Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
Lage, dieses Band zu festigen und das Kind, das seine Gefährtin sein würde, für alle Zeit an sich zu ziehen. Sie war an ihn gebunden, mit Herz und Seele, so wie er an sie gebunden war. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten fühlte er Hoffnung. Und für einen Karpatianer, dem das Geschick drohte, zu einem Vampir zu werden, war Hoffnung das Einzige, was blieb.
Shea verschloss die Wunde an Jacques' Hals mit einer sinnlichen Berührung ihrer Zunge und blinzelte ihn dann aus leicht verschleierten Augen an. Gleich darauf veränderte sich ihr Gesichtsausdruck, und sie stieß 425
Jacques von sich. Es lag nicht daran, dass er ihren freien Willen untergraben hatte; sie hätte auf jeden Fall sein Blut genommen, um Raven und dem Kind helfen zu können. Nein, es lag an der Art, wie er sie gezwungen hatte, ihm dabei zu helfen, ihren Feind zu töten. Ruhig und völlig unbewegt hatte er es ihr befohlen.
Du hast immer gewusst, dass ich Dämonen in mir habe, kleiner Rotschopf.
Shea fuhr mit einer Hand über ihr Gesicht und schob energisch ihr wildes Haar zurück, als könnte sie damit auch Jacques wegschieben. Ich habe geglaubt, du würdest dich wie ein Mann verhalten, nicht wie ein wildes Tier.
Es liegt in unserer Natur zu töten. Wir sind Raubtiere.
Auch wenn du nur versucht hast, mir das Leben zu retten, und überzeugt warst, Wallace töten zu müssen, hättest du nicht mich dazu benutzen müssen. Geh weg! Ich habe noch zu tun, und ich bin sehr müde.
Jacques wich ihr nicht von der Seite. Trotz des Regens war es draußen hell, und obwohl immer noch das Unwetter tobte, begann das Tageslicht ihren Augen zu schaden. Ihnen blieb nur wenig Zeit, ihr Werk zu Ende zu bringen; bald würden ihre Körper den ganz eigenen Schlaf ihrer Art einfordern. Er konnte Shea später davon überzeugen, dass er kein Monster war. Im Moment war es seine Aufgabe, die anderen zu beschützen, während sie ihrer Arbeit nachgingen.
Er überprüfte unablässig die Umgebung und ließ den Sturm über ihnen wilder und heftiger werden, sodass sich niemand in diese Gegend verirren würde. Er stützte Sheas schwankenden Körper und hatte ein Auge auf den Heiler, der grau und mitgenommen aussah. Was sie gerade machten, war Jacques ein Rätsel. Er war stolz, 426
dass Shea in der Lage war, ein derartiges Wunder zu vollbringen, und freute sich insgeheim, weil der Heiler ihre Hilfe brauchte.
Jacques wusste, dass Mikhail vor Sorge halb krank sein musste. Es war eine logische Entscheidung gewesen, dass er Byron in die heilende Höhle brachte und in die Erde bettete, bis der Heiler zu ihm kommen konnte.
Demzufolge musste Mikhail Raven aus größerer Entfernung am Leben halten, eine Aufgabe, die auf Dauer sehr anstrengend war. Und er würde derjenige sein wollen, der seine Gefährtin mit Blut versorgte und sie vor weiteren Gefahren beschützte.
Jacques fluchte leise. Drei Karpatianer hätten sich nie von ein paar Menschen hinters Licht führen lassen dürfen. Warum hatten sie nicht gespürt, dass die Männer sich nicht weit von der Hütte im Wald aufhielten?
Warum war die Bedrohung für Raven und Shea unbemerkt geblieben?
Sein Blick fiel auf Sheas Arm, der rot und mit offenen Wunden übersät war, und wieder fluchte er. Er war dazu verpflichtet, sie zu beschützen und glücklich zu machen.
Bisher hatte er kläglich versagt. Wie sollte er jemals die traumatische Erfahrung dieses Tages auslöschen und sie davon überzeugen, wie schön ihr gemeinsames Leben sein würde? Erst jetzt fiel ihm der Leichnam von Eugene Slovensky auf. Seufzend entfernte er sich von Shea, um den leblosen Körper auf seine Schultern zu hieven und draußen den Wölfen vorzuwerfen. Das Letzte, was Shea brauchte, wenn sie ihre kräftezehrende Operation beendet hatte, war der Anblick der grausigen Überbleibsel ihres Tötungsakts.
Jacques fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Erst 427
jetzt merkte er, wie müde er war. Alles an seiner Beziehung zu Shea ging schief. Er hatte ohne ihr Wissen oder ihre Zustimmung eine Karpatianerin aus ihr gemacht. Er hatte ihr bei dem schwierigen Prozess der Umwandlung nicht einmal geholfen. Schlimmer noch, er hatte sie misshandelt, wann immer sein zerrütteter Geist ausgesetzt hatte. Und um seinem langen Sündenregister noch mehr hinzuzufügen, hatte er sie dazu benutzt, einen Feind grausam umzubringen. Als Partner war er völlig ungeeignet.
Jacques versuchte, seine wiedererlangte Kraft dazu zu benutzen, um in seinem Gedächtnis nach der Zeit zu forschen,
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