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Karl der Dicke beißt sich durch

Karl der Dicke beißt sich durch

Titel: Karl der Dicke beißt sich durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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wenig zur Seite, Egon, dann scheint mir die Sonne direkt ins Gesicht, und ich bringe eine gesunde Bräune mit nach Hause!“
    Egon legte seine langen Beine auf den Zweig, schloß die Augen und nahm selbst ein Sonnenbad. Guddel kletterte bis in die höchste Spitze, wo die Äste beängstigend dünn waren, und richtete sich dort häuslich ein.
    Nachdem sie auf diese Art eine halbe Stunde hatten verstreichen lassen, begannen sie mit der Ernte, und bald bemühte sich jeder, seinen Eimer als erster voll zu haben. Nach kaum einer Stunde war der Baum leer und die Zinkwanne gefüllt. Sie sahen zufrieden auf ihr Werk und meldeten sich bei der Frau, die jetzt damit beschäftigt war, Gardinen aufzustecken.
    „Oh, schon fertig mit dem Birnbaum?“ rief sie ihnen entgegen. „Das ging ja fix! Dann nehmt euch man nun den Apfelbaum vor, der da an der Straße steht. Ich bringe euch noch einen Korb heraus.“
    Also erleichterten sie auch noch den Apfelbaum um seine Früchte. Danach bemühten sie sich um einen Pflaumenbaum, der so schief stand, daß Egon Karl dringend abriet, ihn zu besteigen.
    „Bleib du besser unten, Karlchen!“ sagte er. „Deine Pfunde kann der Baum nicht mehr verkraften. Der knickt uns um wie ein Streichholz!“
    Aber Karl hockte schon als Reiter auf dem schrägstehenden Stamm und arbeitete sich ächzend höher.
    „Wenn du Angst hast, daß der Baum umfällt“, sagte er, „kannst du dich ja als Stütze drunterklemmen. Die nötige Länge dafür hättest du ja.“
    Guddel hatte die Leiter an den Stamm gestellt und pflückte von dort aus.
    „Leute“, sagte er schmatzend, „die gelben Dinger sind ja geradezu eine Delikatesse!“
    „Weiß ich doch“, antwortete Karl. „Was meinst du wohl, warum ich mich sonst den Stamm hochquäle!“ Und schon grapschte er nach einer saftigen Pflaume. Egon mußte von unten Zusehen, wie es seinen Freunden schmeckte. Ihm lief das Wasser im Munde zusammen. Karl warf ihm großzügig eine Pflaume hinab.
    „Hier“, rief er, „fang! Da ist ein Wurm drin. Die hab’ ich extra für dich ausgesucht, damit du Fett ansetzt!“
    Egon schleuderte die matschige Pflaume wütend zurück und stieg zu Guddel auf die Leiter. Bei seiner Größe war es ihm möglich, sich von den unteren Sprossen aus an der Arbeit und der Schmauserei zu beteiligen.
    So aßen und pflückten sie und pflückten und aßen, bis sie kaum noch atmen konnten. Endlich rutschte Karl den Stamm hinab, ruhte sich alle drei Zentimeter aus dabei und stöhnte zum Steinerweichen. „Wer es wagen sollte, in meiner Gegenwart noch einmal das Wort ,Pflaume’ in den Mund zu nehmen“, drohte er, „muß sich auf ein gewaltsames Ende einrichten. Ich für meine Person werde diese scheußlichen Dinger für die nächsten drei Jahre von meinem Speisezettel verbannen.“
    Kaum hatte er das gesagt, da kam die Frau mit einem Tablett belegter Brote zu ihnen heraus.
    „Hier habt ihr eine Kleinigkeit zu essen“, sagte sie. „Wer so fleißig arbeitet wie ihr, muß doch einen Riesenhunger haben!“
    „Nun guck dir das an“, stöhnte Karl, als die Frau wieder im Haus war, „Mettwurst, Schinken, Leberkäse und Gekochte! Meine Lieblingssorten! Und dann keinen Platz mehr haben im Bauch, wo man die Leckereien verstauen kann! Das nenne ich Tragik!“
    „Karl“, flüsterte Guddel, der sich nur noch gebückt fortbewegen konnte, „sei ein Held, und hau die Stullen runter. Ich wette, daß sie sich gut mit den Pflaumen vertragen werden.“
    Die Frau wunderte sich, daß ihre fleißigen Helfer so bescheiden waren.
    „Aber Jungs“, rief sie, „langt nur feste zu! Ihr könnt noch was nachhaben!“
    „Vielen Dank“, sagte Egon mit schmerzzerquältem Gesicht, „wir sind keine starken Esser und halten auf Figur. Das hier reicht uns vollkommen.“
    „Na so was“, sagte die Frau erstaunt, „da seid ihr aber eine Ausnahme! Hier habt ihr fünfzehn Mark, die müßt ihr euch teilen. Und dann hab ich für jeden eine Plastiktüte mit Obst vollgepackt, vor allem Pflaumen, weil ihr die sicherlich am liebsten mögt. Ich danke euch vielmals. Bestellt eurem Lehrer einen schönen Gruß, und sagt ihm, daß ich sehr mit euch zufrieden war.“
    Als die Jungen den Garten verließen, stießen sie auf drei andere, die ihn gerade betreten wollten.
    „Sagt bloß, ihr wollt Äpfel pflücken!“ rief Egon ihnen zu. „Na klar! Haste was dagegen?“ antwortete der Kleinste der Neuankömmlinge.
    „Nee“, sagte Egon. „Nur rate ich euch, das nächstemal vor

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