Karlsson vom Dach
wahrlich nicht ohne eine Erklärung wieder loszulassen.
«Hör mal, Lillebror», sagte sie, «ich möchte wirklich gern wissen, wer die Löcher in dein Laken gemacht hat. Komm nun aber nicht und sag, es sei Karlsson vom Dach gewesen!»
Lillebror schwieg und dachte angestrengt nach. Es war ja Karlsson vom Dach gewesen, der die Löcher gemacht hatte, und nun sollte er es nicht sagen! Dann war es wohl das beste, auch das mit den Dieben zu verschweigen, denn Mama würde auch das nicht glauben.
«Na?» sagte Mama, als sie keine Antwort bekam.
«Kannst du nicht lieber Gunilla fragen?» sagte Lillebror listig.
Gunilla konnte Mama erzählen, wie alles zusammenhing. Ihr mußte Mama ja glauben.
Soso, Gunilla ist es also gewesen, die das Laken entzweigeschnitten hat, dachte Mama. Und sie fand es sehr anständig von Lillebror, daß er nicht petzte, sondern Gunilla selbst berichten lassen wollte, was sie angestellt hatte.
Mama drückte Lillebror schnell einmal an sich. Sie beschloß, jetzt nicht weiter nach dem Laken zu fragen, aber Gunilla wollte sie sich mal vorknöpfen, wenn es sich so ergab.
«Du hast wohl Gunilla furchtbar gern, was?» fragte ihn Mama.
«Ja, ziemlich...» sagte Lillebror.
Mama schielte wieder ein bißchen in die Zeitung, und Lillebror saß schweigend auf ihrem Schoß und überlegte. Wen hatte er eigentlich alles gern? Vor allen Dingen Mama — und dann Papa. Birger und Betty hatte er manchmal gern — besonders Birger — , aber mitunter war er so böse auf sie, daß er hätte platzen können! Karlsson vom Dach hatte er gern. Und Gunilla hatte er gern — ziemlich. Vielleicht heiratete er sie mal, wenn er groß war, denn eine Frau mußte man ja wohl haben, ob man wollte oder nicht. Wenn er auch am liebsten Mama heiraten würde — aber das ging vielleicht nicht.
Als er so weit gelangt war, kam ihm plötzlich etwas in den Sinn, was ihn unruhig machte.
«Du, sag mal, Mama, wenn Birger groß ist und er stirbt, muß ich dann seine Frau heiraten?»
Mama stellte verwundert die Kaffeetasse hin.
«Wie kommst du denn darauf?» fragte sie.
Es schien, als wollte sie anfangen zu lachen. Und da bekam Lillebror Angst, daß er etwas Dummes gesagt haben könnte, und er wollte nicht mehr über die Sache sprechen. Aber Mama drang in ihn:
«Warum glaubst du das?»
«Ich hab’ doch Birgers altes Fahrrad bekommen», sagte Lillebror widerstrebend. «Und seine alten Schier... und seine Schlittschuhe, die er hatte, als er so alt war wie ich... und seine alten Schlafanzüge und Turnschuhe und überhaupt alles.»
«Aber seine alte Frau brauchst du nicht zu nehmen, das verspreche ich dir», sagte Mama. Und sie lachte nicht, was ein Glück war.
«Kann ich nicht dich statt dessen heiraten?» schlug Lillebror vor.
«Ich weiß nicht, wie man das regeln soll», sagte Mama. «Ich bin ja schon mit Papa verheiratet.»
Ja, das stimmte allerdings...
«Welch phenominonales Pech, daß Papa und ich in dieselbe verliebt sind», sagte Lillebror mißmutig.
Aber jetzt lachte Mama und sagte:
«Nein, weißt du was, das finde ich gerade gut.»
«Das meinst du, ja», sagte Lillebror. «Aber dann muß ich wohl Gunilla nehmen», fügte er hinzu. «Denn jemand muß man wohl haben.»
Er dachte von neuem nach, und er fand es keineswegs angenehm, mit Gunilla zusammen wohnen zu müssen. Sie konnte mitunter ziemlich lästig sein. Und im übrigen wollte er mit Mama und Papa und Birger und Betty zusammen wohnen.
Es war nicht gerade eine Frau, auf die er so besonders aus war.
«Ich möchte viel lieber einen Hund haben als eine Frau», sagte er. «Mama, kann ich nicht einen Hund kriegen?»
Mama seufzte. Jetzt fing Lillebror schon wieder an, von seinem unseligen Hund zu sprechen! Das war fast ebenso lästig wie das mit Karlsson vom Dach.
«Weißt du was, Lillebror, ich glaube, du mußt jetzt gehen und dich anziehen», sagte Mama. «Sonst kommst du nicht rechtzeitig in die Schule.»
«Typisch», sagte Lillebror ergrimmt. «Wenn ich von meinem Hund rede, dann fängst du an, von der Schule zu reden!»
Es machte trotzdem Spaß, heute in die Schule zu gehen, denn er hatte sich so viel mit Krister und Gunilla zu erzählen. Sie gingen wie gewöhnlich zusammen nach Hause, und Lillebror hatte es seit langem nicht so schön gefunden wie heute, da Gunilla und Krister ja nun Karlsson vom Dach auch kannten.
«Der kann einem aber Spaß machen, finde ich», sagte Gunilla. «Glaubst du, er kommt heute auch?»
«Das weiß ich nicht», sagte
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