Karl der Dicke beißt sich durch
Nachmittag drei Blöcke voll!“
„Jawohl!“ rief Guddel. „Davon bin ich überzeugt! Und darum wollen wir mit der Rationalisierung sofort anfangen, hier und jetzt! Wir lassen die Räder zu Hause, fahren in die Stadt, stellen uns vor den Roland und befragen da alle Leute, die uns über den Weg laufen! Bei dem Gewimmel, das dort herrscht, kriegen wir in einer Stunde mehr zu hören als auf dem Lande in einem halben Jahr. Was meint ihr dazu?“
„Na, klar!“ rief Egon. „Das ist überhaupt die Masche! Darauf hättest du ruhig schon vorgestern kommen dürfen!“
„Nun überstürz dich man nur nicht!“ bremste Karl. „So neu ist der Einfall ja nun auch wieder nicht. Ich hab das längst erwogen und hätte es heute abend ebenfalls vorgeschlagen, wenn wir in Hinnebeck oder Uthlede nichts erreicht hätten.“
„Du erheiterst mich“, sagte Egon. „Gestatte, daß ich lächle.“ Karl überhörte das.
„Euch ist doch klar, daß Guddels Vorschlag mit Kosten verbunden ist?“ fuhr er fort. „Da wären einmal die Bahn- oder Busfahrt und dann die zwei, drei Bratwürste oder die Pizza, die jeder von uns einnehmen muß, bevor er sich nach einem anstrengenden Tag den Strapazen der Rückreise unterwirft.“
„Rückreise von neunzehn Minuten!“ rief Egon. „Die wirste wohl noch ohne Zwischenmahlzeit überstehen!“
„Ich ja, aber du Strich mit Ohren wohl kaum“, gab Karl zurück.
Guddel wurde ungeduldig.
„Was ist nun?“ rief er. „Fahren wir, oder fahren wir nicht?“
„Wir fahren“, sagte Egon, „und damit Karl nicht wieder irgendeinem Opa unsere Zeitung verkaufen muß, bevor sie gedruckt ist, nur weil er die Zeche nicht bezahlen kann, überprüfen wir jetzt unsere Ersparnisse und ergänzen sie, falls nötig.“ Er stellte sein Rad auf den Ständer, zog das Portemonnaie aus der Tasche und warf einen Blick hinein „Ich bin der glückliche Besitzer von vier Mark und zehn, wie es scheint. Oder hat sich da noch ein Silberdollar verkrümelt? Nee, das ist nur ein Kupferpfennig. Vier Mark und elf also. Wer bietet mehr?“
„Drei Mark und vierzig!“ rief Guddel.
„Sechs Mark fünfundsiebzig“, sagte Karl. „Meine Tante hat sich gestern anzapfen lassen, weil ich ihr gesagt habe, daß sie von Jahr zu Jahr jünger wird.“
„Na, dann könnten wir ja mit der Bahn fahren“, sagte Egon. „Auf geht’s!“
Eine knappe Stunde später standen sie auf dem Marktplatz vor dem Roland, Egon mit seinem Notizblock, Guddel mit seiner selbstgebastelten Schreibunterlage in der Hand. „So“, sagte Karl, „jetzt zaubert Ernst und Würde in eure Mienen, und macht keine abwegigen Bemerkungen. Es geht nämlich schon los!“
Ein Herr von etwa sechzig Jahren in einem hellblauen Sommeranzug und mit einem gelben Strohhut auf dem Kopf bummelte langsam vom Schütting her auf das Rathaus zu. Er hatte eine Kamera umgehängt und war offensichtlich fremd in der Stadt.
„Entschuldigen Sie“, begann Karl, als er sich ihnen bis auf zwei Schritte genähert hatte, „wir sind Reporter der Schülerzeitung ,Das Bessere’ und hätten Sie gerne gefragt, was Ihnen heute oder in der letzten Zeit an Gutem widerfahren ist.“
Der Herr blieb stehen und sah Karl verblüfft an.
„Warum wollt ihr das gerade von mir wissen?“ fragte er. „Sie machen einen so glücklichen Eindruck“, sagte Karl. „Sie müssen einfach viel Angenehmes erlebt haben.“
Der Herr lächelte.
„Es freut mich, daß man es mir ansieht“, sagte er. „Ja, ich bin ein Glückspilz. Ich habe eine Menge Geld von meiner Großmutter geerbt und konnte mich darum zwei Jahre vor der Zeit pensionieren lassen. Heute ist mein erster arbeitsfreier Tag. Da habe ich mich gleich in die Bahn gesetzt und eine längere Reise angetreten, nur so zum Spaß. Ich komme nämlich aus dem Ruhrgebiet, müßt ihr wissen. Wenn ihr wollt, dürft ihr das alles in eurer Zeitung bringen. Nur meinen Namen dürft ihr nicht nennen, sonst stehen die Leute vor meinem Haus Schlange, um mich anzupumpen. So, und jetzt muß ich in euerm berühmten Ratskeller einen berühmten Wein über meine trockene Zunge laufen lassen. Auf Wiedersehen, die Herren Reporter, auf Wiedersehen!“ Er zog seinen Hut, verneigte sich leicht und marschierte am Roland vorbei auf den Eingang des Ratskellers zu.
„Na“, sagte Karl, als er außer Hörweite war, „nennen meine Kollegen das einen Fang?“
„O ja“, höhnte Egon. „Opa beerbt Oma und fährt mit der Bimmelbahn! Da hat er wirklich was Dolles geleistet! Das
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