Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
empor.
Tief atmete er den Duft ein. Sein Geruch lag auf ihrer Haut und würde sie noch lange umgeben. Ein Ausdruck tiefer Befriedigung trat in seine unergründlichen dunklen Augen.
»Du hast mich gebissen.« Raven berührte zuerst ihren Hals und dann ihre Brust. Eine tiefe, süße Sehnsucht erfüllte sie bei der Erinnerung an seine Umarmung, an seine 116
Wildheit, an das unstillbar scheinende Verlangen, das ihn verzehrt hatte, während er seinen Mund hungrig auf ihre Haut gepresst hatte.
Was, um alles in der Welt stimmt nicht mit mir, dass ich mehr davon will? Raven hatte von Frauen gehört, die so süchtig nach Sex wurden, dass sie einem Mann wie Sklavinnen zu Willen waren. Stand auch ihr dieses Schicksal bevor ? Abwehrend hob Raven die Hand.
»Mikhail, das alles geht mir zu schnell. Ich kann mich nicht innerhalb von zwei Tagen verlieben und in wenigen Minuten über den Rest meines Lebens entscheiden. Ich kenne dich nicht und habe sogar ein wenig Angst vor dir und vor der Macht, die du ausübst.«
»Aber du sagtest, dass du mir vertraust.« »Ja, das stimmt.
Deshalb bin ich ja so verwirrt, verstehst du das denn nicht?
Du tust die verrücktesten Dinge, doch trotzdem will ich bei dir sein, dein Lachen hören und mich mit dir streiten. Ich will sehen, wie deine Augen aufleuchten, wenn du mich ansiehst. Und ich will die Kälte aus deinem Blick vertreiben, die ich entdecke, wenn du in die Ferne starrst, wenn dein Mund diesen grausamen Zug bekommt und du so gefährlich und skrupellos wirkst. Ja, ich vertraue dir, obwohl ich keinen Grund dazu habe.«
»Du bist sehr blass, Raven. Wie fühlst du dich?« Mikhail hätte ihr am liebsten gesagt, dass es bereits zu spät war, dass sie zu weit gegangen waren, doch er wusste, dass er sie damit nur unnötig ängstigen und ihren Widerspruchsgeist wecken würde.
»Seltsam, ich fühle mich so schwach, als sollte ich etwas essen, aber der Gedanke an Nahrung verursacht mir Übelkeit. Du hast mir einen deiner Kräutertränke gegeben, stimmts?«
»Halte dich für einige Tage an Wasser und Fruchtsaft und iss etwas Obst. Kein Fleisch.«
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»Ich bin sowieso Vegetarierin.« Raven sah sich um. »Wo sind meine Sachen?«
Völlig unerwartet lächelte Mikhail mit typisch männlichem Stolz. »Ich habe wohl etwas die Kontrolle verloren und dir die Jeans vom Leib gerissen. Bleib heute Nacht einfach hier, dann kann ich dir morgen neue Kleidung besorgen.«
»Es ist ja schon fast morgen«, erwiderte Raven. Sie wollte sich nicht noch einmal neben ihm ins Bett legen. Es war unmöglich, ihm so nahe zu sein, ohne ihn zu begehren.
»Außerdem möchte ich duschen.« Ehe Mikhail protestieren konnte, war Raven schon aufgestanden und hatte sich in eines der altmodischen Quilts eingewickelt, die auf dem Bett lagen.
Mikhail unterdrückte ein Lächeln. Sie sollte sich ruhig sicher fühlen; das kostete keine Mühe. Dennoch würde sie sein Haus keinesfalls verlassen. Nicht, solange die Mörder sich noch im Gasthof aufhielten. Um sich von dem Gedanken abzulenken, dass Raven in diesem Moment nackt unter den warmen Wasserstrahlen stand, konzentrierte er sich auf die Einzelheiten des Abends, an dem er sie aus dem Gasthof entführt hatte.
Was hatte sie an diesem Abend so verstört? Sie war buchstäblich krank gewesen, hatte an Übelkeit und heftigen Kopfschmerzen gelitten. Raven glaubte, sie hätte nur auf seinen Zorn reagiert, doch das stimmte nicht, denn er war erst wütend geworden, als er gespürt hatte, wie schlecht es ihr ging. Er hatte es wahrgenommen, bevor dieser Trottel Jacob es gewagt hatte, sie zu berühren.
Mikhail suchte nach der telepathischen Verbindung zu Raven. Er musste ihr einfach nahe sein und fand, was er erwartet hatte: Tränen und Verwirrung. Ihr Körper veränderte sich, da nun sein Blut in ihren Adern floss. Die Legende besagte, dass eine Sterbliche und ein Karpatianer dreimal Blut austauschen mussten, damit die Verwandlung 118
endgültig wurde. Das Blut, das er ihr aus der Tasse zu trinken gegeben hatte, zählte nicht dazu, da sie es nicht direkt von seinem Körper empfangen hatte. Mikhail hatte nicht die Absicht, sie umzuwandeln, denn dann liefe er Gefahr, dass sie sich zu einer wahnsinnigen Vampirin entwickeln würde.
Schon jetzt war er viel zu weit gegangen. Doch er würde es noch einmal tun. Und die Erinnerung daran musste für alle Ewigkeit genügen.
Raven hatte zwar seine Worte gehört, besaß jedoch keine Vorstellung davon, wie die Realität aussah. Sie würde
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