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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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sollten ihn besser in Ruhe lassen.«
    »Oh, aber es ist spannend ! «, entgegnet Elizabeth.
    »Und denken Sie nur, wie schön Spence sein wird, wenn der Ostflügel wieder instand gesetzt ist!«, stößt Martha ins gleiche Horn. »Wie können Sie sagen, es ist nicht richtig, Brigid?«
    »Weil ich mich erinnere«, sagt Brigid und tippt sich an die Schläfe. »Mit dem Ort ist was faul, besonders mit dem Turm. Das kann man spüren. Ich könnte Ihnen Geschichten erzählen …«
    »Ja, davon bin ich überzeugt, Brigid, die wunderbarsten Geschichten«, sagt Felicity so sanft wie eine Mutter, die ihr gereiztes Kind beruhigt. »Aber ich mache mir Sorgen, dass Sie von der Kälte Rückenschmerzen bekommen.«
    »Na ja«, sagt Brigid und reibt sich die Hüften. »’s ist eine Plage. Und meine Knie werden auch nicht jünger.«
    Wir nicken mitfühlend.
    »Wir gehen nur ein winziges Stück näher«, gurrt Felicity. »Gerade nahe genug für eine ordentliche Skizze.«
    Wir bemühen uns, so unschuldig wie ein Chor von Engeln dreinzublicken.
    Brigid nickt uns kurz zu. »Also los, gehn Sie schon. Aber nicht zu nah! Und denken Sie ja nicht, dass ich nicht aufpasse!«
    »Danke, Brigid!«, rufen wir fröhlich und sausen den Hügel hinunter, bevor sie ihre Meinung ändern kann.
    »Und beeilen Sie sich! Es schaut mir nach Regen aus!«
    Ein plötzlicher, kalter Windstoß fährt über das dürre Gras. Er rüttelt die müden Glieder der Bäume wie knöcherne Halsketten und peitscht unsere Röcke so weit hoch, dass wir sie herunterziehen müssen. Wir kreischen vor Überraschung – und Vergnügen –, denn es hat für einen unbewachten, verbotenen Augenblick die Aufmerksamkeit sämtlicher Männeraugen auf uns gelenkt. Der Windstoß ist in diesen späten Märztagen das letzte Aufbegehren des Winters. Die Bäume schütteln schon den Schlaf ab und rüsten sich selbst zum Angriff. Bald werden sie ihren grünen Siegeszug beginnen und den Winter in die Flucht schlagen. Ich ziehe den Schal um meinen Hals. Der Frühling kommt, aber ich kann die Kälte nicht abschütteln.
    »Gucken sie?«, fragt Elizabeth aufgeregt, verstohlene Blicke nach den Männern werfend.
    »Dauernd«, sagt Felicity im Flüsterton.
    Marthas Locken hängen schlaff herunter. Sie gibt ihnen einen hoffnungsvollen Schubs, aber sie wollen nicht in ihre Form zurückspringen. »Sagt mir ehrlich, hat die Feuchtigkeit mein Haar ruiniert?«
    »Nein«, lügt Elizabeth genau im gleichen Moment, in dem ich Ja sage.
    Martha spitzt ihren Mund. »Ich hätte mir denken können, dass du unfreundlich sein würdest, Gemma Doyle.«
    Die anderen Mädchen werfen mir frostige Blicke zu. Es scheint, als sei die Aufforderung »Sagt mir ehrlich« eine verschlüsselte Botschaft, die in Wirklichkeit heißt: »Lügt um jeden Preis«. Ich werde mir das notieren. Oft denke ich, wahrscheinlich gibt es ein Lehrbuch, in dem alles zum Thema Höflichkeit und Damenhaftigkeit steht, und ich habe nur versäumt, es zu studieren. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass Cecily, Martha und Elizabeth mich nicht leiden können und meine Gegenwart nur dann tolerieren, wenn Felicity dabei ist. Umgekehrt finde ich ihr Denken so eingeschnürt wie ihre Taillen, denn sie können über nichts anderes reden als über Feste, Kleider und die Missgeschicke oder Unzulänglichkeiten anderer. Ich würde lieber bei den Löwen im Kolosseum im Alten Rom mein Glück versuchen, als noch einen Teeplausch mit Leuten wie ihnen über mich ergehen zu lassen. Die Löwen machen wenigstens kein Hehl aus ihrem Verlangen, dich aufzufressen.
    Felicity wirft einen Blick zu den Männern hinüber. »Hier entlang.«
    Schritt für Schritt schieben wir uns näher an die Baustelle heran.
    Die Arbeiter sind jetzt von fieberhafter Neugierde gepackt. Sie lassen ihre Arbeit ruhen und nehmen ihre Mützen ab. Die Geste ist von untadeliger Höflichkeit, aber das Grinsen auf den Gesichtern lässt auf weniger züchtige Gedanken schließen. Ich erröte.
    »He, Burschen. Zurück an die Arbeit, wenn ihr sie behalten wollt«, warnt der Vorarbeiter. Mr Miller ist ein stämmiger Mann mit Oberarmen so dick wie kleine Schinken. Uns gegenüber zeigt er sich galant. »Guten Tag, meine Damen.«
    »Guten Tag«, murmeln wir.
    »Da gibt’s Geschmeide zum Mitnehmen, wenn Sie ein Souvenir von dem alten Mädchen wollen.« Er zeigt mit dem Kinn auf einen Haufen, auf dem allerlei ausrangiertes Gerümpel samt rußverschmierten Glasscherben von jahrzehntealten Lampen liegt. Es sind genau

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