Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
schrubben. »Ich verspreche dir, dass ich vorsichtig sein werde.«
»Versprich es mir auf das Kreuz.« Ana hielt ihr das Silberkreuz hin, das sie immer um den Hals trug und das ihr größter Schatz war.
Giuliana unterbrach ihre Arbeit und küsste es. Dabei lächelte sie schlau in sich hinein, denn Ana hatte nicht bemerkt, dass sie nicht das Geforderte versprochen hatte. Und vorsichtig wollte sie sein, das Versprechen gab sie sich selbst.
Im Haus war alles ruhig, nur die Wellen des Kanals schlugen leise gegen die Hauswand. Giuliana lauschte in die Dunkelheit. Sie wagte es nicht, eine Kerze anzuzünden, aus Furcht, Ana könnte durch das Haus geistern und das Licht unter der Tür hindurchscheinen sehen, sondern saß mit angezogenen Beinen im Bett. Bestimmt war es mehr als eine Stunde her, dass die Magd die Tür ihres fensterlosen Verschlages hinter sich geschlossen hatte. Er befand sich gleich neben Giulianas Kammer, und durch die dünne Holzwand war kein Laut zu hören. Bestimmt schlief die gute Ana, nachdem sie den ganzen Tag über die Sitten der Venezianer geschimpft hatte.
Wenn Giuliana ihren Plan in die Tat umsetzen wollte, musste sie es wagen, eine Kerze anzuzünden. Also schlug sie einen Funken, und gleich darauf erhellte eine Flamme das Zimmer spärlich. Neben dem Bett und ihrer Truhe gab es noch zwei Stühle und einen kleinen Frisiertisch, für das Ruhesofa, das sie in Verona ihr eigen genannt hatte, war klein Platz mehr. Dafür war sie in Venedig, und in der Stadt war Karneval. Sie klappte den Deckel der Truhe auf, obenauf lag ihr schönstes Kleid in Rubinrot, es passte herrlich zu ihrem kastanienbraunem Haar. Giuliana zog ein Hemd, das mit Stickereien verzierte Unterkleid an und schlüpfte anschließend in das rote Gewand. Das Haar steckte sie nur locker am Hinterkopf hoch, es war zu kurz für eine richtige Frisur. Die Schuhe nahm sie in die Hand.
Sie sah sich um und stellte die Schuhe wieder ab, formte aus Decken eine Rolle. Zugedeckt sah es aus, als liege sie dort und schlafe. Zufrieden mit ihrem Werk blies Giuliana die Kerze wieder aus und nahm die Schuhe. Sie drückte die Türklinke runter, aber die Tür öffnete sich nicht. Sie versuchte es noch ein paarmal mit dem gleichen Ergebnis. Abgeschlossen!
»Verdammt, Ana!«, flüsterte sie. »Du schließt mich nicht ein.«
Giuliana bohrte erst mit dem Finger und dann mit der Nadel einer Brosche im Türschloss. Sie war ungeschickt, und die Brosche fiel zu Boden. Das Geräusch jagte ihr einen riesigen Schreck ein.
Im Haus klappte eine Tür, und Giuliana erstarrte zur Salzsäule. Jemand flüsterte. Sie glaubte, die Stimme ihres Vaters zu erkennen und die Anas, sie redeten leiseflüsterten miteinander. Waren beide aufgewacht, weil ihr die Brosche heruntergefallen war? Sie huschte ins Bett und stellte sich schlafend, die Lust auf ein Karnevalsvergnügen war ihr für heute vergangen. Die Decke bis zum Kinn gezogen, lauschte sie auf Schritte auf der knarrenden Treppe. Leise, leise näherten sie sich, und wenn sie nicht wie ein Luchs gelauscht hätte, hätte sie sie nie gehört. Die Schritte schlichen an ihrer Kammer vorbei, aber bis Giulianas Herz wieder ruhig und gleichmäßig schlug, dauerte es geraume Zeit und noch länger, bis sie endlich eingeschlafen war.
Am Morgen stellte sie fest, dass Ana sie nicht eingeschlossen hatte, sondern dass ihre Tür klemmte. Das Holz hatte sich verzogen, nachdem im Haus geheizt wurde, um die feuchte Kälte des venezianischen Winters zu vertreiben. Trotzdem war es in ihrer Kammer kalt, und fröstelnd rieb Giuliana die Hände. Sie trug zwei Hemden übereinander, hatte ihre Stiefel mit einer Lage Lappen ausgepolstert und fror trotzdem.
Die Küche war der wärmste Raum im Haus, denn hier sorgte Ana den ganzen Tag für ein Feuer im Herd, und sie war bereits lange vor Sonnenaufgang aufgestanden und hatte ihr Reich in Besitz genommen. Giuliana kam zitternd herein. Sie gähnte.
»Halte die Hand vor den Mund«, sagte Ana statt einer Begrüßung.
»Ein ungehobelter Lehrjunge macht so was nicht. Gibt es warmes Wasser zum Waschen?«
»Wenn du welches holst und über dem Feuer heiß machst.«
»Liebste Ana, du hast bestimmt noch was übrig.« Giuliana schlich zum Kessel und spähte hinein. Leer.
»Rede nicht so mit mir, als wolltest du mir etwas abschmeicheln.«
»Habe ich das je gemacht?«
Ana murmelte etwas – es konnte ein Stoßgebet oder eine Verwünschung sein – und verließ mit dem Wassereimer die Küche. Als
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