Karas Reich
einem lebensgefährlichen Problem. Welche Kraft sie auch immer aus ihrem Verbund gerissen haben mochte, sie war mir überlegen.
Das Erlebnis, zu sehen, wie sich plötzlich eine tödliche Gefahr vor mir aufbaute, ließ mich schaudern. Mein Herzschlag hatte sich beschleunigt, ich suchte nach einem Ausweg, dachte an die Luke mit der Treppe darunter, aber es schien, als hätten die Steine meine Gedanken lesen können, denn einige von ihnen bewegten sich in die entsprechende Richtung und blieben dort in der Luft stehen, Wächtern gleich, die auf der Lauer lagen.
Der Weg war mir versperrt.
Andere Steine warteten noch ab. Wie böse, kantige Killerfäuste standen sie vor und über mir, belauerten mich und schienen jede meiner Bewegungen kontrollieren zu wollen.
Aber wer kontrollierte mich tatsächlich? Wer besaß die Macht, die Steine in Bewegung zu setzen? Es konnte nur dieser Unbekannte aus dem Park sein, doch der hielt sich zurück.
Die fliegenden Steine nicht.
Sie griffen an!
Ich hatte ja schon fliegende Grabsteine und Särge erlebt, aber Steine noch nicht. Gewaltige Brocken, die mich mit einem Treffer zertrümmern konnten.
Wie sollte ich ihnen entfliehen?
Ich wollte mein Licht nicht unter den Scheffel stellen, doch ich ging davon aus, daß ich einfach nicht schneller war als sie. Wer diese Steine dirigierte, war mir immer voraus.
Ich drehte mich zur Seite und lief den Weg zurück. Nicht bis an die Luke heran, denn dort lauerten sie nach wie vor.
Der Boden zwang mich dazu, immer mal wieder in die Höhe zu springen.
Ich mußte diesen Hindernissen ausweichen, aber ich würde zu langsam sein, außerdem sind zu viele Füchse des Hasen Tod. In diesem Fall waren es Steine.
Trotz des unebenen Bodens, auf den ich mich konzentrieren mußte, riskierte ich einen Blick über die Schulter und erkannte, daß sie mir auf den Fersen waren.
Vier, fünf oder auch mehr dicke Steine jagten mich. Sie bewegten sich in unterschiedlicher Höhe, aber nie so hoch, als daß sie über mich hätten hinwegfliegen können.
Da steckte Methode dahinter.
Ich hatte Angst.
Sie trieb in mir hoch. Sie war wie Säure, die meinen Magen erreichte. Ich schmeckte sie auf der Zunge, schlug in meiner Verzweiflung Haken, um gleichzeitig zu wissen, daß es mir nichts einbrachte. In der von Schwarzer Magie beherrschten Umgebung hatte ich nicht den Hauch einer Chance, trotz meines Kreuzes.
Hinzu kam der Wind. Er erwischte mich von mehreren Seiten und kam mir vor, als wollte er mich schlagen. Immer wieder hieb er gegen mich, er brachte mich manchmal aus der Richtung, so daß ich Mühe hatte, nicht die Orientierung zu verlieren.
Der Dachrand rückte näher.
Ich lachte plötzlich auf, weil ich daran dachte, daß ich mich auch anders vom Leben in den Tod befördern konnte. Ich brauchte nur weiter in diese eine Richtung zu laufen und meinen Körper über den Rand hinweg zu katapultieren.
Der Flug, der Wind, die große Freiheit, all das würde sich innerhalb von Sekunden zusammenballen, um schließlich mit einem Aufprall zu enden, der alles auslöschte.
Dann würde es vorbeisein.
Ein für allemal!
Aber so mutig war ich nicht. Oder so selbstmörderisch. Es kam auf die Situation an. Während meine Schuhe auf dem Boden hämmerten oder über das Eisen hinwegschrammten, dachte ich daran, daß ich noch lebte. Und wer lebt, der hat noch immer eine Chance.
So jedenfalls dachte ich.
Noch einmal der Blick zurück!
Verdammt, die kantigen, hellen Blöcke hatten aufgeholt. Wenn dahinter ein Riese stehen würde, der gegen sie blies, hatten sie mich in einer Sekunde am Boden und zerschmettert.
Ich schlug den Haken deshalb, weil mir einfiel, daß es da noch den Aufzug gab, mit dem man mich hochgeschafft hatte. Die Idee blitzte auf und verlosch wieder wie ein kurzer Funken, denn in diesem Augenblick hörte ich das ratternde Geräusch des Aufzugs. Da er nicht mehr höher fahren konnte, blieb nur noch die Möglichkeit, nach unten zu gleiten.
Jetzt war ich richtig gefangen.
Die Blöcke kamen näher. Ich konnte ihren Geruch bereits wahrnehmen.
Scharf und staubig zugleich wehte er in meine Nase.
Noch einmal riskierte ich einen Blick.
Da erwischte es mich.
Nicht am Kopf, im Nacken oder an den Schultern, der verfluchte Brocken segelte mir von hinten gegen die Beine und brachte mich augenblicklich aus dem Tritt.
Ich bekam einen Schub nach vorn, den ich nicht mehr ausgleichen konnte. Zugleich geriet ich ins Stolpern und fiel so über meine eigenen Beine.
Der Boden
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