Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
Daran hast du dich erinnert.«
Sie ging nach nebenan. Er konnte hören, wie sie sich anzog, das leise Rascheln von seidener Unterwäsche und Baumwolljeans, die über ihre nackten Beine glitten. Sein Körper verkrampfte sich und stand in Flammen, und das Aufwallen von Hitze vergrößerte sein Unbehagen.
»Jacques?« Ihre Stimme war sanft und leise und huschte wie eine zarte Berührung über seine Haut und seine Nervenenden. »Du darfst nicht den Mut verlieren.
Theoretisch müsstest du eigentlich tot sein. Du hast alle Erwartungen übertroffen.« Sie kam ins Zimmer zurück und nibbelte sich mit einem Handtuch die Haare trocken.
»Du hast gedacht, ich gehöre zu deinem Volk, zu den Karpatianern. Wer ist das? Kannst du dich erinnern?«
Ich bin Karpatianer, Wir sind unsterblich. Wir können . . .
Mehr fiel ihm nicht ein, und er brach unvermittelt ab.
Shea lehnte sich an die Wand und starrte ihn wie gebannt an. Ihr Mund war auf einmal trocken, und ihr Herz schlug heftig in ihrer Brust. »Was soll das heißen, Jacques? Ihr lebt ewig?« Was war er? Und warum fing sie an, ihm zu glauben? Sieben Jahre lebendig begraben. . .
Überlebt mit dem Blut von Ratten. . . Sie hatte das rote Glimmen in seinen Augen mehr als ein Mal gesehen.
Und obwohl er schwer verletzt war, konnte sie seine ungeheure Kraft spüren.
Ihre Hände, die das Handtuch festhielten, zitterten so stark, dass sie sie hinter ihrem Rücken versteckte.
Vampire. Das Wort ging ihr wie von selbst durch den Kopf. »Das ist nicht wahr«, widersprach sie mit erstickter Stimme. »Das ist unmöglich. So bin ich nicht. Ich glaube dir nicht!«
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Shea. Seine Stimme war beherrscht und fest, doch Shea ließ sich nicht beruhigen. Er brauchte all seine Erinnerungen, nicht diese vereinzelten Stücke und Teile, die ihn so frustrierten.
»Jacques, du könntest ein Vampir sein. Ich bin so durcheinander, dass ich beinahe alles glauben könnte.
Aber ich bin nicht so.«
Sie sagte es eher zu sich selbst als zu ihm. Jede einzelne schaurige Vampirgeschichte, die sie je gehört hatte, fiel ihr wieder ein. Ihre Hand stahl sich zu ihrem Nacken, als sie sich daran erinnerte, wie brutal er ihr bei ihrer ersten Begegnung ihr Blut genommen hatte. Er hätte sie beinahe getötet.
»Du hast es nicht getan, weil du meine Hilfe gebraucht hast«, erkannte sie plötzlich leise. Wie sehr sie sich daran gewöhnt hatte, dass Jacques ihre Gedanken las! Sie ging ja sogar einfach davon aus, dass er wissen würde, wovon sie sprach. Kontrollierte er sie ständig? Waren Vampire dazu nicht in der Lage?
Jacques lag regungslos da und beobachtete sie unverwandt aus seinen eisigen schwarzen Augen. Er konnte ihre Furcht in seinem Mund schmecken, konnte fühlen, wie sie ihr Inneres beherrschte. Aber obwohl Shea Angst hatte, verarbeitete ihr Gehirn in bemerkenswertem Tempo Informationen. Dass sie ihre Emotionen verdrängte und sich ausschließlich auf das Rationelle konzentrierte, war ein Schutzmechanismus. Er hatte ihr Einblick in seine dunkle Seite gewährt, in seine Gewalttätigkeit, etwas, das für ihn so selbstverständlich war wie zu atmen. Früher oder später würde sie sich dem, was und wer er wirklich war, stellen müssen.
Shea fühlte sich von seinen unerbittlichen, leeren 142
schwarzen Augen wie hypnotisiert, wie ein Kaninchen in der Falle. Aber obwohl sie starr vor Angst war, drängte es sie, zu ihm zu gehen, als stünde sie unter einem seltsamen Zwang. »Antworte mir, Jacques. Du weißt genau, was ich denke. Antworte mir.«
Nach sieben Jahren voller Schmerzen und Hunger, kleiner Rotschopf, nach Foltern und Qualen, wollte ich dir dein Blut nehmen.
»Mein Leben«, korrigierte sie tapfer. Sie brauchte alle Teile des Puzzles.
Er starrte sie aus den wachsamen Augen eines Raubtiers an.
Shea schlang nervös die Finger ineinander. Er sah wie ein Fremder aus, wie ein unbesiegbares Wesen ohne Gefühle, nur von eiserner Entschlossenheit und den Instinkten eines Killers beherrscht. Sie räusperte sich.
»Du hast mich gebraucht.«
Ich hatte nur einen Gedanken: Nahrung. Mein Körper erkannte deinen, bevor mein Geist dies vermochte.
»Das verstehe ich nicht.«
Sowie ich in dir meine Gefährtin erkannte, war mein erster Gedanke, dich dafür zu bestrafen, dass du mich diesen Qualen ausgeliefert hattest, und dich dann für immer an mich zu binden.
Shea witterte Gefahr, ließ aber nicht locker. »Wie hast du mich an dich gebunden?«
Durch unseren Blutaustausch.
Ihr Herz hämmerte schmerzhaft.
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