Karpfen, Glees und Gift im Bauch
Nierenversagen ein. Hubsi verfiel ins Koma. Der Hausarzt war völlig ratlos. Es war bereits zu spät für jegliche ärztliche Hilfsmaßnahmen. Am zehnten Tag versagte die Leber ihre sämtlichen Dienste. Nachmittags um halb drei verstarb Hubertus Sapper, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben.
Das plötzliche Ableben des Hubertus Sapper war ein Rätsel. Der den Totenschein ausstellende Arzt bestand auf einer Obduktion. So kam Hubsis Leichnam in die Pathologie nach Erlangen. Der untersuchende Arzt, Dr. Niethammer, stellte zweifelsfrei eine Vergiftung durch die Einnahme eines Pilzgerichts fest. »Eine typische Verwechslung des Waldchampignons mit dem Grünen Knollenblätterpilz«, erklärte er Kommissar Gerald Fuchs. »Wenn die ersten Symptome übersehen und im frühen Stadium der Pilzvergiftung kein Arzt einbezogen wird, ist der Grüne Knollenblätterpilz absolut tödlich. Sie müssen sich das folgendermaßen vorstellen, Herr Kollege: Bereits geringe Mengen des Pilzes bewirken, dass die Magenschleimhäute zu große Mengen an Magensekret absondern. Die Tätigkeit der Magenmuskeln nimmt zu, was zu heftigem Erbrechen führt. Das Gift bewirkt eine Reizung des Dünndarms. Es kommt zu Durchfällen mit starker Verwässerung. Wasserverlust und eine Verdickung des Blutes, sowie eine Verknappung des Kochsalzgehalts sind die Folge. Der Blutzuckerspiegel sinkt drastisch. So schädigt das Blut die Leberzellen und deren Funktionen. In Folge vergrößert sich die Leber und verfettet hochgradig. Auch die Nierenkanäle, die Herzmuskeln und die übrigen Körpermuskeln werden geschädigt. Somit produziert die Galle zu wenig Sekret. Die Regulierung des Feststoffwechsels ist stark beeinträchtigt. Kreislaufstörungen sind die Folge. Die Muskeln der Gefäße, welche Druck auf das Blut ausüben erschlaffen. Das Blut in den Gefäßen steht nicht mehr unter Spannung. Das Herz pumpt weiterhin Blut in die Gefäße, doch es staut sich und wird nicht mehr zum Herzen zurückgeführt. Der Puls wird schwächer und schwächer. Der Blutdruck sinkt. Das Aussehen des Patienten verfällt rapide. Er wird leichenblass und meist bewusstlos. Die Augen sinken ein und das Herz versagt schließlich völlig. All diese Merkmale, die ich Ihnen eben geschildert habe, sind bei Hubertus Sapper eingetreten. Zudem hat seine Witwe bestätigt, dass der Verstorbene, kurz vor dem Auftreten der ersten Beschwerden, selbst gesammelte Pilze verzehrt hat. Somit schließt sich der Kreis. Tod durch Fremdverschulden schließe ich so gut wie aus.«
Zweifel
Veronika Sapper, die trauernde Witwe, saß mit verheulten Augen am Tisch in Kunigunde Holzmanns Küche. Auch Margarethe Bauer war gekommen, um die ganz in Schwarz gekleidete Witwe zu trösten, und schenkte ihr eine Tasse dampfenden Kaffees ein.
»Iech hab mein Hubsi umbrachd und habs ned amol gwissd!« Ein neuer, heftiger Weinanfall schüttelte die Hinterbliebene. Die Kunni reichte ihr ein Taschentuch. Veronika schnäuzte Rotz und Wasser. Dicke Tränen kullerten ihr aus ihren rot verheulten Augen über die Wangen. Sie schüttelte immer wieder den Kopf. »Iech verschdeh dees ned! Mei Moo had doch all die Bilsn kennd! Seid mehr als dreisg Joahr gehd der in den Wald und huld si sei Lieblingsschbeis. Nu nie is was bassierd! Der had genau gwissd, wu‘er Rodkabbn, Birgnbils, Bfiffer odder Schdaabils find. Jede Eggn hadder kennd. Auf amol soll der gifdiche Gnollnblädderbils in seim Korb ghabbd ham? Dees dscheggi ned! Iech hobs ja ned kennd, die Bilsn. Iech hobs ja bloß fierna kochd, weilers doch su gern gessn had, mei Hubsi. Und wie hadder si jedes Mal gfreid, wenns am Disch gschdandn sen, mid Servijeddnglees und aaner Rahmsoß. ›Waggerla‹, hadder dann immer gsachd, ›du glabbsd gor ned, wie mier dees schmeggd!‹«
Veronika Sapper sah die beiden Witwen mit großen, fragenden Augen an. »Dees verschdenna mier aa ned, Veronika, wie dees bassiern had kenna«, ergriff die Kunni das Wort. »Senn denn dier die Gnollnblädderbilsn ned aufgfalln, wies des ausn Korb gnumma hasd? Kannsd du diech denn nemmer do dro erinnern?«, hakte die Retta nach. »Ja, und naa«, schniefte die Witwe, »wie gsachd, iech kenns ja ned die Bilsn. Abber dees schdimmd scho. Do woarn scho drei dabei, die wu iech vorher nunni gsehngn ghabd hab. Schee hams ausgschaud und guud hams grochn. Iech hab mer hald nix dabei dengd, weil iech genau gwissd hab, dass mei Moo alle Bilsn kennd. Der waaß scho, was er in sein Korb nei dud und wos ned. Wenn si
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