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Karibische Affaire

Karibische Affaire

Titel: Karibische Affaire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Verschreibungen. Man muss lernen, auch so mit dem Leben fertigzuwerden. Gut, einem Säugling steckt man einen Schnuller in den Mund, da schreit er nicht mehr. Aber das kann man doch nicht ein Leben lang so weiterpraktizieren!« Er lachte ein wenig. »Fragen Sie einmal Miss Marple, was die tut, wenn sie nicht einschlafen kann. Ich wette, sie zählt Schafe, die durchs Gatter gehen.« Er wandte sich wieder der Patientin zu, die sich zu regen begann. Ihre Augen waren jetzt offen, aber der Blick war leer. Offenbar erkannte sie niemanden. Dr. Graham nahm ihre Hand.
    »Na, na, meine Liebe, was haben wir denn da angestellt?«
    Sie blinzelte, antwortete aber nicht.
    »Warum hast du das getan, Molly? So sag mir doch, warum?«
    Tim ergriff ihre andere Hand.
    Mollys Augen bewegten sich noch immer nicht. Falls sie überhaupt jemanden ansahen, dann Evelyn Hillingdon. Vielleicht lag sogar etwas wie eine Frage in ihrem Blick, aber das war schwer zu sagen. Evelyn reagierte jedenfalls darauf.
    »Tim hat mich hergeholt«, sagte sie.
    Mollys Blick wanderte zu Tim, dann zu Dr. Graham. »Es ist schon wieder alles gut«, sagte Dr. Graham. »Aber dass Sie mir das nicht wieder tun!«
    »Sie hat es ja gar nicht tun wollen«, sagte Tim leise. »Ich bin überzeugt, dass es ihr nur passiert ist. Sicher wollte sie eine ruhige Nacht haben. Vielleicht haben die Tabletten nicht gleich gewirkt, und da hat sie mehr davon genommen. War es so, Molly?«
    Verneinend bewegte sie den Kopf.
    »Du – hast sie absichtlich genommen?«
    Sie fand die Sprache wieder. »Ja«, sagte sie.
    »Aber warum, Molly – warum denn?«
    Ihre Lider zuckten. »Angst«, sagte sie tonlos.
    »Angst? Wovor?«
    Aber sie hatte die Augen schon geschlossen.
    »Lassen Sie sie jetzt«, sagte Dr. Graham. Aber Tim sagte heftig:
    »Angst – wovor hast du Angst? Vor der Polizei? Weil man dich verhört hat? Ein Wunder wäre es ja nicht – aber so machen sie es! Dabei glaubt niemand im entferntesten – « Er brach ab.
    Dr. Graham winkte ihm energisch.
    »Lasst mich schlafen«, sagte Molly.
    »Ja, das wird Ihnen guttun«, stimmte Dr. Graham bei. Er ging zur Tür, die anderen folgten ihm.
    »Sie wird jetzt sicher schlafen«, sagte er.
    »Soll ich noch irgendetwas tun?«, fragte Tim fürsorglich.
    »Ich bleibe, wenn Sie wollen«, sagte Evelyn freundlich.
    »Ach nein, lassen Sie nur, es geht schon«, sagte Tim.
    Evelyn trat wieder ans Bett. »Soll ich bei Ihnen bleiben, Molly?«
    Molly öffnete die Augen: »Nein«, sagte sie, und nach einer Pause: »Nur Tim.«
    Tim kam zurück und setzte sich an ihr Bett.
    »Ich bin schon da, Molly«, sagte er und nahm ihre Hand. »Schlaf jetzt. Ich gehe nicht fort.«
    Mit einem schweren Seufzer schloss sie die Augen.
    Draußen blieb der Doktor stehen. Die Hillingdons wandten sich an ihn.
    »Kann ich bestimmt nichts mehr tun?«, fragte Evelyn.
    »Ich danke Ihnen, aber ich glaube nicht, Mrs Hillingdon. Sie soll jetzt lieber mit ihrem Mann allein sein. Aber morgen vielleicht – er muss sich ja um das Hotel kümmern – morgen sollte schon jemand bei ihr bleiben!«
    »Glauben Sie, dass sie es – nochmals versucht?«, fragte Hillingdon.
    Dr. Graham rieb sich die Stirn.
    »Das kann man nie wissen. Wahrscheinlich ist es nicht. Sie haben ja selbst gesehen, wie unangenehm diese Wiederbelebungsprozedur ist! Aber sicher kann man natürlich nie sein. Vielleicht hat sie irgendwo noch mehr von dem Zeug.«
    »Ich hätte Molly ja nie einen Selbstmord zugetraut«, sagte Hillingdon.
    »Aber Molly hat doch immer so zufrieden ausgesehen! Vielleicht« – Evelyn zögerte – »ist es doch besser, ich sage es Ihnen, Dr. Graham!«
    Und nun schilderte sie ihm die Unterhaltung, die sie in der Mordnacht mit Molly am Strand unten geführt hatte. Als sie zu Ende war, schien Dr. Graham sehr ernst.
    »Ich bin froh, dass Sie mir das erzählt haben, Mrs Hillingdon! Das lässt ziemlich eindeutig auf eine tiefsitzende Störung schließen. Nun gut, ich werde morgen Früh mit ihrem Mann sprechen.«
     
    »Ich muss ein ernstes Wort mit Ihnen reden, Kendal. Es ist wegen Ihrer Frau.«
    Sie saßen in Tims Büro – Tim und Dr. Graham. Evelyn Hillingdon hatte Tim an Mollys Bett abgelöst, und auch Lucky hatte versprochen, »eine Schicht zu übernehmen«, wie sie es nannte. Ebenso hatte Miss Marple ihre Dienste angeboten, denn den armen Tim riss es zwischen seinen Hotelpflichten und seiner kranken Frau hin und her.
    »Ich verstehe das Ganze nicht mehr«, sagte Tim. »Wirklich nicht! Molly ist total

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