Karparthianer 04 Magie des Verlangens
dir die Wahrheit zu zeigen, doch du kannst sie nicht sehen. Du hängst an einer Illusion, die sich durch nichts ersetzen lässt.«
Unbeirrbar setzte Savannah ihre entspannende Massage fort.
»Und du sollst nun angeblich der klügste aller Karpatianer sein? Mein Liebster, du bist derjenige, der eine Illusion aufrechterhält, von dir selbst und auch von mir. Sicher, ich bin noch sehr jung, vor allem im Vergleich zu dir. Aber ich bin zuallererst eine Karpatianerin - und deine wahre Gefährtin.«
Savannah beendete die Massage, und Gregori empfand den Verlust ihrer Berührung als schmerzlich. Wieder benutzte sie warmes Wasser, um ihm das Shampoo aus dem Haar zu spülen.
»Noch bevor ich geboren wurde, erinnere ich mich an schreckliche Schmerzen. Meine Mutter und ich litten beide darunter, und du kamst zu mir, als ich gerade beschlossen hatte, mich für immer von den Schmerzen zu befreien. Du umgabst mich mit Trost und Wärme.«
»Savannah«, stöhnte Gregori wieder und bedeckte sein Gesicht mit den Händen. »Ich habe dich bewusst an mich gebunden.«
»Du hast dein Blut gegeben, um mein Leben zu retten, meine Wunden geheilt und mir von den Wundern erzählt, die in unserer Welt auf mich warteten. Als ich gerade anfing zu krabbeln, kamst du als mein Wolf zu mir. Jede Nacht ver-278
schmolzen unsere Gedanken, unsere Seelen miteinander. Und als ich dann heranwuchs, teilten wir alles miteinander.«
»Du konntest mich nur akzeptieren, weil ich dich dazu brachte.«
»Siehst du, das ist eben der Irrtum, Gregori. Ich habe deine Gedanken gelesen und weiß, wer du bist. Vielleicht besser als du selbst. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich das alles begreifen konnte, weil ich mich so sehr vor unserer Verbindung fürchtete.
Sie erschien mir viel zu eng und stark. Ich hatte Angst, mich zu verlieren und ganz in die Hände einer stärkeren Persönlichkeit zu geben.« Savannah begann, Gregoris Rücken einzuseifen, in langsamen kreisenden Bewegungen. »Zuerst verstand ich die Zusammenhänge nicht. Meine Erinnerungen an die Begebenheit vor meiner Geburt, die Erinnerungen an meinen Wolf, meinen Freund, der mich so glücklich machte. Mir fiel gar nicht auf, wie leicht und natürlich unsere geistige Verbindung für mich war, und ich dachte nicht darüber nach, warum ich nie die Gesellschaft eines anderen brauchte oder suchte. Ich verstand das alles erst, als ich feststellte, dass unsere geistige Verbindung vollkommen war. Ich kann in deine Gedanken schlüpfen, ohne dass ich mir darüber bewusst werde. Nicht einmal du merkst es. Und du hast auch nicht bemerkt, dass du in der Zeit, die du in meiner Kindheit mit mir verbrachtest, inneren Frieden gefunden hast. Aber ich fühlte es, Gregori, ich sah es in deine Gedanken. Betrachte deine Erinnerungen, dann stellst du es selbst fest. Deshalb war es auch so schwer für dich, als ich mich so kindisch benommen habe und nach Amerika geflohen bin. Du siehst Farben, Gregori, auf die du viele hundert Jahre lang verzichten musstest. Ich weiß, wie leuchtend und lebendig sie dir erscheinen. Nur deine wahre Gefährtin konnte dir dieses Geschenk machen. Deine unsinnigen Schuldgefühle lassen dich blind für die Wirklichkeit werden.«
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Warmes Wasser lief Gregori den Rücken hinunter. Savan-nah ging um ihn herum und kniete sich vor die Wanne. Als sie sich vorbeugte, bildete ihr schwarzes Haar den perfekten Rahmen für ihr schönes Gesicht. Das Hemd öffnete sich und gab den Blick auf ihre sinnlichen Kurven frei. Eine rosige Brustspitze verlockte Gregori, und es gelang ihm nur mit Mühe, den Blick abzuwenden. Savannah seifte seine Brust ein. »Ich bin bei dir, wenn du auf die Jagd gehst. Wenn du tötest. Ich bin mit dir verbunden und teile deine Gedanken. Keine andere Frau könnte das tun, denn ich bin die einzige Gefährtin für dich. Ich bin wie ein Schatten in deinen Gedanken, so vertraut, dass du meine Anwesenheit gar nicht bemerkst.«
Savannah goss warmes Wasser über seine Brust und schäumte dann mehr Seife in ihren Handflächen auf. Sie neigte den Kopf zur Seite und betrachtete Gregoris harte Züge liebevoll. »Du empfindest nichts auf der Jagd. Das weiß ich nicht aus deinen Erzählungen, sondern weil ich bei dir bin. Was würdest du denn fühlen wollen? Trauer? Reue? Seit beinahe tausend Jahren jagst du Vampire. Du warst dazu gezwungen, Freunde und Familienangehörige zu töten, und musstest mit allem allein fertig werden, weil du keine Gefährtin hattest. In der einsamen, kalten Welt,
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