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Karneval der Alligatoren

Karneval der Alligatoren

Titel: Karneval der Alligatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James G. Ballard
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Gesicht.
    Während Kerans Strangman während der
nächsten Vorführungen von weitem beobachtete, überlegte er, ob auch dieser Mann
seinen Höhepunkt bereits überschritten hatte und im Begriff war, sich
aufzulösen. Er sah einfach widerlich aus, ein sterbender Vampir, der vor
Bosheit platzte. Von dem Charme, den er gelegentlich ausgestrahlt hatte, war
nichts mehr zu spüren, statt dessen ging etwas Piratenhaftes von ihm aus.
Kerans simulierte einen Malariaanfall und kletterte zur Teststation hinauf.
    Sein Ziel stand ihm jetzt ganz klar
vor Augen, und er fühlte sich völlig sicher und normal.
    Keine hundert Kilometer nach Süden
lagen dichte Regenwolken, sie verhüllten die ganze Landschaft, Sümpfe und
Inselgruppen, am Horizont. Nach den wilden Ereignissen der letzten Woche
dröhnte die archaische Sonne wieder in seinem Kopf, mit unheimlicher Gewalt,
ihre Identität verschmolz mit jener der wirklichen Sonne, die jetzt hinter den
Regenwolken sichtbar wurde. Unerbittlich, mit magischer Gewalt zog und rief sie
ihn nach Süden, in die unendliche Hitze und die versunkenen Lagunen des
Äquators.
    Riggs half Beatrice die Stufen auf
das Dach der Teststation hinauf, das auch als Hubschrauberlandeplatz diente. Daley
startete die Maschine, die Propeller begannen sich zu drehen. Kerans stieg
schnell zu dem Balkon zwei Stock tiefer hinunter. Er befand sich jetzt genau in
der Mitte zwischen dem Hubschrauber und der Absperrung, eine durchgehende
Terrasse verband alle drei miteinander.
    Hinter dem Gebäude war eine riesige
Sandbank, die bis zur Terrasse reichte. Wilde, dichte Vegetation hing bis über
das Geländer herein. Kerans duckte sich unter den Farnen und rannte zum Damm
vor, den man zwischen diesem Haus und dem nächsten gebaut hatte. Außer dem
Abfluß am anderen Ende der Lagune, wo die Pumpen stationiert waren, konnte nur
von hier aus Wasser in die Lagune strömen. Die ursprüngliche, sechs Meter
breite Zuflußstelle war verschlammt und mit schweren Balken verrammelt. Wurden
sie beseitigt, so floß durch den schmal gewordenen Kanal nur wenig Wasser in
die Lagune, das Rinnsal würde sich aber nach und nach vom Schlamm befreien und
seine einstige Breite erreichen.
    Aus einem Versteck unter einer losen
Fliese holte er zwei schwarze Kisten hervor, jede enthielt sechs
aneinandergebundene Dynamitpatronen. Den ganzen Nachmittag lang hatte er in den
angrenzenden Gebäuden danach gesucht, da er sicher war, daß Bodkin damals, als
er den Kompaß mitgehen ließ, die Waffenkammer heimgesucht hatte. Endlich fand
er den Vorrat in einer leeren Zisterne der Toilette.
    Als der Hubschraubermotor lauter
wurde und helle Funken auf dem Auspuff stoben, setzte Kerans das kurze
Zündkabel in Brand – es hatte nur eine halbe Minute Brenndauer –, kletterte über
das Geländer und rannte zur Mitte der Absperrung. Er bückte sich und befestigte
die Kisten an einem Keil, den er vorher zwischen die hinteren Balken getrieben
hatte. Dort, einen halben Meter über dem Wasserspiegel, sah sie niemand hängen.
    »Doktor Kerans – machen Sie, daß Sie
da wegkommen!«
    Kerans blickte auf – Macready stand
hinter einem Dachgeländer am anderen Ende der Sperre. Er beugte sich vor, sah
das flackernde Ende der Zündschnur und nahm sein Gewehr hoch.
    Kerans rannte gebückt über die
Sperre, erreichte beim zweiten Zuruf Macreadys die Terrasse und hörte gleich
darauf den ersten Schuß. Die Kugel schlug ihm direkt über dem Knöchel ins
rechte Bein. Er schwang sich über das Geländer und sah gerade noch Macready
sein Gewehr schultern und auf die Sperre springen.
    »Macready, zurück!« schrie er ihm
nach. »Es geht gleich los!« und duckte sich hinter die Farne; seine Stimme
wurde jedoch vom Probestart des Hubschraubers übertönt, und er mußte hilflos
zusehen, wie Macready sich über die Kisten beugte.
    »Achtundzwanzig, neunundzwanzig ...«,
zählte er innerlich mit; er humpelte, so rasch er konnte, weiter und legte sich
dann auf den Boden.
    Die Sprengladung ging mit einem
gewaltigen Knall los, eine ungeheure Schaum- und Schlammfontäne stieg hoch über
die Terrasse, auf der Kerans immer noch flach lag. Das erste, immer stärker
anschwellende Krachen ging in ein leises Rumoren über, Schlammbrocken und
ausgerissene Pflanzen flogen auf die Fliesen rund um Kerans. Er sprang auf und
lief zum Geländer vor.
    In immer breiterem Strom ergoß sich
das Wasser in die offenen Straßen unten, ganze Uferteile wurden mit
abgeschwemmt. Wer in der Nähe des Schiffs war,

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