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Karneval der Alligatoren

Karneval der Alligatoren

Titel: Karneval der Alligatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James G. Ballard
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lassen?«
    »Überflu...?« Riggs schüttelte
entgeistert den Kopf. »Robert, Sie leben aber wirklich auf dem Mond, je eher
Sie hier rauskommen, um so besser. Das wäre doch das letzte, was ich tun würde,
und wenn es irgend jemand versuchen sollte, den erschieße ich persönlich. Land
wiederzugewinnen, vor allem städtisches Gebiet so wie hier, mitten im Zentrum
einer einstigen Hauptstadt, hat doch Vorrang vor allem anderen! Falls Strangman
die anderen zwei Lagunen auch noch auspumpt, so geht er nicht nur straffrei
aus, sondern wird noch zum Generalgouverneur ernannt.«
    Er blickte auf die metallenen
Sprossen der Feuerleiter hinunter, die in der Hitze sangen. »Da kommt er
übrigens gerade. Was mag er jetzt wieder ausgekocht haben?«
    Kerans ging zum Fenster – er vermied
es, das algenbedeckte Dächermeer unten anzusehen. »Riggs, Gesetz oder nicht
Gesetz, Sie müssen die Lagune wieder überfluten. Sind Sie schon mal
unten gewesen in diesen Straßen? Das ist einfach obszön und unerträglich
häßlich. Ein Alptraum, tot, begraben, Strangman hat eine Leiche ausgegraben.
Nach ein paar Tagen werden Sie selbst ...«
    Riggs wandte sich abrupt um und
unterbrach Kerans ungeduldig: »Ich habe keineswegs die Absicht, einige Tage
hierzubleiben«, fuhr er ihn an. »Keine Angst, ich bin nicht auf diese Lagunen
fixiert, ob mit Wasser oder ohne. Wir fahren alle morgen früh ab, alle.«
    »Sie können doch nicht weg –
Strangman ist ja noch hier!«
    »Natürlich ist er hier. Glauben Sie,
sein Schiff kriegt plötzlich Flügel? Warum sollte er weg von hier, wenn er
glaubt, die Hitzewelle und die Regenstürme aushalten zu können? Wenn es ihm
gelingt, in einigen der großen Gebäude die Kühlung wieder in Gang zu setzen,
könnte er es schaffen. Und wenn er eine genügend große Fläche wieder benutzbar
macht, wird man vielleicht offiziell versuchen, die Stadt wieder zu besiedeln.
Ich werde jedenfalls in Byrd den Vorschlag machen. Für mich besteht jetzt kein
Grund, zu bleiben – die Station kann ich nicht wegkriegen, die ist verloren.
Und Sie und Fräulein Dahl brauchen Erholung. Und eine geistige Auffrischung.
Wissen Sie überhaupt, daß sie Glück hat, noch in Ordnung zu sein? Du meine
Güte« – er nickte Kerans scharf zu und stand auf; jemand hatte an die Tür
geklopft – »Sie sollten dankbar sein, daß ich rechtzeitig herkam.«
    Kerans ging zur Seitentür, er wollte
Strangman nicht begegnen. »Ich weiß nicht recht – ich glaube, Sie sind bereits
zu spät gekommen.«

14
     
     
    Kerans hockte in einem kleinen Büro
und hörte der Musik auf dem Oberdeck des Depotschiffes zu. Strangmans Party war
noch in vollem Gang, farbige Lichter schienen, die große weiße Markise war
wieder gespannt – es wirkte wie ein riesiger Rummelplatz.
    Strangman zuliebe nahm Riggs an der
Abschiedsparty teil. Die zwei Führer hatten ein Abkommen getroffen: Das
Maschinengewehr war abgebaut worden, Riggs Leute durften sich unten nicht
zeigen, und Strangman und seine Männer hatten dafür an der Lagune nichts zu
suchen, solange Riggs noch da war. Strangman und die Matrosen waren den ganzen
Tag lang durch die Straßen gezogen und hatten geplündert, was noch zu plündern
war – von überall her war ihr Schreien zu hören gewesen, Schüsse und Gebrüll
hallten in den engen Straßen wider. Riggs und Beatrice hatten eben als letzte
Gäste das Schiff verlassen – schon brach an Deck erneut Streit aus, während die
beiden noch die Feuerleiter zur Teststation hinaufkletterten. Kerans hörte
wüstes Zetern, Flaschen zerschellten auf dem Pflaster unten.
    Kerans hatte sich nur kurz bei der
Party gezeigt und sich dabei weit weg von Strangman gehalten, der sich jedoch
zwischen zwei Kabarettszenen nicht enthalten konnte, absichtlich an ihm
anzustreifen und ihm zuzuprosten. »Ich hoffe, es langweilt Sie nicht zu sehr.
Sie sehen müde aus, Doktor Kerans.« Er grinste Riggs boshaft zu, der steif wie
ein hofhaltender Pascha auf den quastenbesetzten Kissen saß. »Dr. Kerans und
ich sind nämlich ganz andere Parties gewöhnt; bei uns ging es immer richtig
hoch her.«
    »Das kann ich mir denken, Strangman«,
sagte Riggs milde, während Kerans sich abwandte – er konnte seinen Abscheu vor
Strangman nicht verbergen, wie Beatrice das vermochte. Während der kurzen Szene
hatte sie über ihre Schulter auf den Platz hinuntergesehen, ein kaum merkbares
Stirnrunzeln überdeckte für kurze Zeit den Ausdruck der Selbstvergessenheit und
Abwesenheit in ihrem

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