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Karibische Affaire

Karibische Affaire

Titel: Karibische Affaire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nach – die Lichter gingen aus – es wurde finster und still – das Golden Palm lag im Schlaf… »Evelyn, Evelyn!« Es war ein scharfes, drängendes Flüstern.
    Evelyn Hillingdon regte sich, drehte sich herum.
    »Evelyn! Bitte wachen Sie auf!«
    Evelyn Hillingdon setzte sich plötzlich auf. Tim Kendal stand in der Tür. Überrascht starrte sie ihn an.
    »Evelyn, ich bitte Sie, könnten Sie kommen? Es ist wegen Molly. Ich weiß nicht, was mit ihr los ist, sie muss etwas genommen haben!«
    Evelyn war von raschem Entschluss: »In Ordnung, Tim, ich komme. Gehen Sie inzwischen zu ihr, ich bin gleich bei Ihnen.«
    Tim Kendal verschwand. Evelyn glitt aus dem Bett, nahm einen Morgenrock um und sah zum anderen Bett hinüber. Ihr Mann schlief, den Kopf abgewendet, und atmete ruhig. Einen Moment lang zögerte sie, beschloss aber dann, ihn nicht zu stören. Rasch begab sie sich durch das Hauptgebäude zum Bungalow der Kendals. Noch in der Tür holte sie Tim ein.
    Molly lag mit geschlossenen Augen da, ihr Atem ging unregelmäßig. Evelyn beugte sich über sie, schob eines ihrer Lider zurück, fühlte ihren Puls und sah dann auf den Nachttisch, auf dem ein benütztes Glas stand. Daneben lag ein Tablettenröhrchen. Sie griff danach.
    »Das waren ihre Schlaftabletten«, sagte Tim, »aber die Packung war gestern oder vorgestern noch halb voll! Sie – muss alle auf einmal genommen haben.«
    »Holen Sie sofort Dr. Graham«, sagte Evelyn, »und auf dem Weg zu ihm wecken Sie jemanden, damit er starken Kaffee kocht, so stark als möglich. So machen Sie schon!« Tim stürzte davon. An der Tür stieß er mit Edward Hillingdon zusammen.
    »Oh, Verzeihung, Edward!«
    »Was ist denn hier los?«, fragte Hillingdon. »Ist etwas passiert?«
    »Ja, mit Molly. Evelyn ist bei ihr. Ich renne um den Arzt – wahrscheinlich hätte ich ihn gleich holen sollen, aber ich war nicht sicher, ich dachte, Evelyn würde es besser wissen. Molly wird immer gleich so böse, wenn man unnötig den Doktor holt.«
    Er stürzte davon. Edward Hillingdon blickte ihm einen Moment lang nach, dann trat er ins Schlafzimmer.
    »Was ist denn los?«, sagte er. »Ist es ernst?«
    »Ach, da bist du ja, Edward! So bist du also doch aufgewacht. Das dumme Kind da hat etwas genommen.«
    »Ist es arg?«
    »Ich weiß nicht, wie viel sie genommen hat, aber ich glaube nicht, wir waren ja rechtzeitig zur Stelle. Ich habe um Kaffee geschickt. Wenn wir sie zum Trinken bringen können – «
    »Aber was ist ihr da nur eingefallen? Glaubst du nicht – « Er hielt inne.
    »Ob ich was glaube?«, fragte Evelyn.
    »Dass es wegen der Untersuchung ist, wegen der Polizei und dem ganzen Wirbel?«
    »Das ist natürlich möglich. Solche Sachen können jemanden mit schwachen Nerven schon durcheinanderbringen.«
    »Molly hat aber nie besonders nervös gewirkt.«
    »Das kann man nicht ohne Weiteres sagen«, meinte Evelyn.
    »Manchmal verlieren Leute ihre Nerven, von denen man es nie geglaubt hätte!«
    »Ja, ich erinnere mich…« Wieder unterbrach er sich.
    »In Wahrheit«, sagte Evelyn, »kennt niemand den anderen ganz. Nicht einmal den Nächststehenden…«
    »Ist das nicht etwas zu viel gesagt, Evelyn? Übertreibst du da nicht?«
    »Ich glaube nicht. Man sieht in den Leuten ja doch nur das Bild, das man sich von ihnen gemacht hat.«
    »Ich kenne dich«, sagte Edward Hillingdon ruhig.
    »Das glaubst du bloß.«
    »Nein, ich bin sicher. Und du bist meiner sicher.«
    Evelyn sah ihn an, dann wandte sie sich wieder Molly zu. packte sie an den Schultern und rüttelte sie.
    »Wir müssen etwas tun, aber wir müssen wohl auf Dr. Graham warten – aha, ich höre sie schon!«
     
    »Jetzt ist sie über den Berg.« Dr. Graham trat zurück, wischte sich den Schweiß von der Stirn und seufzte erleichtert.
    »Wird sie wieder gesund werden, Sir?«, fragte Tim besorgt.
    »Ja, ja. Wir sind gerade noch zurechtgekommen – die Dosis ist wohl auch zu klein gewesen. Noch zwei üble Tage – und sie ist wieder frisch und munter.« Er nahm die leere Glasröhre auf. »Wer hat ihr dieses Zeug gegeben?«
    »Ein Arzt in New York. Gegen ihre Schlaflosigkeit.«
    »Na ja, ich weiß schon. Wir Mediziner sind heutzutage so rasch mit Verschreibungen zur Hand. Keiner mehr gibt den jungen Frauen den Rat, lieber Schafe zu zählen oder aufzustehen und eine Kleinigkeit zu essen oder ein paar Briefe zu schreiben und sich dann wieder hinzulegen. Alles muss heute sofort wirken! Wir tun den Leuten nichts Gutes mit unseren

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