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Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Titel: Karpfen, Glees und Gift im Bauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Rosenzweig
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Sie stieg ab. Ihr Kopf leuchtete wie eine rote Ampel, und sie schwitzte wie verrückt. Hechelnd schob sie ihr Zweirad links in den Eichenring und setzte dann ihre Fahrt fort, bis sie rechts Auf der Höhe erreichte.
    Drei Minuten später kam sie am Haus ihres obersten Chefs an. Sie lehnte ihr Dienstfahrrad an den Gartenzaun und trat beherzt an die Haustüre. Was sollte sie überhaupt sagen, wenn der Herr Diregder die Tür öffnete? Sie legte sich ihre Worte zurecht:
    »…, und deshalb, sehr geehrter Herr Diregder, endschuldigns Iehna, dass iech Sie schdern du, dees dud mer a ganz furchdbar Leid. Abber der Fieze-Diregder, der Herr Ambrosius Fux, had gmaand, es däd besser sei, wenn iech midn Fohrrood losfoahrn und nach Iehna amol schaua däd, derweil dees bei Iehna nu niemals ned vorkumma is, dass Sie ned scho ummara Achda – iech maan vor Achda – ned scho im Gschäfd dädn gwesn sei, iech maan …«
    Sie drückte den Knopf der Türglocke. »Ding Dong, Ding Dong«, ertönte es im Innern des Hauses. Rosi Bierlein wartete. Drei Minuten vergingen. Verdammt, warum machte der Chef nicht auf? Hatte er das Klingeln nicht gehört? »Ding Dong, Ding Dong, Ding Dong«, erschall es erneut im Haus.
    »Endschuldings Herr Diregder, dass’i scho widder glingld hob. Anscheinds hams mei erschdes Glingln ned gherd. Es dud mier Leid, dass iech Sie schdern du, abber der Fieze-Diregder, der Herr Ambrosius Fux, had gmaand, es däd …«
    Nach einer halben Stunde und nachdem Rosi Bierlein zum fünften Mal die Türglocke betätigt hatte und der Herr Direktor Geldmacher noch immer nicht erschienen war, obwohl sie ihr Sprüchlein zwischenzeitlich auswendig gelernt hatte, schwang sie sich wieder auf ihr Dienstfahrrad und jagte den Berg hinunter. Fast hätte sie, nachdem sie von der Mühlbergstraße in die Hauptstraße abgebogen war, einen Fußgänger auf dem Zebrastreifen überfahren.
    »Bass doch auf, wusd hie fähsrd, du wamberde Dolln! Hosd ned gsehgn, dass die Ambl rod is?«, rief er ihr erbost nach. »Alde Leid zammfoahrn, dees kennd’er, abber zum Ärwerdn seid’er zu faul. Dees hädds beim Adolf ned gebn!«
    Rosi hörte das Schimpfen des Rentners nicht mehr. Sie hetzte bereits am Autohaus Igel vorbei und bog drei Minuten später wieder in den Gewerbering ein.
    Vor der FORMA stieg sie in die Bremse, dass die Reifen qualmten und stieg völlig außer Atem von ihrem Fahrrad ab. »Wu woarsnd du so lang?« empfing sie Ambrosius Fuchs. Die restlichen Angestellten standen um ihn herum.
    »Fimbf Mal, fimbf Mal«, begann sie und holte dabei tief Luft.
    »Was is mid fimbf Mal? Edz red hald scho!«, drängte der stellvertretende Filialleiter.
    »Fimbf Mal habbi glingld«, sprudelte es aus Rosi Bierlein heraus.
    »Ja, und?«
    »Nix ja und!. Ka Sau had aufgmachd! Kaans daham!« »Hosd im Gardn aa nachgschaud?«, wollte Herr Fuchs wissen.
    »Na, dees habbi ned gmachd. Iech kann doch ned so mier nix dier nix in den Gardn vo dem Herrn Diregder neidaggln!«
    «Warum denn ned?«, wollte Ambrosius Fuchs wissen.
    »No, es kennerd doch sei, dass der Herr Diregder naggerd in seim Gardn schdehd. Do däd iech ja dem sei Indiemsfähre verledzn.«
    »No fraali, Rosi, unser Scheff schdehd um elfa naggerd in seim Gardn! Dees kann aa bloß dier eifalln!«
    Ambrosius Fuchs entledigte sich wütend seines Arbeitsmantel und schwang sich hinter das Steuer seines VW Polo. Er startete den Motor und machte sich selbst auf den Weg zu Auf der Höhe 95 . Zehn Minuten später kam er ratlos zurück. Keine Spur von Johann Geldmacher. Jeder der Angestellten machte sich ernsthaft Sorgen um den Chef.
    Nur Rosi Bierlein verkannte den Ernst der Lage. »Es werd scho widder wern, mid der Fraa Kern, mid der Fraa Horn is aa widder worn«, philosophierte sie.
    Der »Krumme«

    Am Dienstag hatten sich die Kirchweihburschen noch etwas ganz Besonderes ausgedacht. Sie hatten mit Spanngurten und Ketten einen »Krummen«, einen ganz bewusst krummwüchsigen Möchtegern-Kirchweihbaum an die siebenundzwanzig Meter hohe, stattliche Kirchweihfichte angebunden. Natürlich hatten sie den Krummen auch geschmückt. Mit allem was sie an Überbleibsel und Unrat der vier Kirchweihtage fanden: Einen roten Regenschirm, dessen Gestänge auch schon bessere Zeiten gesehen hatte, hängten sie in die Spitze des Krummen. Der Geger – die alte Bratheringsdose – hing an einem unteren Zweig. Eine weiße Damenunterhose, Größe 52, hatten sie mit einem Wäschezwicker befestigt. Der vermutlich dazugehörige BH

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