Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
Hand und hielt sich an ihm fest. Anscheinend hatte sie einiges mit Raven gemeinsam.
Ravens blaue Augen ruhten unverwandt auf Gregori.
»Wenn du mich untersuchen willst, um das Geschlecht des Kindes festzustellen, kannst du es gern tun.« Wieder hob sie ihr Kinn. »Aber genauso wie du von mir erwartest, dass ich dich und dein Wesen akzeptiere, musst auch du mich so nehmen, wie ich bin. Mein Herz und meine Seele mögen karpatianisch sein, doch meine Art zu denken ist menschlich. Ich lasse mich nicht einfach abschieben, nur weil du und mein Mann es für richtig haltet. Bei den Menschen sind die Frauen schon längst aus dem Schatten getreten. Mein Platz ist an Mikhails Seite, und ich muss meine Entscheidungen selbst treffen. Wenn du dich verpflichtet fühlst, mich zusammen mit Mikhail zu beschützen, bin ich dir sehr dankbar.«
Eine Weile herrschte Schweigen. Allmählich verblasste das rote Glühen in den schrägen silbrigen Augen.
Gregori schüttelte langsam den Kopf, als wäre er unendlich müde. Diese Frau war so anders als die Frauen seiner Art. Ungestüm und leidenschaftlich. Mitfühlend.
Ahnungslos, wie viele Tabus sie verletzte.
Seine Hand legte sich mit ausgebreiteten Fingern auf ihre Bauch. Er konzentrierte sich und verließ seinen Körper. Ihm stockte der Atem, und sein Herz schien zu schmelzen. Bewusst bewegte er sich um das winzige Lebewesen herum und ließ sein Licht und seinen Willen einen Herzschlag lang mit ihm eins werden. Er würde kein Risiko eingehen. Das hier war seine Gefährtin; diesen Anspruch würde er sich mit allen Mitteln, die ihm 358
zu Verfügung standen, sichern - durch die Verbindung von Blut und durch geistige Vereinigung. Niemand war so mächtig wie er. Dieses Mädchen gehörte ihm, ihm allein. Er würde durchhalten, bis sie volljährig war.
Raven holte ihn in die Wirklichkeit zurück. »Wir haben es geschafft, nicht wahr?«, sagte sie leise. »Es ist ein Mädchen.«
Gregori, der seine ganze Willenskraft brauchte, um seine Fassung zu bewahren, trat einen Schritt zurück.
»Nur wenige Karpatianerinnen tragen ihre Kinder bis zur Geburt aus. Die Kinder überleben nur selten das erste Jahr. Sei nicht zu sicher, dass wir gewonnen haben. Du brauchst viel Ruhe und musst gepflegt werden. Das Kind kommt zuerst. Byron würde dasselbe sagen. Mikhail muss dich weit weg von hier bringen, weg von dem Vampir und den Mördern. Ich werde auf die Jagd gehen und unser Volk von der Gefahr befreien, während sich dein Gefährte um dich kümmert.« Gregoris Stimme war leise und melodisch, wie klingendes Licht, das lockte und tanzte. Ruhig und begütigend und vernünftig und nahezu unwiderstehlich.
Raven musste den Zwang, seinem Wunsch nachzukommen, gewaltsam abschütteln. Sie sah ihn erzürnt an. »Versuch das bei mir lieber nicht, Gregori.«
Ihr Blick wanderte zu Mikhail. »Und du, du großer Tölpel, hättest ihn auch noch unterstützt! Pass gut bei diesen Kerlen auf, Shea. Sie würden einfach alles tun, um ihren Kopf durchzusetzen.«
Shea ertappte sich bei einem Lächeln. »Das ist mir auch schon aufgefallen.« Es war beruhigend zu sehen, dass Raven gelernt hatte, sich unter den Männern zu behaupten. Sie selbst war genauso willensstark.
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»Ich kann Byron nicht dem gleichen Schicksal überlassen wie Jacques«, beharrte Raven eigensinnig. Sie sah Shea Hilfe suchend an. »Wir können es nicht.«
Shea hatte mit eigenen Augen gesehen, wozu diese Schlächter in Menschengestalt fähig waren, und sie konnte Byron ebenso wenig einem solchen Geschick ausliefern, wie sie Jacques verlassen könnte. Sie nickte zustimmend. »Wenn wir Byrons Aufenthaltsort erst einmal entdeckt haben, könnt ihr Männer losziehen. Ich bleibe bei Raven und warte hier mit ihr auf euch .Der Vampir kann bei Tageslicht nicht heraus, und wir haben Waffen, falls die Menschen sich hier blicken lassen.«
»Wie auch immer, Mikhail, du kannst uns vor den Menschen beschützen, auch aus der Ferne«, erinnerte Raven ihn.
»Shea hat recht, Heiler«, meldete sich Jacques zu Wort.
Er war Byron etwas schuldig. Er konnte nicht zulassen, dass ein anderer genauso leiden musste wie er. Jacques sah Gregori an. »Du weißt, dass Raven und Mikhail Schwierigkeiten hatten, als sie mit Byron geistig in Verbindung traten. Was war das? Wie kann uns der Vampir in eine Falle locken?«
»Er hat Raven und mich über Byron festgehalten, was eine gewaltige Leistung darstellt«, gab Mikhail zu. Dann rieb er sich betreten das Kinn. »Ist es möglich,
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