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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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zuvorkommendem Verhalten zu beantworten – es könnte doch sein, dass ihr erster Ehemann sie nur fest im Griff haben wollte. Indem er um ihr Wohlergehen besorgt war, verhinderte er gleichzeitig, dass jemand anderes ihr etwas Gutes tun konnte. Oft ist es ja so, dass die scheinbar hingebungsvollsten Leute das Objekt ihrer Hingabe in Wirklichkeit ersticken. Liebe bedeutet doch Platz zum Atmen, und zwar viel Platz.«
    »Ich verstehe, was Sie sagen wollen. Es fällt aber schwer, sich vorzustellen, dass Viktor Mary einengen wollte.«
    »Sie hat ihn verlassen, nicht wahr?«
    Patricia Quint ließ den Blick über den Garten schweifen. »Ja, das hat sie.«
    »Was wissen Sie über Viktor Baumann?«
    Ihr Blick kehrte zu Jury zurück. »Eigentlich nicht viel. Er war ziemlich unzugänglich.«
    »Wie verhielt er sich Flora gegenüber?«
    Sie überlegte einen Moment. »Wissen Sie, ich kann mich gar nicht erinnern, ihn je mit Flora erlebt zu haben. Gut, sie war damals noch ein Baby. Es ist schwer, sich Viktor mit einem Kind vorzustellen.«
    Jury musterte sie fragend.
    »Er ist einfach nicht der Typ für Gutenachtgeschichten, Schlummerstündchen und Zoobesuche.«
    »Und doch bemühte er sich sehr um das Sorgerecht für Flora, bevor sie verschwand.«
    »Glauben Sie, er hat es getan? Er hat sie entführt?«
    »Es ist immerhin möglich. Haben Sie noch Kontakt?«
    »Zu Viktor? Nein. Vor einiger Zeit habe ich ihn allerdings getroffen, als ich in London war. Wir haben etwas getrunken und uns unterhalten.«
    »Wie ging es ihm?«
    »Soweit ich sehen konnte, ganz gut.«
    »Sie hegten doch bestimmt keine besonders freundschaftlichen Gefühle für Mary Scott.«
    Sie seufzte. »Sie springen ja ganz schön von einem Thema zum anderen. Wieso hätte ich Mary nicht mögen sollen?«
    »Weil sie Ihnen nicht nur einen Mann weggeschnappt hatte, den Sie verehrten, sondern gleich zwei. Wie konnten Sie da etwas anderes fühlen als Abneigung?«
    Sie lächelte unmerklich und wandte sich ab. »Wie kommen Sie eigentlich darauf, dass ich mich für Viktor interessierte?«
    »Er ist reich, intelligent, gut aussehend und, wie ich hörte, recht charmant, obwohl ich zugeben muss, dass er auf mich nicht so gewirkt hat.«
    Sie musterte ihn aufmerksam, das Lächeln immer noch auf den Lippen. »Auf mich auch nicht.«
    Jury war etwas überrascht. »Das nahm ich aber an, aufgrund Ihrer Beschreibung. Also, dann Declan Scott. Er hat alle diese Eigenschaften und noch mehr. Ein netter Kerl.«
    Ihr Lächeln hellte sich auf. »Kommt jetzt nicht gleich die Frage, ›wo waren Sie in der Nacht des Soundsovielten?‹«
    Jury lächelte. »Ich hörte, Sie waren zum Abendessen hier, zusammen mit Marc Warburton.«
    »Das stimmt. Werden Sie mich jetzt fragen, ob ich damals irgendwelche einsamen Spaziergänge über das Anwesen gemacht habe?«
    »Haben Sie das?«
    »Nein.« Sie musterte ihn überrascht. »Glauben Sie etwa, derjenige, der diese Frau umgebracht hat, kam aus dem Haus?«
    »Nicht unbedingt.« Jury drehte sich um und deutete mit dem Kinn zum Tor mit dem eisernen Engel hinüber. »Sowohl das Opfer als auch der Täter hätten durch eines dieser Tore hereinkommen können – oder womöglich durch den vorderen Eingang. Nein, es gibt endlos viele Möglichkeiten, fürchte ich.«
    Sie stand auf. »Mir ist kalt, Mr. Jury. Wenn Sie mich nicht mehr brauchen, gehe ich jetzt wieder hinein.« Als könnte sie durch die Mauer hindurch in das Wäldchen hinter ihnen sehen, sagte sie: »Ein komisches Gefühl, dass der Polizeiwohnwagen da draußen steht.«
    »Ja, sehr beunruhigend.«
    Pat Quint sah zu den Bäumen hinauf, von denen noch der vor einer Stunde niedergegangene Regen tropfte. Sie seufzte. »Ich habe übrigens Ihre Frage noch nicht ganz beantwortet, die nach Declan.« Sie beugte sich ein wenig hinunter, als wollte sie die Veilchen betrachten. »Ich liebe ihn wirklich.«
    Das Geständnis kam so von Herzen, dass Jury fast traurig war, dass sie ihn womöglich nie bekommen würde. »Gut«, meinte er schließlich.
    »›Gut‹?« Sie hatte den Kopf gewandt und sah zu ihm hoch.
    »Ja. Er braucht diese Art von Unterstützung.«
    Sie zögerte. »Auch, wenn er es gar nicht weiß?«
    »Er weiß es. Irgendwie weiß man es immer.«
    Als sie nicht weitersprach, sagte er: »Die alten Fotos, die Mary Scott von diesem Garten fand, die haben sie dazu gebracht, alles wieder wie früher gestalten zu lassen.«
    »Finden Sie, Declan lebt in der Vergangenheit?«
    Jury nickte.
    »Warum?«
    »In der Gegenwart

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