Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
Unbewohntheit entsteht.“
„Keine Gäste?“
Vesna mischt sich ein. „Wenn die Touristen sehen, wie die Lage ist, dann gehen sie wieder. Ich bin gratis da und ich bin gern da, aber Geschäftsmacher von Preisausschreiben gehört verklagt.“
Bata nickt. „Die Prospekte haben wir weggeworfen, wir geben sie nicht mehr her. Was haben wir davon, wenn Leute kommen und wütend umdrehen, weil man nicht auf Meer sieht, sondern nur den Dreck der Hotelhinterseite? Eine Zeit lang haben sie extra ihren Müll an die Grundstücksgrenze gestellt und zwei Tage stinken lassen. Müll nach zwei Tagen karibischer Sonne, das haltet niemand aus.“
„Wer soll den Brand gelegt haben?“
„Na die“, erwidert Bata ungeduldig und deutet auf das Pleasures.
Ich habe keine Ahnung, warum sie das tun sollten.
Die Ökos versprechen, Rache zu nehmen. Auch das noch.
Meine Haare stinken nach Rauch, es ist mir egal, ich kann nicht mehr. Ich schlafe ein, während das Hotel erwacht. Als ich benommen wach werde, geht die Sonne auf. Ich hab den Brandanschlag nur geträumt, denke ich verwirrt, aber der Rauch – ich kann Rauch riechen. Und dann registriere ich, dass die Sonne dabei ist, unterzugehen. Schlagartig hebt das Nachtkonzert an, geleitet von den bliependen Baumfröschen. Ich dusche mindestens eine halbe Stunde, so als könnte man die gestrige Nacht dadurch doch noch als bösen Traum abtun. Hunger. Frühstück werde ich jetzt wohl keines mehr bekommen, doch Michels Kreationen scheinen mir nach dem Aufwachen nicht das Richtige zu sein. Inzwischen ist es finster geworden, aber die Uhr zeigt erst kurz nach sieben. Tag und Nacht sind in den Tropen beinahe gleich lang, die Übergänge sind kurz, dafür dramatisch und voller Farben.
Auf der Hotelterrasse wird gerade für das Abendessen gedeckt. Interessiert lese ich die beim Eingang präsentierte Speisekarte: Internationale Küche mit lokalen Anklängen. Wie hat Hoffmann gesagt: Karibisches Flair, aber nicht zu viel davon, das mögen die wohlhabenden Amerikaner und Deutschen nicht. Weder Steak in Pfeffersauce noch das Hühnerbrustfilet auf Salat können mich reizen. Abgesehen davon ist beides enorm teuer. Die Spaghetti mit Meeresfrüchten sind mir schon eher sympathisch, aber als Frühstück?
Ein Kellner kommt beinahe lautlos und fragt höflich, ob er mir helfen kann.
„Ich habe das Frühstück verschlafen“, murmle ich verlegen.
Er lächelt, als gäbe es nichts Normaleres auf der Welt. „Frühstück gibt es bei uns rund um die Uhr. Wir sind ein Fünfsternehotel.“
Nach seinem Aussehen könnte er aus St. Jacobs stammen. Er ist stolz auf das Hotel und seinen Job. Gut möglich, dass Bata, Michel und die Ökos mit ihrer Kritik ziemlich allein dastehen.
Ich bekomme auf der überdachten Terrasse einen Tisch mit Meerblick zugewiesen und ein königliches Frühstück serviert: Eier und knusprigen Speck und Baked Beans und frische Früchte und Marmelade. Ich esse, als wäre ich wochenlang schiffbrüchig auf dem Meer getrieben. Selbst der Kaffee schmeckt gut, vielleicht die größte Sensation.
Inzwischen haben sich die ersten Gäste zum Abendessen eingefunden: Fast alle Männer tragen ein Sakko, viel zu warm dafür, denke ich. Nur der Dicke im Eck hat sich in ein Hawaii-Hemd gezwängt, sein Kopf ist rot, er wirkt, als wäre er knapp vor der Explosion. Installateur aus dem Mittelwesten mit zu viel Geld, tippe ich. Seine Begleiterin ist beinahe ebenso üppig und trägt ein wallendes pinkfarbiges Zelt. Die Aufmachung der restlichen Damen variiert zwischen bemüht karibisch – schreiend bunte Farben und für die Anzahl der Falten viel zu viel nackte Haut – und dezenter Eleganz. Sehr viel Anschluss werde ich hier nicht finden. Brauche ich auch nicht.
Gerade als ich mit einem zufriedenen Seufzer die Serviette weglege, steuert Angela la Croix auf mich zu. Heute trägt sie einen marinefarbenen Hosenanzug, sie sieht zugleich hinreißend und kompetent aus. Die Blicke der männlichen Gäste folgen ihr. Gleich wird der alternde Installateur zu sabbern beginnen. Aber träumen wird man ja noch dürfen, denke ich mir, ein ausgiebiges Frühstück macht mich tolerant und großzügig. Nicht alle Begleiterinnen scheinen meiner Meinung zu sein. La Croix ist sich ihrer Wirkung bewusst. Sie nickt mir beinahe hoheitsvoll zu und fragt, ob sie für einen Moment Platz nehmen dürfe.
Ich deute auf den Sessel vis-a-vis.
„Sie hatten heute in der Nacht … Unannehmlichkeiten?“
Ich sehe ihr ins Gesicht. „Ich
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