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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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zu erscheinen. »Nun, dann werde ich mich mal wieder an die Arbeit machen. Danke für Tee und Kekse.«
    »Hat Sergeant Wiggins hier was von Tee gehört?«
    Die Frage kam von Jury, der in der Tür stand, hinter sich Wiggins. »Ich hätte auch nichts gegen ein Tässchen einzuwenden.«
    Rebecca erhob sich etwas verlegen. »O ja, natürlich.« Sie befühlte die Kanne. »Er ist noch heiß, ich kann aber auch frischen -«
    »Nein, das ist schon in Ordnung.«
    Als hätte er heute keinen anderen Auftrag, als an diesem Tisch zu sitzen und Tee zu trinken, entledigte sich Wiggins seines Mantels und nahm Platz. Dabei strahlte er übers ganze Gesicht.
    »Freut mich zu sehen, dass Sie wieder wohlauf sind, Sergeant«, sagte Melrose. »Gestern sahen Sie doch ein wenig spitznasig aus.«
    »Das muss so ein Vierundzwanzig-Stunden-Bazillus gewesen sein. Bitte drei Stückchen Zucker, Miss Owen, wenn Sie so nett wären.«
    Mit der Zuckerzange nahm sie drei Stückchen heraus und ließ sie – plink, plink, plink – nacheinander in seine Tasse fallen. »Sie nehmen doch bestimmt auch einen Keks.«
    Wiggins nickte, als wäre sein langes, dünnes Gestell nie vom Siechtum heimgesucht worden. »O ja, schon.«
    Bei dieser geballten Ladung von Teeseligkeit blieb es Jury überlassen, das Zuckerzänglein selber zu schwingen. Während er sich setzte, meinte er: »Dann machen Sie also weiter, Mr. Plant?«
    Melrose bedachte ihn mit seinem verschlagensten Lächeln und hob gerade an zu sprechen, als Lulu plötzlich vor ihnen auftauchte und sich wie Morgentau oder Gänseblümchenblätter an Jury schmiegte.
    »Ah, hal- lo , Lulu, dudelidu, wie geht’s, wie steht’s?«
    Melrose zuckte gequält zusammen. Lulu, dudelidu ? Das war ungefähr so witzig wie eine Nasenwarze.
    Doch Lulu gefiel es. Sie kicherte und juchzte vor Vergnügen. »Ein Geschenk für Sie«, sagte sie zu Jury und hielt ihm ein lilafarbenes Stiefmütterchen hin, das wieder in seinem mit Erde gefüllten Behälter steckte.
    Frechheit! »Moment mal!«, gebot Melrose. »Das ist ja eins von meinen Stiefmütterchen.«
    »Das war übrig. Das brauchen Sie nicht.« Sie wandte ihren schmachtenden Blick wieder Jury zu.
    Der entgegnete: »Das leuchtet ein, wenn es übrig ist.«
    »Wer behauptet denn, dass es übrig ist? Ich meine, außer Lulu? Ich hatte sie genau abgezählt.«
    Lulu sagte: »Wenn Sie sie richtig aufgereiht hätten, könnten Sie sehen, dass es eins zu viel ist.«
    Roy bellte kurz auf, und Jury streckte die Hand zu ihm hinunter und kraulte ihm den Kopf. Roy schlug mit dem Schwanz auf und ab wie ein Biber.
    »Du verdirbst mir mein ganzes Cloisonné.« Melrose wollte sich schon wutentbrannt erheben, als ihm einfiel, dass ihm sein Cloisonné ja eigentlich schnurzpiepegal war.
    Lulu hielt Jurys Arm gepackt wie ein Seil, das ihr im Treibsand zugeworfen wurde.
    Er sagte: »Vielleicht sollten wir alle rausgehen und nachsehen, ob das Muster in Ordnung ist. Denn eins musst du dir merken, Lulu: Unser Mr. Plant ist ein Experte, und du solltest sein Projekt nicht durcheinander bringen.«
    »Okay«, sagte sie und warf Melrose ein Lächeln zu wie einem Obdachlosen einen Penny. Ein Lächeln, das nicht bis zu den Augen reichte, hatte er schon gesehen. Aber ein Lächeln, das kaum bis zu den Lippen reichte? Sie hüpfte vor Begeisterung auf und ab, und ihr glänzendes braunes Haar hüpfte unerschrocken mit. Irgendwie kam sie ihm so vor: unerschrocken.
    »Wiggins, Sie bleiben hier und trinken Ihren Tee vollends aus.« Das Erdreich, das Melrose so säuberlich festgeklopft hatte, war aufgewühlt worden. »Du hast sie umgesetzt, Lulu!« Schnurgerade verlief die Reihe der lilablauen Stiefmütterchen.
    »Bloß ein bisschen. Das sieht besser aus, so ist es gleichmäßig.«
    Jury machte seine Hand los, an die Lulu sich mit beiden Händen gehängt hatte, als hinge ihr Leben davon ab. Er kniete sich hin. »Na, dann wollen wir mal sehen.«
    Jetzt aber mal halblang , dachte Melrose. Als ob Jury einen blassen Schimmer davon hätte! Dann rief er sich wieder ins Gedächtnis, dass er ja selbst ebenfalls keine Ahnung hatte.
    »Ich glaube«, sagte Jury, »die Farben sollten gemischt sein. Sehen Sie, Sie haben hier alle lilafarbenen beisammen. Sie sollten ein paar weiße und gelbe hineinsetzen.«
    Er hörte sich an wie Lulu. Melrose funkelte ihn wütend an. »Seit wann wissen Sie denn etwas über die Kunst des Cloisonnierens?«
    »Tu ich eigentlich gar nicht. Ich habe aber schon mal Cloisonnéschmuck gesehen.« Er klopfte

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