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Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Titel: Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Fried
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zur weiträumigen wirtschaftlichen Versorgung und für den Krieg sind nur im Rahmen der Grundherrschaften bezeugt. Eine reichsweite Verkehrsplanung – vom Mainzer Brückenbau abgesehen – ist nicht zu erkennen.
    Die Schatten der Kriege lagen auch über aller Wirtschaft. Jeder Freie mit einem bestimmten Mindestvermögen mußte eine Brünne,ein Kettenhemd, zum Kriegsdienst tragen. Dafür hatte der Krieger auf eigene Kosten zu sorgen. Das Aussehen einer Brünne verdeutlicht wohl eine Miniatur im «Goldenen Psalter» von St. Gallen (Abb. VII). Sie zeigt ‹Hemden› aus ineinandergebundenen Eisenringen statt aus Leinen gewebt. Bequem waren diese Eisenhemden nicht. Dauerte der Krieg zu lange, sollte der König die Kämpfer entlohnen. Das Kriegsgerät mußte in den Grundherrschaften produziert und bereitgestellt, Waffen, Zugochsen und Pferde in ihnen bereitgehalten werden[ 34 ]. Brünne, Helm, Schild, Speer, Schwert, Bogen, Sattel und Zaumzeug – alles Produkte der Grundherrschaft.
    Das entsprechende Handwerk ist dort gut bezeugt[ 35 ]. Der König verlangte Eisen-, Gold- und Silberschmiede in seinen «Ministerien», Schuster, Drechsler, Stellmacher, Schildmacher, Fischer, Falkner, Seifensieder, Bier- und Schnapsbrauer, Bäcker («um Semmeln für unseren Gebrauch zu backen»), Netzmacher für Fisch- und Vogelfang und andere Gewerbe mehr (CdV 45). Die Grob- und Waffenschmiede (
fabri ferramentorum
) im Unterschied zu Goldschmieden finden sich auch auf dem wohl idealen St. Galler Klosterplan eingezeichnet. Sie werden, insbesondere wenn sie für die kriegsdienstpflichtigen Klöster wie Fleury, Ferrières, Corbie, Lorsch oder Tegernsee zu arbeiten hatten, nicht nur Pflugscharen, Messer, Nägel, Hufeisen, Radreifen und Mühleisen produziert haben, zumal sie sich auf dem Plan durch Schwertfeger (
emundatores vel politores gladiorum
) und Schildner (
scutarii
) ergänzt sehen. Adelige Grundherrschaften dürften kaum weniger umfassend ausgestattet gewesen sein.
    Auch Waffenschmiede begegneten nicht als «freie» Unternehmer, was wohl kaum eine Folge mangelnder Überlieferung ist. Woher sollten sie den nötigen Rohstoff bezogen haben, dessen Abbau – ähnlich wie das Salz – Grundherren zugewiesen war? Spezielle Produktionszentren sind nicht bekannt; doch dürften sie in der Nähe der Eisenvorkommen gelegen haben. Bezog der freie Franke, der zum Kriegsdienst verpflichtet war und keine große Grundherrschaft hinter sich wußte, seine Waffen auf dem Markt? Gab es also einen Waffenhandel? Karl verbot freilich den Export von Brünnen und Schwertern zu Slawen oder Awaren[ 36 ]. Offenbar waren Produktionskapazitätund Qualität entsprechend hoch und Kaufleute konnten sich mit entsprechenden Waren versorgen. Oder suchte der König, sich die Kontrolle über den Waffenbesitz vorzubehalten? Zur «Pflicht» der Amtleute gehörte nämlich die Pflege und Prüfung der eisernen Kriegswaffen (
ferramenta
); «sie sollen bei Rückkehr (vom Krieg) in der Kammer deponiert werden» (CdV 42). Noch in seinem Testament wird Karl übrigens seiner Waffen und Sättel gedenken.
    Von Wachfeuern, die unterhalten, und von Wachdiensten, die geleistet werden mußten, ist die Rede; auch Königsgut im Land war offenbar nicht sicher (CdV 27). Die Anordnung bezog sich wohl keineswegs nur auf die Grenze nach Süden, gegen das muslimische und feindliche Spanien, sondern dürfte für jeglichen Grenzschutz gegolten haben. Zäune sollten die einzelnen Gehöfte umgeben. Deren Schutz vor Überlastung diente das Verbot, Königsboten oder Gesandtschaften, auch wenn sie zum König eilten, ohne dessen oder der Königin ausdrückliche Genehmigung auf den Wirtschaftshöfen einzuquartieren (c. 27). Regelungen zur internen Gerichtsbarkeit in den einzelnen «Ministerien» fehlten nicht.

2

Wie wurden Grundherrschaften verwaltet?
    ie Grundherrschaften des Adels waren der Einwirkung des Königs entzogen. Wohl aber kümmerte sich der König in beschränktem Maße um den kirchlichen Besitz. Derselbe genoß vielfach Königsschutz und mehrte sich durch Schenkungen an die Klöster. Sie erfolgten regelmäßig als Gegengaben für das Gebet der Mönche, konnten aber auch dem Schutzbedürfnis der wirtschaftlich schwächeren Freien genügen. Diese «Prekaristen» tradierten sich mit ihrem Besitz in den Schutz des Klosters, erhielten als «Prekarie» ihren Besitz zurück und durften lebenslänglich dessen Ertraggenießen. Die Wirkung entspricht etwa einer Art Rentenvertrag.
    Karl nun

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