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Karibische Affaire

Karibische Affaire

Titel: Karibische Affaire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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entschuldigendem Tonfall: »Leider muss ich Sie enttäuschen, Miss Marple.«
    »Wirklich? Ist es wegen meines – «
    »Jawohl. Wir haben das Ihnen so teure Foto nicht gefunden. Nun sind Sie wohl enttäuscht.«
    »Ja, das stimmt. Aber so wichtig ist es natürlich wieder nicht. Manchmal ist man eben sentimental. Es war also nicht in Major Palgraves Brieftasche?«
    »Nein. Auch nicht bei seinen anderen Sachen. Es gab da ein paar Briefe, Zeitungsausschnitte und dergleichen, auch einige alte Fotos, aber eine Aufnahme, wie Sie sie beschrieben haben, war nicht dabei.«
    »Du meine Güte«, sagte Miss Marple. »Nun, da kann man nichts machen… Jedenfalls, besten Dank für Ihre Mühe, Dr. Graham!«
    »Ach, das ist doch nicht der Rede wert! Ich weiß ja aus eigener Erfahrung, wie sehr man an solch altem Familienkram hängen kann, besonders wenn man in die Jahre kommt.«
    Eigentlich nimmt es die alte Dame recht gut auf, dachte er. Wahrscheinlich hat Major Palgrave das Foto in seiner Brieftasche gefunden, nichts damit anzufangen gewusst und es zerrissen. Für die alte Dame war das natürlich ein Verlust, aber sie schien ihn mit Fassung zu tragen.
    In Wirklichkeit war Miss Marple weit davon entfernt, es mit Fassung zu tragen. Es dauerte eine Weile, bis sie sich alles zurechtgelegt hatte, aber sie war fest entschlossen, jede noch verbliebene Möglichkeit zu nutzen. Ohne Umschweife begann sie Dr. Graham in eine lebhafte Konversation zu verstricken. Und er, der diesen Redestrom der natürlichen Einsamkeit einer alten Dame zuschrieb, war bemüht, ihre Gedanken von dem Verlust des Fotos abzulenken, indem er gewandt über das Leben in St. Honoré plauderte und verschiedene interessante Örtlichkeiten aufzählte, die Miss Marple vielleicht gerne besuchen würde. So wusste er selbst kaum, auf welche Weise sie plötzlich wieder auf Major Palgraves Tod zurückgekommen waren.
    »Ist es nicht traurig«, sagte Miss Marple, »zu erleben, dass ein Mensch so fern von der Heimat stirbt! Obwohl, nach dem zu schließen, was er mir erzählt hat, besaß er ja keine Familie im eigentlichen Sinn. Er scheint auch in London allein gelebt zu haben.«
    »Ich glaube, er ist ziemlich viel gereist«, sagte Dr. Graham. »Besonders im Winter. Er hatte etwas gegen den englischen Winter, und da kann ich ihm gar nicht so unrecht geben.«
    »Nein, ganz gewiss nicht!« sagte Miss Marple. »Und vielleicht hatte er auch einen triftigen Grund, eine schwache Lunge oder so etwas.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Wie ich hörte, litt er an hohem Blutdruck. Traurig, das kommt heutzutage so häufig vor.«
    »Hat er das Ihnen gegenüber erwähnt?«
    »O nein, er hat es nie erwähnt. Das hat mir jemand anderer gesagt.«
    »Aha!«
    »Unter diesen Umständen«, fuhr Miss Marple fort, »war sein Tod wohl zu erwarten.«
    »Nicht unbedingt«, sagte Dr. Graham. »Man hat heute Methoden, den Blutdruck unter Kontrolle zu halten.«
    »Sein Tod kam sehr überraschend – aber ich nehme an, nicht für Sie.«
    »Nun, besonders überrascht hat es mich bei einem Mann dieses Alters nicht. Aber ich kann auch nicht sagen, dass ich seinen Tod erwartet habe. Mir schien er noch recht gut erhalten zu sein, ich habe ihn aber nie behandelt, nie seinen Blutdruck gemessen oder eine Diagnose gestellt.«
    »Kann man – ich meine, kann ein Arzt mit einem Blick den zu hohen Blutdruck eines Patienten erkennen?«, fragte Miss Marple mit taufrischer Unschuld.
    »Nicht mit einem Blick«, sagte der Arzt lächelnd. »Da muss man schon ein wenig untersuchen.«
    »Ach, ich weiß schon, mit diesem schrecklichen Ding, bei dem man einen Gummischlauch um den Arm bekommt, der aufgepumpt wird – ich mag das gar nicht! Aber mein Arzt sagte, dass mein Blutdruck wirklich ganz normal sei.«
    »Das hört man gern«, sagte Dr. Graham.
    »Natürlich, eine große Vorliebe für Plantagen-Punsch hatte der Major schon«, sagte Miss Marple nachdenklich.
    »Ja. Nicht sehr angebracht bei hohem Blutdruck.«
    »Ich habe gehört, man nimmt Pillen dagegen, nicht wahr?«
    »Jawohl, es sind mehrere Präparate auf dem Markt. In seinem Zimmer stand ein Fläschchen davon – Serenit.«
    »Die Wissenschaft ist heute wirklich schon sehr weit«, sagte Miss Marple. »Die Ärzte können so viel tun, nicht?«
    »Wir haben alle einen großen Konkurrenten«, sagte Dr. Graham, »das ist die Natur selbst, wissen Sie. Und einige von den guten alten Hausmitteln kommen von Zeit zu Zeit wieder.«
    »Meinen Sie auch das Auflegen von Spinnweben auf eine

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