Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
wobei sich die harten Linien seines Mundes zu einem sehr sinnlichen Lächeln verzogen. Nur eine Frau ist nicht vor mir sicher.
Du.
Sie lachte. »Ich glaube, ich kann froh sein, dass du noch nicht aufstehen kannst. Die Sonne wird bald aufgehen, und ich muss die Hütte vor dem Tageslicht abschotten.
Schlaf noch ein bisschen. Ich bin hier, wenn du aufwachst.« Shea klopfte auf den einzigen bequemen Sessel, den sie besaß.
Du wirst neben mir liegen, wo du hingehörst, t eilte er ihr mit.
Shea schloss sorgfältig die Fensterläden und verriegelte sie. Sie achtete immer gut darauf, ihr Heim abzusperren.
Tagsüber war sie sehr angreifbar. Schon jetzt spürte sie, wie ihr Körper sich langsamer bewegte, schwerfälliger und müder wurde.
Ich will, dass du neben mir liegst. Seine Stimme war eine einzige Liebkosung, sie klang verlockend und sehr beharrlich.
»Ich denke, du kommst allein zurecht«, gab sie zurück und vermied es dabei, ihm in seine dunklen, hypnotischen Augen zu schauen. Stattdessen schaltete sie 127
den Computer und den Generator aus und sperrte die Tür ab.
Ich habe Albträume, kleiner Rotschopf. Die einzige Möglichkeit, sie in Schach zu halten, besteht darin, dich an meiner Seite zu haben. Er klang sehr ernst und unschuldig - und hoffnungsvoll.
Shea ertappte sich bei einem Lächeln, als sie ihm eine weitere Dosis Blut eingoss. Allmählich hatte sie den Eindruck, dass der Teufel selbst vor ihrer Türschwelle aufgetaucht war. Jacques war die verkörperte Versuchung. »Ich habe vor nicht allzu langer Zeit einen Pfahl aus deinem Herzen entfernt, und du hast dort eine tiefe Wunde. Wenn ich mich im Schlaf bewege und dich anstoße, kann die Wunde aufbrechen und wieder zu bluten anfangen. Das willst du doch nicht, oder?«
Er nahm ihr den Behälter aus der Hand und legte seine Finger an derselben Stelle aufs Glas, wo ihre Finger gewesen waren. Immer wieder machte er so etwas, intime Gesten, die tief in ihrem Inneren ein leichtes Flattern wie von Schmetterlingsflügeln auslösten. Es war nicht mein Herz, Shea. Sie haben
mich nicht am Herzen erwischt, wie sie es vorhatten. Es ist immer noch in meiner Brust - kannst du es nicht hören ? Dein Herz schlägt im seihen Rhythmus, damit es sich meinem anpasst.
»Warst du ein Casanova, bevor sie dich begraben haben?«, fragte sie ihn und warf ihm über die Schulter ein übermütiges Lächeln zu. Dann vergewisserte sie sich, dass ihr Gewehr gereinigt und geladen war. »Du sollst das Glas austrinken, Jacques, nicht festhalten. Und dann schläfst du noch ein bisschen. Je mehr du dich ausruhst, desto schneller wirst du wieder gesund.«
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Du gibst dich als meine Ärztin, wenn ich dich als meine Ge-fährtin an meiner Seite brauche. Wieder war seine Stimme die reine Versuchung.
»Trink, Jacques.« Sie versuchte, streng zu klingen, aber das war unmöglich, wenn er sich so verzweifelt nach ihrer Nähe sehnte.
Ich bin verzweifelt.
Sie schüttelte den Kopf. »Du bist unmöglich.«
Er versuchte, das Glas an seinen Mund zu heben, doch sein Arm schwankte. Ohne deine Hilfe schaffe ich das nicht, Shea. Ich bin zu schwach.
»Und das soll ich dir glauben?« Sie lachte laut, ging aber I trotzdem zu ihm. »Du warst stark genug, mich mit einer Hand hochzuheben, als ich dich fand. Schau mich nicht so erbarmungswürdig an, Jacques, das funktioniert nämlich nicht.«
Doch es funktionierte. Er brauchte es, von ihr berührt zu werden, ihre Hand in seinem Haar zu spüren, und sie strich wie von selbst über seine dichte Mähne, wobei ihre Finger unwillkürlich verharrten, als würde sie die Berührung genauso genießen wie er. Jacques nahm ihr die Waffe aus der Hand und zog Shea neben sich, ebenso hungrig nach der Wärme, die sie aus- strahlte, wie nach der Nahrung, die sie ihm bot. Ihr zarter Duft kitzelte ihn
- der Duft des Waldes, der Blumen und der Nacht selbst.
Er legte einen Arm um sie und zog sie an sich. Sie entspannte sich und ließ zu, dass sich ihre Wimpern senkten.
Shea, die körperlich unter dem Tageslicht litt, fiel in einen unruhigen Schlaf. Jacques lag regungslos neben ihr, einen Arm besitzergreifend um ihre Taille geschlungen.
Mehrmals während der Nachmittagsstunden versuchte 129
sie, zu sich zu kommen, aber es war unmöglich. Einmal hörte sie draußen vor der Hütte ein Geräusch, und ihr Herz schlug vor Schreck schneller, aber sie brachte gerade eben die Kraft auf, um nach der Pistole zu greifen, die unter dem Kissen lag. Sie wusste, dass sie für
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