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Kardinalspoker

Kardinalspoker

Titel: Kardinalspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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Sache. Sie haben bestimmt mitbekommen,
dass der Kölner Ratsherr Gerd-Wolfgang Kardinal auf dem Tivoli in Aachen gestorben
ist. Vermutlich hat jemand nachgeholfen, wenn ich den Berichten in den Zeitungen
glauben darf.«
    »Das ist ja wohl eine Sache der
Kripo und der Staatsanwaltschaft«, fiel ihm Böhnke ins Wort.
    »Richtig. Aber darum geht es mir
gar nicht. Mir geht es um etwas anderes. Ich möchte festgestellt wissen, dass dieser
Tod nichts mit der kommunalpolitischen Tätigkeit von Kardinal zu tun hat.«
    »Und wenn doch?«
    »Das darf einfach nicht sein.« Müller
schüttelte seinen Kopf. »Und wenn es sich doch herausstellt, wäre es gut, wenn ich
es weiß, bevor es in alle Welt hinausposaunt wird.«
    Böhnke verstand das Anliegen, das
Müller verfolgte, nicht. »Wo ist denn der Unterschied? Das kann doch die Staatsanwaltschaft
besser herausbekommen als ich.«
    »Es gibt Dinge, die wird die Staatsanwaltschaft
nie erfahren, Herr Böhnke«, antwortete Müller. Er war ernst geworden. »Der Kardinal
war alles, aber eben kein Heiliger, hat sich trotzdem frevelhafterweise einen Heiligenschein
aufgesetzt. Und diesen Heiligenschein sollen Sie zerstören.«
    »Warum ich?«
    »Weil mein Freund Tobias Grundler
meint, Sie seien der einzige Mensch, der loyal eine Aufgabe erfüllt, wenn er sie
angenommen hat. Und auf meinen Freund Grundler kann ich mich verlassen.«
    »Wie damals bei Ihrer Hausarbeit.«
    Müller zuckte kurz. »Hat er Ihnen
das gesagt?«
    »Ja. Wir haben keine Geheimnisse.
Und wenn Sie Geheimnisse haben, die ich verbergen soll oder die ich nicht erfahren
soll, dann können wir unser Gespräch sofort beenden. So viel zur Loyalität.« Müller
sollte wissen, woran er war, wenn er sich mit ihm einließ.
    Lange Zeit lief Müller nachdenklich
neben Böhnke her. Er räusperte sich schließlich. »Ich mache Ihnen einen Vorschlag.
Ich lasse Ihnen alles zukommen, was es im Rathaus über Kardinal gibt. Danach können
Sie mir ja Bescheid geben, ob Sie für mich tätig werden. Einverstanden?«
    Böhnke wunderte sich über nichts
mehr. Das war bereits der Zweite, der ihm Informationen über Kardinal fast schon
aufnötigte. Der musste wirklich ein komischer Heiliger gewesen sein. Er spürte,
wie er langsam Gefallen daran fand, in dieser Geschichte mitzumischen; wenn auch
nur am Rande und wenn auch nur unverbindlich und rein interessehalber. Irgendetwas
musste er ja in seiner Abgeschiedenheit tun und es brauchte ihn ja nicht immer persönlich
zu betreffen.
    Als Müller sich endlich verabschiedete,
wurde es schon allmählich kühler. »Ist das schön hier«, schwärmte der Oberbürgermeister
zum wiederholten Male. »Und diese Ruhe. Ich komme garantiert bald wieder nach Huppenbroich.
Das verspreche ich Ihnen, Herr Böhnke.«
     
    Was sollte er von dem Alten halten? Müller konnte Böhnke nicht einschätzen.
War der so gutmütig, wie er vom Äußeren her wirkte? War der so grimmig, wie er manchmal
sprach? War der wirklich so gut und loyal, wie ihm Grundler vorgeschwärmt hatte?
Außerdem zweifelte er, ob er sich richtig verhalten hatte. Wie würde Böhnke reagieren,
wenn er herausfand, dass er mit Kardinal mehr zu tun hatte, als es den Anschein
hatte? Hätte er Böhnke auf die verräterische Rechnung aus dem Bordell hinweisen
müssen? Er machte sich seine Gedanken, als er während der Heimfahrt das Telefon
aktivierte.

10.
     
    Dieser Anruf aus Aachen kam für Böhnke keineswegs unerwartet. Müller
hatte während der Rückfahrt zum Rhein mit Grundler telefoniert und ihn informiert,
wie der Anwalt Böhnke sofort berichtete.
    »Was hältst du von dem Mann?«, fragte
er.
    »Weder Fleisch noch Fisch«, antwortete
der pensionierte Kommissar. »Der glaubt wohl, ich könne ihm das Fell waschen, ohne
ihn nass zu machen.«
    Grundler schmunzelte. »Das ist eine
typische Eigenschaft von Politikern. Die rücken nicht immer sofort mit dem raus,
was sie eigentlich wollen, und sie geben dir immer nur die Informationen, die gerade
nötig sind, aber nicht mehr. Die wollen sich bei jeder ihrer Entscheidungen ein
Hintertürchen offen halten. Das erlebst du doch in der Bundespolitik ständig. Warum
sollte es in Köln oder Aachen anders sein?«
    »Super«, knurrte Böhnke. »Und um
mir diese Binsenwahrheit in ihrer Pauschalität mitzuteilen, störst du meine Abendruhe.«
    »Nein. Ich wollte dir nur sagen,
dass Müller von dir enttäuscht ist. Er hatte sich einen dynamischen Frührentner
vorgestellt und nicht einen lustlosen Pensionär, der immer

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