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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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Zigarette aus. »Verdammt, bei diesem Fall laufen mir einfach zu viele Leute mit dem falschen Gesicht herum.«
    »›Und keiner weiß, wer der andere ist.‹ Das hat, glaube ich, Melville gesagt – in Ein sehr vertrauenswürdiger Herr . Ein beängstigender Gedanke. Man bekommt keinen festen Halt mit den Zehen und überhaupt keinen mit den Fingern, und doch wird erwartet, dass man den Berg erklimmt. Sämtliche Etiketten sind falsch und alle Namen fehlen. Und wir spielen weiter unsere Rollen.«
    »Wenn das der Fall ist, kommt man nie auf eine Lösung.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.« Jury überlegte. »Und doch glaube ich, dass Viktor Baumann hinter dem allem steckt.«
    »Dann hat er sie also ermordet?«
    »Das bezweifle ich. Er ist eher der Typ, der andere die Drecksarbeit machen lässt. Einer von den Jungs im – wie es bei uns heißt – Schweinigel-Dezernat ist schon lange hinter Baumann her.«
    »Tatsächlich? Weshalb?«
    »Baumann betreibt ein kleines Unternehmen, das Kinderschänder beliefert.«
    »Mein Gott! Und der wollte das Sorgerecht für Flora Baumann?«
    Jury nickte.
    »Dann hat dieser Kinderschänderring etwas mit der Kleinen zu tun, die im Londoner Norden erschossen wurde?«
    »Ich glaube schon. Morgen fahre ich wieder hin.«
    »Von dort kommen Sie doch gerade. Sie sehen müde aus.«
    Jury tat es mit einem Achselzucken ab.
    Melrose sagte: »Wer um Himmels willen würde ein kleines Kind erschießen? Dazu noch in den Rücken? Was für ein Mensch ist zu so etwas fähig?«
    »Ein anderes Kind?«
     
    Jury war auf dem Weg zu dem provisorischen Polizeibüro, als er Patricia Quint drüben durch die schmiedeeiserne Engelspforte in der Steinmauer in den Garten kommen sah. Sie trug einen alten Mantel und hatte die Arme eng um sich geschlungen, als ob ihr kalt wäre.
    »Miss Quint«, begrüßte Jury sie mit einem Kopfnicken.
    »Ach, hallo. Sie sind auch nie mit der Arbeit fertig, stimmt’s?«
    »Sieht so aus. Könnten wir uns einen Augenblick hinsetzen? Ich möchte Sie nur ein paar Sachen fragen.«
    »Ja, bitte. Aber wenn es Ihnen nichts ausmacht – nicht dort drüben.« Sie wies mit dem Kopf zu der steinernen Bank hinüber.
    »Nein, natürlich nicht.« Das Absperrband war entfernt worden. Vielleicht meinte sie, er würde sich kurzerhand auf diese Bank setzen wollen. Sie gingen stattdessen zu einer von den weißen Eisenbänken hinüber.
    »Übrigens, was haben Sie da gerade gemacht?«
    »Gemacht?«
    »Ich habe nur überlegt, was Sie hier draußen suchen.«
    »Ich mache einfach einen Spaziergang.«
    »Auf dem Grundstück von Angel Gate?«
    »Ja, warum nicht? Dachten Sie – denken Sie, ich sollte mich von dem Mord abschrecken lassen?«
    Jury lächelte. »Nein, das dachte ich gar nicht.«
    Sie musterte ihn verwundert. »Was denn dann?«
    »Es ist nur – ich meine, Sie wohnen ja gar nicht hier.«
    »Ich bin eine alte Freundin von Declan.« Sie sah ihn etwas erstaunt an. »Ich glaube kaum, dass er etwas dagegen hätte.«
    »Oh, er hätte bestimmt nichts dagegen. « Jury ließ die Betonung in der Luft hängen.
    »Superintendent, ist es das, was Sie mich fragen wollten?«
    »Nein.« Jury hielt inne. »Wie gut kannten Sie Mary Scott?«
    »Ziemlich gut.«
    »Ich weiß nicht so recht, was das heißt. War sie eine gute Bekannte? Eine Vertraute?«
    »Ach, irgendwelche Geheimnisse hat sie mir nicht verraten, dass sie eine Vertraute gewesen wäre, kann man also nicht behaupten. Man kann aber doch auch so mit jemandem befreundet sein, oder?«
    »Sie betrachteten sie aber schon als Freundin, oder?«
    »Natürlich. Ich kannte Mary von früher. Ich meine, bevor sie Declan heiratete. Als sie noch in London lebte und Baumann hieß.«
    Das überraschte Jury. »Dann müssen Sie ja auch ihren Mann gekannt haben.«
    »Ja, sicher. Ich kannte ihn übrigens schon, bevor er Mary kennen lernte.«
    Davon hatte Macalvie gar nichts gesagt. Vielleicht wusste er es nicht. »Was hielten Sie von dieser Ehe?«
    Sie schien angestrengt zu überlegen. »Nun, ich hatte den Eindruck, er liebte sie. Er war außerordentlich zuvorkommend.«
    »So verhält man sich aber nicht immer aus Liebe.«
    »Wie denn dann?« Sie lächelte. »Oder sagen Sie das jetzt bloß aus reinem Zynismus?«
    Jury lächelte. »Ich bin kein Zyniker, Miss Quint.«
    »Wie denn nicht, bei all dem, was Sie beinahe täglich zu sehen bekommen? Sie ermitteln schließlich in Mordfällen.«
    Sie wollte es anscheinend etwas zynisch haben. Jury sagte: »Richtig. Doch um Ihre Frage nach

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