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Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Titel: Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Fried
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verlangte nach Gewißheit über Umfang und Leistungskraft königlicher und kirchlicher Grundherrschaften. Anordnungen, wie sie die sog. «Brevium exempla» festhielten, lassen sie erahnen[ 37 ]. Diese «Briefe» boten Berichtsmuster, die der König angefordert hatte, nämlich Aufzeichnungen über Besitz und Ertrag verschiedener Typen von Herrenhof. Als Beispiel für die Ausstattung eines bischöflichen Hofs diente die augsburgische Kirche Staffelsee[ 38 ]; als Königskloster und für die ihm zugute gekommenen Selbsttraditionen mit anschließendem Präkarievertrag hielt das elsässische Weißenburg und seine Präkaristen in der Diözese Worms her; für einen Königshof und seine Ausstattung standen der königliche
fiscus
Annappes im heutigen Département Nord, südwestlich davon der
fiscus Treola
sowie einige weitere ungenannte königliche Herrenhöfe als Exempel[ 39 ]. Die überlieferten Berichte wurden als Muster verwandt, wie etwa ihre Kapitel 23 und 24 mit Anweisungen an den aufnehmenden
Missus
zu erkennen geben: «Entsprechend sollst du den Rest davon verzeichnen» und «Ebenso ist das Vieh zu verzeichnen». Diese Muster überliefern die einzigen Bestandsaufnahmen zentraler Herrenhöfe, die sich aus Karls Zeit erhalten haben, und müssen hier exemplarisch betrachtet werden. Sie verraten Umsicht, Fürsorge und Gewinnerwartung. Berichterstatter waren eigens ausgesandte Königsboten.
    In Staffelsee wurde die Michaelskirche mit ihrer Ausstattung ausgewählt: «der Altar mit Gold und Silber geschmückt, fünf vergoldete Reliquienkapseln mit durchscheinenden Edelsteinen und Kristallen verziert, dazu eine kupferne teilvergoldete, ein Reliquienkreuz aus vergoldetem Blattsilber mit einem Riegel, ein zweites kleines Reliquienkreuz aus Gold und Glas, ein größeres Kreuz aus Gold und Silber mit durchscheinenden Edelsteinen. Es hängt über dem Altar eine teilvergoldete silberne Krone». Paramente und Altargerätschaften wurden verzeichnet, die Bücher detailliert katalogisiert: vorwiegend biblische und neutestamentliche Schriften, doch auch eine Handschrift mit Homilien Gregors des Großen, einen
liber canonum excerptus
, mithin eine Sammlung des Kirchenrechts,einen Psalmenkommentar ohne Autorennennung, zwei Antiphonare, den Matthäus-Kommentar des hl. Hieronymus und eine Handschrift der Regel des hl. Benedikt. Die materielle Ausstattung einer Grundherrschaft wurde mit dergleichen Inventaren durchsichtig.
    «Dann finden wir dort» – so die Kontrolleure – «den Herrenhof und das Haus mit den übrigen Bauten, die zur Kirche gehören. Dem Hof sind zugeordnet 740 Joch Pflugland, Wiesen, die 610 Fuder Heu einbringen können. Von der Ernte fanden wir bloß die 30 Fuder, die wir an die 72 Pfründner gaben, … weiter ein zugerittenes Roß, 26 Ochsen, 20 Kühe, 1 Stier, 61 Stück Kleinvieh, 5 Kälber, 87 Schafe, 14 Lämmer, 17 Hammel, 58 Ziegen, 12 Böcklein, 40 Schweine, 50 Ferkel, 63 Gänse, 50 Küken». «Es gibt dort ein
Genitium
mit 24 Frauen», die wohl an zwölf Webstühlen arbeiteten; der Lagerbestand des Hauses wurde mit fünf leichten Wolltüchern, vier Leinentüchern, fünf Hemden festgehalten. Eine Mühle wurde verzeichnet, die jährlich zwölf Scheffel Gewinn abwarf. Das waren Besitz und Ertrag des zentralen Salhofes ohne die Leistungen der abhängigen Hufner.
    Dem Hof waren 23 besetzte Freienhufen angeschlossen, deren Abgaben, Pflug-, Ernte- oder Spezialdienste minutiös verzeichnet wurden, ferner 19 Knechtshufen, die neben geringeren Abgaben rund um das Jahr wöchentlich 3 Tage zu fronen und deren Frauen je ein Leinenhemd oder Stoffe abzuliefern hatten. Etwa ein Viertel der Freien hatte – gewöhnlich zu Fuß – Botendienste zu verrichten; benötigten sie ein Pferd, mußten sie es selbst unterhalten. Wenigstens die Hälfte der Freien leistete Kriegsdienst, die anderen durften sich dafür mit einem zweiten Mann zusammentun, mußten aber je einen oder zwei Zugochsen stellen, der Rest sandte zwei Ochsen jährlich zum Heer; die Leute hatten sie also über das Jahr durchzufüttern. Augsburg verfügte über insgesamt sieben Herrenhöfe, die nicht einzeln verzeichnet wurden. Allein die Summe aller Villikationen wurde beispielhaft angeführt: «1006 besetzte Freienhufen, unbesetzte 35, 421 besetzte Knechtshufen, unbesetzte 45, zusammen 1427 besetzte und 80 unbesetzte Hufen», insgesamt vielleicht 7000–8000 Seelen ohne die «unbehausten» Manzipien.
    Staffelsee war mit seinen 42 Hufen neben dem

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