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Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Titel: Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Fried
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zusammenkomme und seiner (Christi) Gottheit danke» und zwar in seiner Pfalzkirche[ 148 ]. Sie war seit jeher mit ihrem Hochmünster Pfarr- und Taufkirche für das Volk von Aachen.
    Mit all diesen Zeichen, mit der imperialen Architektur, die unmittelbar an die Grabes- und an die Himmelfahrtskirche auf dem Ölberg erinnerte[ 149 ], mit dem apokalyptischen Baumaß und dem apokalyptischen Kuppelbild, mit der Hetoimasia, dem Patrozinienprogramm, mit dem Sinnbild der 144.000, die mit «dem Namen des Lammes und seines Vaters auf ihrer Stirn gezeichnet waren» (Apc. 14,1), mit dem vermutlichen Weihehymnus
Urbs beata Jerusalem
, der das himmlische Jerusalem pries, mit all diesen Zeichen vergegenwärtigte Karls
Templum
zugleich die Stadt des Heiligen Grabes, der Himmelfahrt und der Wiederkehr Christi zum Gericht. Die Erlöserkirche ließ die Heilshoffnung ihres Stifters Gestalt werden. Herrschertum und Heilswissen, römische Liturgie und rechtes Bekenntnis vereinten sich mit dem «Gefüge der Wand» und den «lebendigen Steinen» zum Gebet und zum Maß seiner eigenen Seele. Das Mysterium des christlichen Glaubens –
christiana religio
– offenbarte sich hier, in Aachens Pfalzkirche, dem König und Kaiser und allen Gläubigen aufs neue.



1

Zeichen der Endzeit: Häresien und ihre Abwehr
    ir wissen, in den Jüngsten Zeiten treten Pseudolehrer auf, wie es der Herr selbst im Evangelium vorhersagte und auch Paulus in seinem Brief an Timotheus bezeugt». Mit dieser Gefahrenmeldung schloß die «Admonitio generalis». Die Warnung war berechtigt. Bald trafen aus Spanien erste Hinweise auf Häresien ein und die «Griechen» schienen sich dem Idolatrismus zu nähern. Die Gefahrensignale nahmen zu. «Deshalb, ihr Geliebten, rüstet euch mit ganzem Herzen in der Wissenschaft der Wahrheit, damit wir uns denen widersetzen können, die sie bestreiten». Karl – in Sorge ob den jüngsten Zeiten – wachte über den Glauben.
    Eigene Worte des Königs bestätigten seine eschatologischen Erwartungen. Als Theodulf in Auseinandersetzung mit dem griechischen Bilderkult unter Benutzung des 29. Psalms (v. 6) das Weinen am Abend und die Freude des Morgens eschatologisch auslegte, daß nämlich der Abend «unsere Zeit, in die das Ende der Zeiten falle, und den Tag des Jüngsten Gerichts» bezeichne, der Morgen aber die Zeit der Auferstehung und der Belohnung der Heiligen, da stimmte ihm der König lebhaft zu: «fein gesagt»,
eleganter
[ 1 ]. Auch als die Prophetie des Jesaias (2,2–3) für «die Jüngsten Tage» angesprochen wurde, blieb Karl nicht stumm[ 2 ]. Endzeit und Jüngstes Gericht beschäftigten ihn fortgesetzt, mit wachsendem Alter wohl mehr als in der Jugend. Vielleicht waren es ja gerade auch die letzten Bücher der «
Civitas Dei
» des hl. Augustinus, die er besonders schätzte.
    Das Auftreten von Häresien wurde von Zeitgenossen an Karls Hof wie Alkuin in der Tat als Zeichen des herbeieilenden Weltendes gedeutet, Idolverehrung als Kult des Antichrist. Die Zeiten waren gefährlich. Alles war in Aufruhr. So hatte Paulus vor dem hereinbrechenden Ende gewarnt (2Tim3,1)[ 3 ]. Endzeiterwartung gehörtefür Christen seit jeher zum intimsten Kern ihres Glaubens. Die heiligen Schriften lehrten sie. Sie verbreitete sich mit der Taufe, im griechischen Osten so gut wie im lateinischen Westen. Ihre Botschaft war eindeutig. Der Apostel Paulus hatte vor «falschen Brüdern» (Gal. 2,4) und «falschen Aposteln» (2.Kor 11,13) gewarnt, Petrus vor «falschen Lehrern» (2. Petr 2,1). Karl kannte die Botschaft. Der Herr selbst hatte sie für die Endzeit angekündigt (Mt 24,5), ohne daß das Auftreten dieser Pseudoapostel schon das Ende selbst einläuten sollte. Wohl aber verwies es unabweislich auf dessen Nahen.
    So galt es, wachsam zu sein. Die Schrecken aber, die jene jüngsten Zeiten erfüllen sollten, verbreiteten sich als vorauseilendes Wissen im Volk und unter seinen Eliten. Mit Gebeten rüstete man sich. Karl machte da keine Ausnahme. Alkuin mahnte ihn eindringlich, «in diesen letzten Zeiten der Welt» (
his novissimis mundi
) «Verderbtes zu bessern» und «die von düsterer Unwissenheit blinden Seelen zum Licht des wahren Glaubens zu führen». Das sei Lob und Lohn für ihn «im Gericht des Großen Tages». Die Nähe des Jüngsten Gerichts forderte die größten Anstrengungen. Denn «die Zeit des irdischen Lebens eilt rasch vorüber und kehrt nicht zurück».
    Cot almahtîco, dû himil enti erda gauuorrahtôs
    Enti du mannun sô manac coot

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