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Karl der Dicke beißt sich durch

Karl der Dicke beißt sich durch

Titel: Karl der Dicke beißt sich durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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Sonnenuntergang zu kommen, damit sich nicht ortsfremde Reporter für euch abplagen müssen!“
    Auf der Fähre zückte Karl seinen Bleistiftstummel und kritzelte etwas in seine Englischkladde.
    „Was schreibste denn?“ fragte Guddel.
    „Unsern ersten Bericht“, antwortete Karl. „Ich denke, wir überschreiben ihn lebensgefährlicher Einsatz dreier Jungen auf Obstplantage’.“
    „Hm“, wandte Egon grienend ein, „ist das nicht ein wenig zu hoch gegriffen? Unter einer Plantage stelle ich mir eigentlich mehr als vier Bäume vor. Und von Lebensgefahr kann doch auch nicht die Rede sein.“
    Karl spuckte an Egon vorbei ins Wasser und sagte: „Du hast wohl noch nie Zeitung gelesen, was? Soll ich etwa schreiben ,Drei Knaben halfen bei Obsternte’ oder so? Das liest doch keiner! Nee, nee, mein Lieber, die Sache muß richtig aufgemacht sein. Daran erkennst du nämlich das Geschick eines Reporters.“
    „Was du nicht sagst!“ rief Egon. „Und ich dachte, unsere Zeitung soll anders sein als die andern? Ehrlicher und genauer?“
    „Soll sie auch!“ rief Karl. „Aber ein bißchen übertreiben muß man, das ist noch lange keine falsche Berichterstattung.“
    „Womit wir denn genau da sind, wo sich die andern Zeitungen schon seit eh und je befinden“, sagte Egon. „Karlchen, Karlchen, kehre um, du wandelst auf falschen Pfaden!“ Karl tippte sich an den Kopf und sah Egon böse an.
    „Na, da bin ich aber mal gespannt“, sagte er, „mit welcher Schlagzeile du die erste gute Tat in unserer Zeitung ankündigen willst. Du scheinst ja was ganz Ausgefallenes auf Lager zu haben!“
    Egon schüttelte den Kopf.
    „Aber, Junge“, rief er, „begreifst du denn immer noch nicht, daß es in unserer Zeitung nichts Ausgefallenes geben soll? Das bieten alle übrigen Käseblätter in Hülle und Fülle. Wenn wir es genauso machen wollen wie die, können wir uns gleich begraben lassen, denn darin sind sie uns über. Nein, ich meine, wir sollten den Sachverhalt ganz schlicht so darlegen, wie er ist, und auf jeden sensationellen Aufputz verzichten. Sollte das unsern Lesern nicht gefallen, pfeifen wir auf sie und ihr Abonnement. Was meinst du, Guddel?“ Guddel kniff die Augen zusammen und antwortete nachdenklich: „Meiner Ansicht nach trifft dein Einwand nicht den Kern der Sache, Egon. Unsere Zeitung wird sich in ihrem Inhalt ganz deutlich von allen andern unterscheiden, da man Blutrünstiges und Schauriges vergebens in ihr sucht. Der Stil aber, in dem die einzelnen Meldungen, Artikel und Berichte abgefaßt sind, und die Aufmachung sollten schon so sein, daß die Leser neugierig werden.“
    „Da hörst du es!“ schrie Karl. „Das war das Wort eines Dichters, der mehr von der Sache versteht als zehn Spinner von deiner Sorte. Guddel, wir morsen auf gleicher Wellenlänge! Du weißt genau, wie es in meiner Brust aussieht. Also lassen wir es bei der lebensgefährlichen Obstplantage.“
     

 
    Am nächsten Morgen in der Schule machte Egon ein Gesicht, als ob er im Toto oder Lotto gewonnen hätte. Er schlich sich von hinten an Karl heran und klopfte ihm so heftig auf die Schulter, daß der meinte, ein Pferd hätte ihn getreten.
    „Du bist wohl nicht mehr zu retten, was?“ schrie er. „Mir so die Seele aus dem Leib zu schlagen!“
    „Aber, Dickerchen“, rief Egon grinsend, „freu dich doch, daß sie da raus ist, nun haste doch Platz gewonnen für Äpfel, Pflaumen und andere Vitaminträger!“
    „Erinnere Karl nicht an so was!“ sagte Guddel. „Die Nascherei gestern auf der Obstplantage ist ihm nicht so recht bekommen. Er leidet immer noch unter den Nachwirkungen. Sei lieb zu ihm, und laß ihn in Ruhe seinen Zwieback knabbern.“
    Egon griente und blickte Karl von unten in das grüngelbe Gesicht. „Aber, Guddel,“ sagte er, „willst du mir wirklich weismachen, daß Karls Elefantenmagen mit dem halben Zentner Obst von gestern nicht fertiggeworden ist? Das gibt’s doch nicht! Der ist doch hart im Nehmen!“
    Karl lächelte gequält.
    „Ich weiß auch nicht, was mit mir ist“, sagte er. „Mein Magen spielt verrückt. Bisher konnte ich mich immer auf ihn verlassen, er hat mir nie Schwierigkeiten gemacht, ganz egal, ob er Hartes oder Weiches, Dickes oder Dünnes zu verarbeiten hatte. Aber seit gestern benimmt er sich, als ob er böse mit mir wäre. Dabei habe ich ihm abends noch zwei Dosen Ölsardinen und drei Spiegeleier auf Schinken und Bratkartoffeln zu naschen gegeben. Daran kann man doch sehen, daß er’s gut bei

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