Karpfen, Glees und Gift im Bauch
Schorsch die Zech had zahln missn, weil mier beim Bedzn rausdanzn gwunna ghabd hamm, hadd’er zu mier gsachd: ›So, edz hammer zwoar gwunna, abber du waßd scho, dass dees fier miech heid deier werd. Do hobber mer dengd, dass iech diech heid aufd Nachd ruhich amol bimbern kennd. Dassi aa a weng wos vo der ganzn Sach hab‹. Wennsd maansd, habbi zuna gsachd, griegsdn ieberhabd nu an hoch? Su bsuffn wie du scho bisd.«
»Und?«, wollte die Retta wissen.
»No, im Wald hammers dann driebn«, klärte sie die Kunni auf. »Iech muss heid nu dro dengn. Die Schnoogn hammi dodal zammgschdochn. Die Danna- und Fichdnnadln aa. Die Ameisn semmer im Orsch rumgrabbld und dann hads aa nu des Renga ogfangd!«
»Schee!«, kommentierte die Retta, »ja, ja, diee Zeidn sen vorbei!«
Die Musikanten und die Kirchweihpaare hatten sich zwischenzeitlich wieder formiert. Die Blaskapelle stimmte zum Abmarsch an: k Dahumbdada, dahumbdada … Die Meute setzte sich in Bewegung.
»Mier dringn aa nu ans, Gusdav!«, blies auch Alois Holzheimer zum Aufbruch.
»Wennsd moinst«, ließ sich Gustav Haeberle überreden, und gemeinsam schlossen sie sich dem Musikzug an.
»Kumm Kunni, aa Moß kenna mier aa nu dringn, bevor der Dadord los gehd. A halber Rausch is a nausgworfns Geld!«
Vermisst
Am Kirchweihmontag, früh um zehn Uhr herrschte in der FORMA helle Unruhe. Filialleiter Geldmacher war nicht gekommen. Sein blauer Ford Focus stand in der hintersten Ecke des Parkplatzes. Der Chef fehlte. Das war ein Ding der Unmöglichkeit. Der Chef war immer der Erste. Tagtäglich saß er bereits um sieben Uhr in seinem Büro. Zumindest in den letzten dreiundzwanzig Jahren. Damals wurde er auf dem Weg in die Firma von einem Pkw angefahren. Aber selbst damals saß er mit Kopfverband und Armschlinge um neun Uhr wieder an seinem Arbeitsplatz. Um halb elf schlug die Unruhe in Panik um. Es musste etwas sehr Ernsthaftes geschehen sein! Ein Beinbruch? Unmöglich! Der Chef hätte sich auf Krücken zum Arbeitsplatz geschleppt. Ein Lottogewinn? Nicht vorstellbar! Johann Geldmacher verachtete Glücksspiele als ein Werkzeug des Teufels. Eine ansteckende Krankheit vielleicht? Konnte auch nicht sein! Der Boss kurierte alle seine Krankheiten am Arbeitsplatz aus. Eine Frauengeschichte? Igitt! Der Chef ist überzeugter Single und hatte noch nie eine Frauengeschichte. Kochen, Putzen, Wäsche waschen, bügeln, konnte der Chef selbst. Dazu brauchte der Chef keine Frau. Das andere, was auch zu einer heterosexuellen Beziehung gehörte, war für ihn nur schmutziges Zeugs. Eigentlich hätte der Chef auch katholischer Pastor werden können. Zum stellvertretenden Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates hatte er es zumindest schon gebracht.
Als um elf Uhr noch immer kein Lebenszeichen von ihm zu vernehmen war, wurde die wamperte, pausbäckige Rosi Bierlein mit dem Dienstfahrrad losgeschickt, um nach ihm zu sehen. Rosi hatte ein kleines Geheimnis, welches außer ihr nur der »Herr Diregder« kannte und auf welches sie sehr stolz war. Auf ihre ausladenden Hinterbacken hatte sie sich ein extrem außergewöhnliches Tattoo stechen lassen. Dieses zeigte Dornröschen und den Prinzen bei eindeutigen, sexuellen Handlungen. Natürlich wähnte sich Rosi in ihrer Phantasie immer als das Dornröschen.
»Wo wohnd denn der Herr Diregder Geldmacher ierberhaubd?«, wollte sie vom stellvertretenden Filialleiter Ambrosius Fuchs wissen. »Na drobn, Auf der Höhe 95. Edz schdell diech doch ned su debberd oh und foahr endli los!« »Wos solln iech machen, wenn der Herr Diregder ned dahamm is und kaaner aufmachd?«, lies Rosi Bierlein nicht locker. »Na, dann kummsd hald widder, alde Dolln, odder willsd vor der Hausdier iebernachdn?«, erhielt sie zur Antwort. Ambrosius Fuchs hielt seine Emotionen zurück.
Dann radelte sie los. Nein, Rosi jagte los. Wie eine Rakete schoss sie vom Parkplatz links abbiegend in denGewerbering . Im Verkehrskreisel überholte sie einen Fiat 500und jagte kurz danach einen Fußgänger vom Zebrastreifen. Als sie am Autohaus Igel vorbeirauschte, hatte sie eine Geschwindigkeit von vierzig Stundenkilometer drauf. Das Abbiegen rechts in die Mühlbergstraße schaffte sie mit großer Mühe. Fast wäre sie auf der linken Seite in ein massives Geländer gerast. Ein Zwanzigtonner hatte einen geringeren Wendekreis als Rosi auf dem Fahrrad. Nun ging es etwas bergan. Rosi schaltete in den dritten Gang und trat in die Pedale. Als von links die Erlenstraße einmündete, ging Rosi die Luft aus.
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