Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
fürchtete den Tod weit weniger als persönliche Bindungen. Sie hatte wirklich keine Ahnung, dass sie bereits miteinander verbunden waren. Sie würde ihn brauchen, seine Nähe, seine geistige wie körperliche Gegenwart.
Ich spüre dein Verlangen, die menschlichen Bedürfnisse zu befriedigen, die dir anscheinend Spaß machen. Geh duschen.
Es eilt mir nicht damit, dass du meine Wunden untersuchst.
Shea blinzelte und sah ihn aus ihren grünen Augen nachdenklich an, bevor sie sich umdrehte und ins Nebenzimmer ging. Er versuchte, sie aufzumuntern, aber ihr lief es eiskalt über den Rücken. In seiner Stimme schwang etwas mit, das immer deutlicher zutage trat und sie beunruhigte, eine besitzergreifende Note, absolute Autorität. Sie hatte das Gefühl, dass Jacques allmählich 135
die Kontrolle über ihr Leben übernahm. Er war in ihren Gedanken, in ihrem Kopf. Er war überall, und sie ließ es zu.
Jacques lag still auf dem Bett und starrte an die Decke.
Shea war besorgt wegen der Art und Weise, wie sie auf ihn ansprach. Ihr Verstand faszinierte ihn, die Art, wie sie jedes Problem auf einer wissenschaftlichen oder intellektuellen Ebene statt auf einer emotionalen anging.
Er spürte das Lächeln, das gern um seine Mundwinkel gespielt hätte. Ja, er kannte sie sehr gut; er war oft in ihrem Bewusstsein. Er wollte auf keinen Fall riskieren, sie zu verlieren.
Sie hatte versucht, ihm Mut zu machen, indem sie von seiner Familie gesprochen hatte. Er hatte keine andere Familie als Shea. Und er wollte keine andere, brauchte keine andere. Sie hatte ihre Rolle noch nicht akzeptiert und beharrte darauf, vor allem seine Ärztin zu sein.
Heilen stand für sie an erster Stelle, die Forschung an zweiter. Er kannte sie und wusste, dass sie nie an eine langfristige Beziehung gedacht hatte. Sie rechnete nicht damit, alt zu werden, geschweige denn, ihr Leben mit einem anderen zu teilen. Die Vorstellung war ihr so fremd, dass sie noch nichts damit anfangen konnte.
Jacques lauschte auf das Wasser, das im anderen Raum lief, und wusste, dass es über Sheas nackte Haut perlte.
Unruhe regte sich in ihm, der Anfang eines anhaltenden schmerzhaften Ziehens. Es erstaunte ihn, dass sein Körper wieder zum Leben erwachte, dass er erste Anzeichen sexuellen Interesses wahrnehmen konnte. Er 136
hatte das unbestimmte Gefühl, so etwas seit vielen Jahrhunderten nicht mehr erlebt zu haben - und ganz sicher nicht mit einem so geschundenen Körper und zerrütteten Geist. Shea hatte ihm neues Leben geschenkt.
Mehr als das Leben. Mehr als das reine Dasein. Er konnte es nicht erwarten, das Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen, ihr Haar, das immer wild durcheinanderwogte und um seine Aufmerksamkeit zu betteln schien. Er liebte es, jede Geste zu beobachten, die sie machte, jede Bewegung, jede Wendung ihres Kopfes. Er mochte die Art, wie ihr Verstand arbeitete, zielstrebig und konzentriert, und er mochte ihren Humor und ihr Mitgefühl.
Jacques verfluchte seine körperliche Schwäche. Er brauchte dringend frisches Blut. Er zwang seinen Körper und seinen Geist, sich zu entspannen, und mobilisierte all seine Kraftreserven. Sein Kopf hämmerte vor Schmerzen. Dann hob er eine Hand und konzentrierte seine Kraft auf die Haustür. Sofort brannten seine Wunden wie Feuer. Fluchend ließ er sich auf die Kissen zurücksinken. Er konnte physikalische Kräfte nutzen, aber wenn er seinem Geist die einfachste Aufgabe stellte, brachte er es nicht zustande.
Das Erste, was er wahrnahm, war ihr Geruch, der Duft von Sauberkeit und Frische, der Duft von Blumen, den ihr Haar ver-strömte. Sie war so leise ins Zimmer gehuscht, dass er das Geräusch ihrer nackten Füße auf dem Boden nicht wirklich gehört hatte, aber geistig war er nie völlig losgelöst von ihr, und er wusste genau, in welchem Moment sie nach einem Badetuch gegriffen hatte und zu ihm gelaufen war.
»Was ist los, Jacques ? Hast du versucht, dich zu bewegen? Ist eine Wunde aufgebrochen?« Ihre Stimme 137
klang ängstlich besorgt, aber ihre Hände waren kühl und professionell, als sie seine Wunden untersuchte.
Das Badelaken war ein großes, blass pfirsichfarbenes Tuch aus Baumwolle, das sich eng an ihren schlanken Körper schmiegte. Als sie sich über ihn beugte, lief ein Wassertropfen von ihrer Schulter über die Wölbung ihrer Brüste und verschwand unter dem Badetuch. Jacques beobachtete den kleinen Tropfen und war auf einmal schrecklich durstig. Ihre Wimpern waren unglaublich lang, und ihr üppiger Mund
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