Karlo und der grüne Drache - Kriminalroman
Karl-Ulrich-Brücke und bog kurz dahinter in die Dieburger Straße ein.
Er kniff die Augen zusammen. Was hatte der Mann gesagt? Man würde sich kennen? Er rief sich den Klang der Stimme ins Gedächtnis. Nichts daran war ihm bekannt vorgekommen. Aber gut, überlegte er, am Telefon klang eine Stimme schon verfremdet … na, gleich würde er mehr wissen. Mittlerweile war er in Alt-Fechenheim angekommen.
Nachdem er das Kleedreieck passiert hatte, den Platz, an dem Alt-Fechenheim, Willmannstraße und Kleestraße aufeinandertreffen, hielt er Ausschau nach der Hausnummer, die ihm von dem Mann am Telefon durchgegeben worden war.
Das Erste, was ihm auffiel, war ein riesiges schwarzes, ziemlich kastenförmiges Automobil mit Fuldaer Kennzeichen, das am Straßenrand vor dem betreffenden Haus parkte. Ein Hummer. Wer um Himmels Willen fuhr denn heutzutage noch so eine obszöne Spritschleuder? Wenn man dieses automobile Ungetier artgerecht bewegte und zu diesem Zweck das Gaspedal etwas verwegener in Richtung Bodenblech drückte, verschlang es doch ganz bestimmt um die zwanzig Liter Super. Egal, das sollte nicht seine Sorge sein.
Karlo schob sein Fahrrad auf den Eingang zu. Er studierte die Namen neben den Klingelknöpfen. Da war es: dritter Stock.
Atelier
stand da in Druckbuchstaben. Komisch. Er drückte auf die Klingel und ein paar Sekunden später summte der Türöffner. Karlo schob seinen neuesten zweirädrigen Eigenbau in den Hausflur. Nahm sein teures Schloss und befestigte es mit dem Rahmen am Treppengeländer. Karlo tat das aus gutem Grund.
Es war knapp zwei Wochen her, dass ihm – wieder einmal – ein Fahrrad abhanden gekommen war. In diesem Fall war es allerdings seine eigene Schuld gewesen. Er war auf den Offenbacher Markt gefahren, um sich etwas Obst und Gemüse zu besorgen. Dummerweise war in der Eile das Fahrradschloss in seiner Unterkunft im Garten liegengeblieben. Und so hatte er einen Gast, der vor dem Markthaus, einem netten kleinen Restaurant am Kopf des Wilhelmsplatzes, im Freien saß und sein Frühstück verzehrte, gefragt, ob er denn noch eine Viertelstunde dort säße und in dieser Zeit ein Auge auf sein geliebtes Zweirad haben könne. Der freundliche Gast versprachs, zumal ihm ein Gratis-Kaffee von Karlo in Aussicht gestellt wurde. Karlo stürzte sich daraufhin ins Marktgetümmel und war beruhigt.
Erst einmal.
Als er mit vollbeladenem Rucksack zurückkehrte, bemerkte er – zunächst mehr verwundert als verärgert – dass sein Fahrad weg war. Was er dann erblickte, hätte ihm normalerweise großes Vergnügen bereitet. Auf dem Platz nämlich, an dem der hilfsbereite Gast gesessen hatte, thronte eine junge üppige Blondine. Unter erfreulicheren Umständen hätte er sie wohl gefragt, wie sie in diese unglaublich knappen Jeans hineingekommen sei. Und vielleicht noch, wie er sie dazu bewegen könnte, sich extra für ihn wieder aus dem engen Beinkleid herauszupellen.
Daran war im Augenblick leider nicht zu denken.
Nichtsdestotrotz steuerte er auf die Blonde zu und sprach das dralle Wesen vorsichtig an.
„Entschuldigen Sie bitte“, er hob die Arme hilflos, „der Gast, der vor ein paar Minuten noch hier saß, wo ist der denn hingegangen? Haben Sie das zufällig mitgekriegt?“
Die Blondine taxierte Karlo von oben bis unten, schien halbwegs zufrieden mit dem, was sie sah und schürzte kurz ihre Lippen, bevor sie mit einem kleinen Lächeln antwortete: „Ach, Sie meinen den netten Herrn mit dem Fahrrad?“
Karlo zog scharf die Luft ein und verdrehte ohnmächtig die Augen nach oben. Was war er doch nur für ein leichtgläubiger Idiot. Die blonde Schönheit schwenkte ihren Blick kurz über den vollbesetzten Platz vor der Gaststätte, bevor er wieder bei Karlo landete.
„Der hat wohl bemerkt, dass ich einen freien Platz gesucht habe, und da er gerade gehen wollte, bot er mir seinen an. Dann nahm er sein Fahrrad und ist davongefahren. Hier, rechts über die Straße, da rüber, zur Waldstraße.“
Inzwischen war die Bedienung nähergekommen, eine nicht minder ansehnliche junge Dame. Ihr ärgerliches Gesicht stand allerdings in krassem Gegensatz zu ihrer sonst überaus erfreulichen Erscheinung. Sie wandte sich an Karlo.
„Wo ist denn der Mann, der hier gesessen hat?“
Kölner schaute zurück und machte einen missglückten Versuch, charmant zu lächeln.
„Sehen Sie, jetzt sind wir schon zu zweit. Genau den suche ich auch. Was haben
Sie
denn mit dem?“
Die Bedienung schaute Karlo missmutig in die
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