Karl der Dicke beißt sich durch
mir hat. Mehr kann man doch wirklich nicht für seinen Magen tun!“
Egon fuhr Karl freundschaftlich mit der Hand über den Hinterkopf.
„Vielleicht solltest du ihn kürzer halten“, sagte er. „Du verwöhnst ihn zu sehr, und das macht ihn übermütig. Strafe ihn, indem du ihm vierzehn Tage lang nur Zwieback und Fencheltee gibst, wie’s die kleinen pausbäckigen Babys auch kriegen. Du sollst dich wundern, wie artig ihn das macht!“
„Ich bin ja schon dabei, ihn kirre zu machen“, stöhnte Karl. „Hier, das ist schon der neunzehnte Zwieback, den ich in ihn reinstopfe! Aber meinst du, der Bursche reagiert? Nee, der läßt es einfach darauf ankommen, wer von uns beiden die größere Ausdauer hat. Und das ist ‘ne ganz große Gemeinheit, denn er weiß natürlich genau, daß ich mitbetroffen bin, daß ich nicht danebenstehe und zugucke, wenn’s ihm schlecht geht. Man hat ja schließlich ein Herz für seine Organe, nicht? Aber sag mal, hast du denn gar keine Beschwerden? Du hast doch mindestens ebenso viele von den widerlichen Pflaumen gegessen wie ich.“
„Mir geht es gut!“ rief Egon. „Ich bin putzmunter, und heute nachmittag werde ich die Nachbarschaft sogar mit einigen Jubelliedern erfreuen.“
„Wieso?“ fragte Guddel. „Kommt deine kinderfreundliche Oma zu Besuch, die mit dem Austauschgebiß?“
„Ach was!“ rief Egon. „Die ist doch zur Zeit in Mallorca und lernt Wellenreiten. Nein, der Grund meiner zu erwartenden Ausgelassenheit ist in nichts anderem als einem Hund zu sehen, der heute in mein Leben tritt.“
„Schon schlecht!“ sagte Karl müde. „Hunde, die treten, taugen nichts, die sind so giftig wie unreife Äpfel!“
„Der Hund, der mir ins Haus steht, ist lammfromm!“ widersprach Egon. „Der frißt dir aus der Hand wie ein dressiertes Karnickel.“
„Das ist ja noch schlimmer“, sagte Karl. „Nichts ist abstoßender als so eine zahme Bestie, die mit jedem Esel mitläuft! Geradezu ekelhaft ist das!“
„Sei unbesorgt“, sagte Egon, „mit dir wird sie bestimmt nicht mitlaufen.“
„Was für ein Hund ist es denn?“ fragte Guddel. „Ein Schäferhund?“
„Nicht doch!“ rief Karl. „Der paßt doch nicht zu so einem unterernährten Lulatsch wie Egon. Ich möchte wetten, daß er sich einen Windhund bestellt hat. Das ist das einzige Vieh, das ihm zu Gesichte steht. Wenn er mit dem durch die Straßen latscht, drehen sich die Leute um und rufen: ,Oh, guck doch mal, was für süße Zwillinge!’“
Egon zog Karl einen Zwieback aus der Tasche und biß hinein.
„Sei still, Karlchen“, sagte er nachsichtig. „Ich weiß, daß der Neid dich zerfrißt, sobald mein athletischer Körper in deinen Gesichtskreis fällt.“
„Also was für ein Hund ist es?“ fragte Guddel ungeduldig. „Du kannst einen ganz schön auf die Folter spannen.“
„Karl läßt mich ja nicht zu Worte kommen!“ verteidigte sich Egon.
„Nun rück schon raus mit der Sprache“, brummte Karl. „Was Vernünftiges wirst du dir schon nicht angeschafft haben. Sicherlich so ‘ne verunglückte Mischung zwischen Bernhardiner und Zwergpinscher.“
„Irrtum!“ sagte Egon. „Ich kriege ein ganz edles Tier, mit einem Stammbaum, der bis zu Heinrich dem Ersten zurückreicht, einen Drahthaarterrier, zu dem Möpse wie du eigentlich ,Sie’ sagen müßten.“
„Ach, du dicke Backe!“ prustete Karl los. „Das ist doch wohl nicht dein Ernst, was?“
„Aber ja doch!“ rief Egon. „Mein Onkel hat den Kaufpreis schon hinterlegt, 500 Mark. Um vierzehn Uhr wird Caesar gebracht.“
„Ich werd’ verrückt!“ schrie Karl. „Mensch, Egon, du hast ja keine Ahnung, was da auf dich zukommt!“
„Und ob ich die habe!“ sagte Egon. „Ein intelligenter reinrassiger Hund, mit dem ich mich in der besten Gesellschaft sehen lassen kann!“
„Nicht in der schlechtesten!“ widersprach Karl. „Terrier sind so ziemlich das Letzte an Hunden, was es gibt. Junge, Junge, daß diese abgefeimten Züchter immer wieder Dumme finden, die ihnen den Murks abkaufen!“
„Was hast du gegen Terrier?“ fragte Guddel. „Das sind doch reizende Kerle!“
„Oh, ja“, sagte Karl, „furchtbar reizend sind die, süß zum Anbeißen, aber dabei so eigenwillig und ungehorsam, daß man sie an manchen Tagen dreimal erschießen möchte.“
„Woher willst du denn das wissen?“ fragte Egon. „Du hast doch noch nie einen Terrier gehabt!“
„Ich nicht, aber mein Brieffreund in Amerika hat einen, und der schreibt die tollsten
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