bettlerin aufgezogen. Ich hab auch meinen Stolz.« Sie zündete sich eine Zigarette an und bewegte sich mit kleinen Schritten ruckartig vor und zurück. Allerdings war nur von den Knien

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