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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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ése, oder?«
    »Mann, sie betreibt eine neue Geschäftspolitik. Drinks, die mehr kosten und wie Wischwasser schmecken. Dann den Mist, den sie quatscht: ›Welches Gift bevorzugen Sie?‹. Um Himmels willen, Güero, wenn du schon verkaufen musstest, warum nicht an jemanden, der weiß, wie man eine Bar führt?«
    »Weil Beatrice die Einzige war, die meine Preisvorstellung akzeptiert hat. Sie entstammt einer Öldynastie. Ihr Daddy ist einer von den texanischen Milliardären. Lass dir einen Dartpfeil ins Auge werfen, vato, und verklag sie. Dann wirst du reich.«
    »Seit Gert mich verlassen hat, habe ich mich nicht so schlecht gefühlt, Güero.«
    »Du übertreibst, Uri.«
    »Tatsächlich? Na ja, vielleicht ein wenig.«
    Ich heulte mich noch eine Weile aus, und bevor wir auflegten, kamen wir überein, uns demnächst auf einen Drink zu treffen. Ohne meine Nachrichten abzuhören, machte ich mich mit meiner Werkzeugkiste auf den Weg zu den Hildebrands.
    Bill Hildebrand öffnete in einem zerschlissenen Bademantel die Tür. Er sah aus wie hundert, aber seine ramponierten Zehennägel hatten eine Pediküre hinter sich. »Was macht die Terrine, Bill?«, fragte ich. Er ließ mich herein und humpelte zu einem Sessel.
    »Rosie ist im Krankenhaus«, sagte er.
    Die Fische waren wieder da. Neontetras und Fächerschwänze schwammen fix durch klares Wasser. Die Katzen lagen in gewohnt träger Manier auf dem Teppich.
    »Tut mir leid, das zu hören, Bill«, sagte ich.
    »Sie hatte einen Schlaganfall«, sagte er. »Sie war fürchterlich schlecht gelaunt. Irgendwas im Fernsehen hat sie zur Weißglut gebracht, sie hat das Ding nur noch angebrüllt und plötzlich lag sie am Boden. Ich hab dann den Notruf alarmiert.«
    »Ich werd ihr ein paar Blumen schicken«, sagte ich.
    »Das bringt nichts. Sie kann nichts sehen, nichts hören und ist vollständig gelähmt. Sie glauben nicht, dass sie durchkommt.«
    Der alte Mann sah mich an. Es war der Blick des geprügelten Hundes, den ich nur zu gut kannte. Genau diesen Blick hatte er mir zugeworfen, nachdem ich den Fisch aus der Toilette gezogen hatte.
    »Das sind ja schöne Neuigkeiten«, sagte ich und wich diesem Blick aus.
    Ich ging ins Badezimmer und betätigte die Spülung. Alles funktionierte prächtig. Um sicherzugehen, drückte ich ein weiteres Mal. Aus dem Schlafzimmer drang ein langer, gehauchter Seufzer. Die Tür war nur angelehnt. Ich stieß sie auf. Im Bett lag eine Frau, die sich augenblicklich die Bettdecke bis ans Kinn zog. »Wer ist das?«, fragte ich.
    »Das ist Dorsey«, erklärte Bill.
    »Dorsey«, sagte ich.
    »Dorsey Jim«, fügte er hinzu.
    Dorsey Jim lächelte mich an. Ihr fehlten drei Schneidezähne. Sie war vielleicht sechzig und ihr Haar ein Wirrwarr aus drahtigen Strähnen in Schwarz und Grau. »Ich bin Bills Cousine«, sagte sie. »Aus Flagstaff. Das ist in Arizona. Es gibt viele Diné in Flagstaff. Glaubt man kaum, wenn man durchfährt.«
    Ich sah Bill an und er blickte verschämt zur Seite.
    »Dorsey ist eine Diné – Navajo«, sagte er.
    »Du hast Verwandte bei den Navajo?«, fragte ich.
    Dorsey lächelte immer noch. »Wir sind alle miteinander verwandt«, sagte sie. »Sind Sie anderer Meinung? Vielleicht glauben Sie auch, manche Leute kommen vom Mond.« Ohne die Decke loszulassen, schwang sie die Beine aus dem Bett. Eine Tätowierung von der Größe eines Menütellers zierte den oberen Teil ihres Rückens. Das Tattoo sah aus wie ein Bluterguss.
    »Rosie hätte nichts dagegen«, rechtfertigte sich Bill. »Sie macht sich eher Sorgen, weil ich allein bin.«
    »Sprich ihren Namen nicht aus«, sagte Dorsey. »Nicht wenn ich dabei bin.«
    »Das meint sie nicht so«, sagte Bill. »Sie ist nicht eifersüchtig.«
    »Wenn man den Namen eines Toten ausspricht«, erklärte Dorsey, »beschwört man chindi.«
    »Chindi ist der böse Geist, den die Toten zurücklassen«, sagte Bill. »Er könnte von einem Besitz ergreifen.«
    »Rosie ist nicht tot, Bill«, warf ich ein.
    »Aber so gut wie«, widersprach Dorsey. »Wenn sie in diesem Augenblick stirbt und man ihren Namen ausspricht, öffnet man chindi die Tür.«
    Ich ging zurück ins Wohnzimmer. Welchen bösen Geist außer dem ihrer schlechten Laune könnte Rosie schon zurücklassen? Aber das reichte vielleicht schon. Doch mir war jetzt nicht danach, Bill damit zu nerven.
    Als ich gehen wollte, hielt mich Bill am Ärmel fest. »Die waren hier und haben nach dir gesucht«, sagte er.
    »Wer?«
    »Zwei ziemlich gereizte Jungs. Ein

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