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Kardinalspoker

Kardinalspoker

Titel: Kardinalspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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sie zu seiner aktiven Zeit als Chef der
Abteilung für Tötungsdelikte im Polizeipräsidium Aachen etliche Verbrechen gemeinsam
geklärt. Es gab eine Art Seelenverwandtschaft zwischen ihnen: Grundler war so, wie
sein Sohn wohl gewesen wäre, wenn er denn je einen Sohn gehabt hätte.
    »Ich will gar nichts von dir. Ich
wollte dir nur sagen, dass du heute oder morgen einen Anruf von Müller bekommen
wirst. Er braucht jemanden, der unauffällig für ihn ermitteln kann. Und da fielst
du mir spontan ein. Dann kommst du wenigstens mal aus Huppenbroich raus, alter Mann.«
    »Lass das!«, fauchte Böhnke. »Warum
hilfst du denn deinem Freund nicht?«
    »Weil es kein juristisches Problem
gibt, bei dem er anwaltlichen Rat bräuchte«, antwortete Grundler. »Du hast doch
von Ermittlungsarbeit mehr Ahnung als ich. Und da es keinen kriminellen Hintergrund
gibt, ist es auch keine Sache der Polizei.«
    »Es ist also rein privat?« Böhnke
traute dem Braten nicht. Warum engagierte Müller nicht einen Privatdetektiv, wenn
es sich um eine vermeintlich belanglose Privatangelegenheit handelte?
    »Das nicht gerade«, räumte Grundler
bedächtig ein. »Es ist vielleicht privat, vielleicht beruflich.«
    »Also politisch?«
    Grundler ging auf die Zwischenfrage
nicht ein. »Das kann dir Müller besser erklären als ich.« Ob Böhnke etwas dagegen
hätte, wenn er am Sonntag nach Huppenbroich käme. »Ich habe gehört, in der Alten
Post soll es einen tollen Sonntagsbrunch geben. Ich lade dich und deine bessere
Hälfte ein. Abgemacht?«
    Das sei kein Brunch, sondern ein
Büfett, wollte Böhnke mäkeln, aber dann hakte er diese Besserwisserei ab. »Von mir
aus«, sagte Böhnke ohne Begeisterung, obwohl er sich sehr freute. Aber das wollte
er seinem jüngeren Freund nicht zeigen. »Ich gehe gleich los, um drei Plätze zu
reservieren.«
     
    Böhnke sah für sich keine Veranlassung, in der Wohnung auf einen Anruf
von Müller zu warten. Immerhin wollte der etwas von ihm und nicht er etwas von Müller,
sagte er sich auf seinem Spaziergang durch den Ort. Er hatte Glück. Die junge Wirtin
in der einzigen Gaststätte von Huppenbroich hatte zwar nur noch einen Tisch für
zwei Personen frei. Sie würde einen dritten Stuhl beistellen, versicherte sie. Mit
dem Brunch hatte sie einen geschickten geschäftlichen Griff gemacht. Als Büffet
gehalten, war das Essen zu einer Art Geheimtipp geworden und inzwischen ebenso beliebt
wie die Kutschfahrten, die von der Gaststätte aus in einer großen Runde durch den
Ort und die harmonische, wellige Landschaft führten. Dadurch war es zu einem überschaubaren
Tourismus in Huppenbroich gekommen, der den dörflichen Charakter nicht beeinträchtigte.
Im Prinzip blieben die Huppenbroicher die Woche über unter sich, am Wochenende öffneten
sie sich den wanderfreudigen oder schaulustigen Touristen. Weniger begeistert waren
sie von den Zweitwohnungsinhabern, die sich nur gelegentlich blicken ließen und
mit den verschlossenen Fensterläden ihrer Häuser den Eindruck erweckten, Huppenbroich
sei ein verschlafenes Nest. Das Dorf hatte einige Attraktionen und einige Persönlichkeiten,
die weit über die Eifel hinaus bekannt waren. Aber damit machte Huppenbroich keine
Werbung. Der Ort setzte auf einen unübertrefflichen Trumpf: Ruhe in der idyllischen
Natur.
     
    Müller schien ein geduldiger Mensch zu sein. Er habe bestimmt ein Dutzend
Mal zum Telefon gegriffen, sagte er mit seiner tiefen Stimme, als er Böhnke endlich
erwischte. Dessen ausgedehnter Spaziergang war länger, als er ursprünglich beabsichtigt
hatte, ehe er in seine Wohnung zurückkehrte.
    Er sorgte immer wieder für Heiterkeit,
wenn er anderen erzählte, dass er in einem ›Hühnerstall‹ lebte. Die meisten glaubten
ihm nicht. Aber so war es. Vor einigen Jahrzehnten hatten die Mauern für einige
Zeit einen Hühnerstall beherbergt, bevor er im Schlepptau der umtriebigen Lieselotte
das heruntergekommene, ungenutzte Gebäude umgestaltet hatte.
    »Tobias Grundler hat Sie informiert?«,
wollte Müller wissen.
    »Ja und nein«, antwortete Böhnke,
der den fordernden Ton seines Gesprächspartners unangebracht fand. »Er hat mir lediglich
gesagt, dass Sie mit mir sprechen wollen. Er hat mir aber nicht gesagt, worum es
geht.«
    »Das ist auch kein Thema fürs Telefon«,
entgegnete Müller. »Da ist es besser, wenn wir uns treffen. Können Sie nach Köln
kommen?«
    Das ging Böhnke
eindeutig zu schnell. Wer war er denn, dass er auf Kommando an den Rhein reiste?
Und wer war

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