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Kardinalspoker

Kardinalspoker

Titel: Kardinalspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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Frage: Hatte er sich das Mittel selbst, oder wurde
es ihm ohne sein Wissen zugefügt, um es im Juristendeutsch zu sagen. Außerdem fand
der Gerichtsmediziner auf dem Gesicht des Toten Partikel, die von einer Plastiktüte
stammen könnten. Daraus lässt sich als Todesursache schließen, Kardinal sei zunächst
betäubt und anschließend erstickt worden. Danach haben der oder die Täter den Leichnam
im Gebüsch versteckt.«
    »Also Mord«, staunte Bückenfänger.
    »Sogar Raubmord«, bestätigte der
Oberbürgermeister. »Es fehlen alle persönlichen Gegenstände, Geldbörse ebenso wie
Papiere oder Schlüssel.«
    »Und wie ist er dahin gekommen,
nach Aachen?« Schlingenheim hakte nach. »Zu Fuß, per Bus und Bahn, mit dem Auto?«
    »Darüber gibt es noch keine Erkenntnisse«,
antwortete Müller, der sich wieder gefasst hatte. »Bislang weiß niemand, ob Kardinal
allein oder in Begleitung zu dem Fußballspiel wollte.«
    »Und ob er überhaupt wollte«, glaubte
Ringelzweig sagen zu müssen. »Vielleicht wurde er ja aus Ablenkungsgründen nach
Aachen verschleppt.«
    »Davon können
Sie eher nicht ausgehen, Herr Kollege«, meinte Schlingenheim besserwisserisch. »Der
war eingefleischter FC-Fan und wollte zu dem Spiel auf dem Tivoli. Der war nicht
wegen eines Ablenkungsmanövers dort.«
    Müller räusperte sich. »Bevor wir
uns jetzt in Spekulationen verheddern, bleiben wir bitte bei den Fakten, und die
besagen, dass Kardinal keines natürlichen Todes gestorben ist.«
    Der Oberbürgermeister sah streng
in die Runde. »Ich möchte Sie noch einmal eindringlich bitten, dieses Wissen zunächst
für sich zu behalten. Ich versichere Ihnen, ich werde Sie auf dem Laufenden halten.
Die Staatsanwaltschaft will die Öffentlichkeit, sprich die Medien, erst morgen oder
übermorgen informieren, wenn der Obduktionsbericht schriftlich vorliegt. Sie hofft,
bis dahin den Todesfall geklärt zu haben.« Müller legte eine Atempause ein. »Ich
verlasse mich auf Sie und auf Ihre Verschwiegenheit, meine Dame, meine Herren.«
     
    Schnell zerstreute sich die Gruppe im Rathaus. Jeder ging zu seinen
Fraktionsräumen. Noch auf dem Weg über die langen Flure tippte einer der Gesprächsteilnehmer
eine Nummer in sein Handy. »Laut Staatsanwaltschaft ist Kardinal ermordet worden«,
sagte er.
    Der Mann am
anderen Ende der Leitung hatte ihn in der Hand. Noch. Der Scheißkerl war als Journalist
auch nicht besser als Kardinal, aber zugleich auch ein ganz Lieber.

6.
     
    Der Tod von Kardinal war der AZ nur eine Randnotiz wert. »In der Tat
handelt es sich bei dem Toten vom Tivoli um den Kölner Kommunalpolitiker Gerd-Wolfgang
Kardinal«, schrieb Sümmerling mit Verweis auf seine in der letzten Ausgabe geäußerte
Vermutung. Nach seinem Artikel hatte die Staatsanwaltschaft noch keine Ergebnisse
des weiteren Ermittlungsverfahrens mitgeteilt. Nach wie vor gelte die Annahme, der
Kardinal sei eines natürlichen Todes gestorben.
    Na also, dachte sich Böhnke und
machte sich nach der Zeitungslektüre während des Frühstücks auf seinen Morgenspaziergang.
So war halt das Leben: Es endete immer tödlich. Er reckte sein Gesicht in die Sonnenstrahlen,
die wärmend durch die noch belaubten Buchen fielen. Wie so oft, ließ er sich bei
seinem Spaziergang treiben, diesmal in Richtung Dedenborn. Vom Nachbarort aus würde
er wahrscheinlich mit dem Linienbus nach Huppenbroich zurückkehren. Am Abend hätte
seine Einsamkeit ein Ende, dann würde seine Liebste zu seiner Freude die Wochenendbeziehung
beleben.
     
    Er steuerte sein Stammcafé in Dedenborn an, in
dem die Serviererin schon ungefragt den gedeckten Apfel mit Sahne und das Kännchen
koffeinfreien Kaffee vorbereitete, als sie ihn auf der Suche nach einem freien Einzeltisch
erblickte. Er hatte sich kaum ausgebreitet, da erklang auch schon, alle Geräusche
übertönend, der Radetzky-Marsch aus seiner Jackentasche. Schnell erhob er sich,
fingerte in der Garderobe in der Jacke und fand endlich das kleine Gerät, amüsiert
beobachtet von den anderen Café-Besuchern. Den Radetzky-Marsch hörten sie nicht
allzu oft als Handymelodie – und dann noch in dieser Lautstärke.
    Böhnke schimpfte mit sich. Warum
bloß hatte er das Ding nicht in seiner Jeans deponiert, dann wäre ihm diese ungewollte
Aufmerksamkeit erspart geblieben. Am liebsten hätte er völlig auf ein mobiles Telefon
verzichtet, aber er trug es auf Lieselottes Bitten immer bei sich. Es konnte ihm
schließlich etwas zustoßen, wenn er alleine unterwegs war. Es

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