Karwoche
runterkloppen – bitter.«
»Nachdem wir die philosophischen Aspekte jetzt profunditer ausgelotet haben: Wie wär’s mit ein paar Fakten zum Tathergang?« Wallner war hinter Oliver getreten.
»Keene Ahnung, wat dich dit interessiert. Ick hab jedacht, du hättst Urlaub. Aber bitte, is ja nich mein Urlaub. Dit Mädel da drüben«, er deutet auf Vera, »macht mir übrigens ’n zunehmend unjeduldigen Eindruck. Zu Recht, wie ick finde. Aber jut, is deine Freundin. Tathergang, wa?«
»Wär super. Und mach dir bitte keine Gedanken über meinen Urlaub und schon gar nicht über meine Freundin.«
»Hast recht, geht mich ’n feuchten Kehricht an. Pass uff: Hier«, er deutete auf eine regelmäßig unterbrochene Linie am Hals, »könnte ’ne Kette oder so was gewesen sein.« Oliver drehte den Kopf der Leiche so gut es ging zur Seite. Am Nacken waren die zwei Linien, die von der Vorderseite kamen, gegeneinander verschoben. »Hier liegen die beiden Kettenstränge übereinander. Das heißt, der Täter hat sie von hinten gewürgt.«
»Geht das überhaupt mit einer so dicken Kette? Da brauchst du doch übermenschliche Kräfte.«
»Richtig«, sagte Oliver. »Aber die Kettenglieder waren vermutlich so groß, dass der Täter eine dünne Eisenstange oder so was reinstecken konnte. Dann musst du nur noch drehen. Wie bei einer Garrotte.« Oliver deutete auf die linke Hand der Frau. Sie hatte lange, schwarz lackierte Fingernägel. Zwei davon waren abgebrochen. »Es hat wohl einen kurzen Kampf gegeben. Vermutlich hat sie nach hinten gegriffen, um die Arme des Täters abzuwehren. Soweit ich sehen konnte, sind keine Hautreste unter den Nägeln. Entweder hat sie die Hände des Täters nicht zu fassen gekriegt, oder er hat Handschuhe angehabt.«
»Spricht also alles dafür, dass der Mord vorbereitet war. Ich meine, sonst hast du weder Kette noch Eisenstange noch Handschuhe dabei.«
»Seh ich ähnlich. Ja.«
»He, Oliver, lass dich net von Passanten anquatschen. Und Ermittlungsergebnisse bitte nur an den zuständigen SoKo-Leiter. Is eh klar, oder?«
Mike Hanke war dazugetreten.
»Oh, ich hab mich rein aus Interesse schlaugemacht«, sagte Wallner. »Immerhin hab ich die Leiche entdeckt. Außerdem bin ich Zeuge.«
»Versteh’s net falsch – ich will nur wissen, wer jetzt welchen Job macht.« Mikes Mimik schwankte zwischen Ironie und ernstgemeinter Frage.
»Du machst das. Ich mach meine Aussage und bin weg.«
Kilian Raubert hatte man unter Polizeibewachung ins Krankenhaus nach Agatharied gebracht. Dort wurde er wegen des Schocks behandelt, den er beim Anblick der Leiche erlitten hatte – oder vorgab, erlitten zu haben. Mike organisierte inzwischen die Einrichtung einer Sonderkommission. Es war zunächst nicht klar, ob der Aufwand für eine SoKo lohnte. Immerhin war die Leiche im Wagen von Kilian Raubert gewesen, der sich heftig dagegen gewehrt hatte, den Wagen zu öffnen. Es sprach also vieles dafür, dass er – aus welchen Gründen auch immer – den Mord begangen hatte. Wenn er geständig war, konnte man die noch anfallenden Aufgaben mit kleinem Personalaufwand erledigen. Andererseits hieß Rauberts Verhalten nicht, dass er die Tat zugeben würde. Mike entschied sich deshalb für die Sonderkommission, um keine Zeit zu verlieren.
Wallner und Vera waren Zeugen in dieser Sache. Mike bat seinen Chef, mit nach Miesbach zu kommen. Die Sache stank ein bisschen. Da ging es nicht nur um die Leiche, sondern auch um die Frage, warum Kreuthner, der offenbar vom Skifahren kam und eigentlich nicht im Dienst war, einen Bekannten einer Straßenkontrolle unterzogen hatte. Und warum war Wallner dabei gewesen? Wallner zögerte, nach Miesbach zu fahren. Er wollte an den Gardasee. Zumindest musste er mit Vera reden. Er fand seine Freundin im Wagen. Sie telefonierte mit dem Handy. Als sie Wallner sah, machte sie die Tür auf.
»Du, ich brauch noch ein bisschen.«
»Was ist los?«
»Christians Mutter hat mich gerade angerufen. Ich hab den Eindruck, ich sollte mal nach ihr sehen. Sie klang ziemlich verwirrt.«
»Hast du Christian angerufen?«
»Ihm geht’s auch nicht so gut. Ich glaube nicht, dass er sich um sie kümmern kann. Tut mir leid. Ich weiß, es ist nicht mehr meine Sache. Aber wenn sie mich anruft …«
»Nein. Das ist völlig okay. Ich fahr dann mit Mike nach Miesbach. Er will von mir wissen, was genau abgelaufen ist.«
»Lass uns später telefonieren. Dann schauen wir, ob wir heute noch fahren.«
Mike schlug vor,
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