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Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Titel: Karpfen, Glees und Gift im Bauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Rosenzweig
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waaß ja nix Genaus, gell. Mer red ja bloß.«
    »Ach, is dees schee do, bei uns, gell?« Die Röttenbacher lieben ihre Heimat. Kein Wunder, ihr schmuckes Dorf liegt inmitten des lieblichen Aischgrunds, der von dem Städtedreieck Nürnberg, Bamberg und Neustadt an der Aisch eingerahmt wird. Ein wahres Naturparadies, in dem die Welt noch in Ordnung ist. Ein Rutsch quasi, und man erreicht die alte Kaiserstadt Nürnberg und Forchheim, das Eingangstor zur Fränkischen Schweiz. Sieben fränkische Bierkeller liegen in Reichweite. Mit dem Fahrrad oder gar zu Fuß bequem erreichbar. »Wassd du dees scho, dass aufm Kaiserkeller in Forchheim des Schäuferla bloß vier Euro und vierzich Send kosd?« »Ja, und in der ›Frängischn Gasdschdubn‹ hamms jedn Donnerschdooch an ›XXL-Schnidzldooch‹. Fier fimbf Euro sechzich grigsd a Schnidzl, su groß wie a Abborddeggl.« Ja, das Preis-Leistungsverhältnis ist noch intakt, in der einheimischen Gegend. Man muss nur wissen wohin.
    Neben der Tirschenreuther Pfanne und der Lausitz ist der Aischgrund eines der bekanntesten Teichbaugebiete Deutschlands, mit einer Fläche von circa 3.500 ha und ungefähr 6.000 künstlich geschaffenen Fischteichen. Manche größer, manche winzig klein. Anderswo selten gewordene Pflanzen fühlen sich im Aischgrund immer noch wohl. Störche, Reiher Kormorane, Rotmilane, Drossel- und Teichrohrsänger, Zwerg- und Schwarzhalstaucher genießen das reichhaltige Futterangebot in den Feuchtwiesen und in den zahllosen Fischteichen. Das Beste aber sind die Aischgründer Spiegelkarpfen, die in den Monaten mit »R« – also von September bis April – in Butterschmalz gebacken, oder »blau« gedünstet, auf die Teller der einheimischen Gaststätten kommen. Das wertvolle Eiweiß und die gesundheitsfördernden Omega-3 Fettsäuren spielen dabei eine eher untergeordnete Rolle. Der ausgezeichnete Geschmack des Fisches, wenn er aus dem siedenden Butterschmalz gezogen wird, ist es, der die Einheimischen wie auch die Städter aus Erlangen, Fürth und Nürnberg an die Tische der zahlreichen Wirtshäuser lockt.
    Und auch sonst gibt es in Röttenbach fast alles: ein intaktes Vereinsleben mit großzügigen Freizeitangeboten, eine Vielzahl ortsansässiger Handwerksbetriebe, Geschäfte aller Art, Schulen, Ärzte, Kindergärten, diverse Gaststätten, Bäckereien und Metzgereien, ein Fitnesszentrum, eine Poststelle mit Videothek, einen Baumarkt, eine katholische und evangelische Gemeinde und vieles mehr. Nur eines gibt es nicht: einen Lebensmittel-Frischemarkt – und hier beginnt unsere Geschichte. Der frühere Einkaufs-Markt war zu klein, nicht mehr standesgemäß und nicht weiter ausbaufähig und wurde deshalb bereits vor Jahren geschlossen. Doch nun hieß es, die Gemeindeverwaltung verhandle mit einem interessierten Investor. Das würde sich aber noch hinziehen! Wer weiß, wie lange noch … Gemäß dem Motto: »Alles gehd, bloß die Fresch hubf’n« übten sich die Röttenbacher, wie immer, weiterhin in Geduld.

    Verhandlungen

    Wie so oft in den Vorjahren, waren die Weißstörche auch dieses Frühjahr wieder sehr früh aus ihrem Winterquartier zurückgekehrt. Die Nestsäuberung, hoch oben auf dem Schlot der ortsansässigen Brauerei Sauer erledigten sie bereits im Februar, als die Menschen, unten in den Straßen, noch gegen die Schneemassen dieses kalten und schneereichen Winters ankämpften. Schneeschieber waren längst zu einer ausverkauften Rarität geworden, und die Streusalzvorräte des Gemeindebauhofs waren aufgebraucht. Nestreinigung im Februar? Klar! Die Röttenbacher Störche überwinterten schon seit Jahren nicht mehr in Afrika. Warum auch, wenn der Nürnberger Tiergarten gerade mal 30 km Luftlinie entfernt liegt? Da hatten die Störche die gleiche Meinung, wie die Einheimischen: »Afriga had die Kadz gfressn!«
    Im Nürnberger Zoo gab es täglich frisches Fressen. Das Vogelhaus bot Schutz und Wärme während der frostigen Tage und klirrend kalten Nächte. Zudem war man unter Seinesgleichen. Ende Februar, als die Sonne tagsüber immer kräftiger wurde und sich auch bei den Menschen die ersten, hoffnungsvollen Frühlingsgefühle einstellten, unternahm die Störchin die ersten Erkundungsflüge nach Röttenbach. Hoch oben, am Himmel kreisend, inspizierte sie aus der Ferne, erstmals nach dem langen, kalten Winter, ihr Nest. Es schien alles okay zu sein. Ein paar Tage später, um die Mittagszeit, landete sie mit ihrem Gemahl auf dem gemeinsamen Horst. Graziös bogen die

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