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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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mich selbst gebunden, wo sie sicher verwahrt ist. Ich habe versprochen, ein Bündnis mit meinen Freundinnen, mit Kartik und allen Wesen, allen Völkern und Clans des Magischen Reichs zu schließen und die Magie mit ihnen zu teilen.
    Aber seither habe ich keine Visionen mehr und kann das Magische Reich nicht betreten. Ich habe keine Ahnung, wie das geschehen ist. Ich weiß nur, dass es mir nicht mehr gelungen ist, das Tor aus Licht, das in jene Welt führt, erscheinen zu lassen, sooft ich es auch versucht habe. Stattdessen sehe ich immer wieder, einen kurzen, qualvollen Moment lang, Circe vor mir, als ich sie zurückgelassen habe, gefangen unter der Oberfläche des Brunnens der Ewigkeit im Innern des Tempels. Für immer verloren in dem nassen Grab dieses magischen Brunnens.
    Ich bin es, die über die Zukunft des Magischen Reichs und seiner Zauberkraft entscheiden muss, aber ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie ich dorthin zurückkehren kann.
    So liegen derzeit die Dinge.
    Heute Nacht wird alles anders werden. Ich werde einen Weg finden, um uns hineinzubringen. Ich werde den Mut dazu finden. Ich werde wieder den magischen Funken in meinen Adern spüren. Meine Freundinnen und ich werden den duftenden Garten des Magischen Reichs betreten und ein neues Kapitel aufschlagen.
    Denn wenn es mir nicht gelingt, wird das Magische Reich, so fürchte ich, für immer für uns verloren sein.
    *
    Die Schule ist dunkel und still – das fröhliche Schulmädchengeplapper nur noch das Echo eines Echos in den Gängen von Spence. Ann und ich schleichen auf Zehenspitzen zur Treppe, wo wir uns mit Felicity treffen. Der Ostflügel schläft um diese Zeit – kein Baulärm, der uns stört. Trotzdem geht von dem Trakt eine eigene Kraft aus.
    Sei still, Ostflügel, ich werde heute Nacht nicht auf dein Geflüster hören.
    Felicity hält etwas in der Hand.
    »Was hast du da?«, frage ich.
    Sie zeigt uns ein zierliches Spitzentaschentuch. »Das ist für Pippa, wenn wir sie sehen.«
    »Es ist sehr hübsch. Sie wird entzückt sein«, sage ich, weil ich Felicity nicht enttäuschen will.
    Wir folgen ihr das lange Treppenhaus hinunter. Unsere Schatten dehnen sich von Stufe zu Stufe weiter nach oben hin aus, als wollten sie die Sicherheit unserer Betten erreichen. Wir schlüpfen in den Marmorsaal, zu Felicitys Zelt, und setzen uns im Schneidersitz auf den Boden, wie wir es schon so oft getan haben.
    Ann kaut an ihrer Unterlippe und beobachtet mich.
    »Bereit?«, fragt Felicity.
    Ich hole mit einem zitternden Atemzug Luft und stoße sie in einem Schwall aus. »Ja. Fangen wir an.«
    Wir fassen uns an den Händen und ich bemühe mich mit aller Kraft, meine Gedanken auszuschalten und mich einzig und allein auf das Magische Reich zu konzentrieren. Ich sehe das Grün des Gartens, die Höhlen der Seufzer, die sich hoch über dem rauschenden Fluss erheben. Diese verzauberte Welt beginnt hinter meinen geschlossenen Augen Gestalt anzunehmen.
    »Siehst du es schon?«, fragt Ann und stört damit meine Konzentration.
    Das Bild des Gartens verweht wie eine Rauchfahne. »Ann!«
    »Tut mir leid«, murmelt sie.
    »Du darfst sie nicht stören!«, schimpft Felicity. Sie drückt meine Hände. »Denk daran, Gemma, unsere ganze Zukunft hängt von dir ab.«
    Ja, danke. Das beruhigt mich ungemein. »Ich brauche vollkommene Ruhe, bitte.«
    Gehorsam senken sie die Köpfe und schweigen still und schon stellt sich ein magisches Kribbeln ein.
    Los, Gemma. Du darfst nicht denken, dass du es nicht schaffst. Stell dir das Tor vor. Es wird kommen. Mach, dass es kommt. Befiehl ihm zw kommen.
    Das Tor erscheint nicht. Ich sehe nichts, fühle nichts. Panik überfällt mich, träufelt vergiftete Zweifel in meine Seele: Was ist, wenn die Gabe nur geborgt war? Was, wenn ich sie für immer verloren habe? Was, wenn alles ein Irrtum war und ich schließlich nur ganz gewöhnlich bin?
    Ich öffne die Augen, bemühe mich, meinen Atem zu beruhigen. »Ich brauche einen Moment.«
    »Wir hätten es nicht so lange aufschieben sollen«, grollt Felicity. »Wir hätten gleich im Januar etwas unternehmen sollen. Warum haben wir bis jetzt gewartet?«
    »Ich war damals noch nicht bereit dafür«, sage ich.
    »Du hast gewartet, dass er zurückkommt«, sagt Felicity. »Nun, er kommt nicht.«
    »Ich habe nicht auf Kartik gewartet«, fauche ich sie an. Sie hat mich an meiner empfindlichsten Stelle getroffen. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Ein Bild von Miss Moore taucht in meinem Kopf auf. Ich sehe sie,

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