Karpfen, Glees und Gift im Bauch
Anakonda würgen!«
Rosi Bierlein, die Azubi der FORMA, saß nackt in einer riesigen, gläsernen Badewanne, die mit Zweihundert-Euro-Scheinen gefüllt war. Draußen, vor dem Badezimmer stand der komplette Röttenbacher Gemeinderat und klopfte an die Tür. Die Gemeinderäte hatten von Rosis Dienstleistungen gehört, und wollten sich ebenfalls einer Spezialbehandlung unterziehen. Ein jeder hatte einen Zweihundert -Euro-Schein in der Hand. Rosi wollte gerade »Kommt herein!« rufen, als ihr an der Wand des Badezimmers der dahingeschiedene Diregder Geldmacher erschien. Er war in einen blütenweißen Umhang gekleidet, und aus seinem Rücken ragten zwei mächtige Flügel. Neben ihm stand in einem gleißenden Licht der liebe Gott. Im Hintergrund trieb der Heilige Geist sein Unwesen und spotzte lauter kleine, weiße Wolken aus. »Vergiss mich nicht, Rosi!«, forderte sie ihr ehemaliger Chef auf. »Komm zu mir in den Himmel! Hier dürfen alle Engel blasen.« Als sie sich voll in der Badewanne ausstreckte, sodass die Geldscheine über den Wannenrand schwappten, wachte sie auf und hörte, wie der Engel Geldmacher noch hinzufügte » … aber nur auf der Posaune!« Dann öffnete sie endgültig die Augen. Enttäuscht musste sie feststellen, dass ihr Kündigungsschreiben, von Ambrosius Fuchs höchstpersönlich unterschrieben, nach wie vor auf ihrem Nachttischschränkchen lag. Der Engel Geldmacher, der liebe Gott und der Heilige Geist waren verschwunden. Selbst der Gemeinderat hatte sich in Luft aufgelöst.
Pater Ortiz, dem katholischen Geistlichen, ging es auch nicht besser. Auch er warf sich in seinem Bett hin und her und hatte eigenartige Träume. Er hatte zwar nichts mit der KCR-Garde am Hut, aber als er am Grab der Schwiegermutter von Frau Biedermann-Beifuß stand und den Trauernden Trost geben wollte, hörte er sich sagen: »Der erste Zug bei einer Halben und der letzte Zug der Schwiegermutter sind immer die besten.«
Fünfhundert Röttenbacher klatschten frenetisch Beifall in der überfüllten Röttenbacher Lohmühlhalle, als Tatjana Rübensiehl an das Rednerpult trat. Menschen, die keinen Sitzplatz mehr gefunden hatten, stauten sich bis draußen auf die Straße und verfolgten über eine Großbildleinwand das Geschehen im Inneren. Überall waren Röttenbach-21-Plakate aufgestellt. Bayern 3 berichtete live. Hans-Dieter, ihr Göttergatte, hatte sogar den Vorstandsvorsitzenden seiner Firma, Peter Lutscher, inspiriert, zu kommen, um gemeinsam mit ihr, Seite an Seite, für das Überleben der Knoblauchkröte zu kämpfen. Wie die meisten der Anwesenden trug auch er ein grünes T-Shirt, auf welchem mit weißer Schrift geschrieben stand:
Es sprach bereits der große Schiller:
Wir hassen alle Kröten-Killer.
Es sprach bereits der weise Goethe:
Lasst schützen uns die Knoblauchkröte.
Hans-Dieter, neben ihr im Ehebett, schmiss sich unruhig hin und her, dass die Matratze knarzte. Er murmelte im Schlaf physikalische Formeln. Dann zerriss ein Dreiundsiebzig-Dezibel-Donnerschlag die Ruhe des ehelichen Schlafzimmers und ein Geruch nach faulen Eiern breitete sich aus. Tatjana Rübensiehl erschrak fast zu Tode, riss die Augen auf und maßregelte ihren Ehemann mit strengen Worten: »Hans-Dieter, wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du keine Zwiebeln mit Grünkohl essen sollst!« Dann erinnerte sie sich, dass die fünfhundert Menschen in der Lohmühlhalleauf den Beginn ihrer kämpferischen Rede warteten. Sie zwang sich wieder einzuschlafen, und aus einem hellen Nebel kehrte die Halle wieder in ihre Traumwelt zurück. Der Saal war leer. Sie sah gerade noch, wie Peter Lutscher als letzter durch die Tür entschwand. Auf dem Rücken seines T-Shirts stand nun:
Mich leckst am Arsch, Frau Rübensiehl,
Der Supermarkt ist unser Ziel.
Ach scheiß doch auf die Knoblauchkröten,
Wer hat die Lurche denn von Nöten?
Jupp Hochleitner wälzte sich in seinem Bett umher, träumte von Weißbier und seinem erdrutschartigen Erfolg, als erster staatlich anerkannter, fränkischer Brunzkartler in der bayerischen Hauptstadt aufgenommen worden zu sein. Der scheidende Oberbürgermeister Christian Ude, der den bisherigen bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer in einem tsunamiartigen Wahlsieg quasi aus dem Amt gespült hatte, holte ihn daraufhin in sein Team und nominierte ihn als seinen Chefberater in innerkulturellen Angelegenheiten. Ude brauchte einen Mann des Volkes. Verständnis und Engagement für die Interessen aller Bayern sollten den Neuen
Weitere Kostenlose Bücher