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Katakomben (van den Berg)

Katakomben (van den Berg)

Titel: Katakomben (van den Berg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Prayon
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Kommissariat dominierte das monotone
Klingeln der Telefone, die einfach keine Ruhe gaben. Draußen lechzten ganze
Heerscharen von Journalisten nach Details. Die belgischen Nachrichtensender
hatten kaum ein anderes Thema als den Mann, dessen Fahndungsfoto sie pausenlos zeigten.
Die Sonderkommission hatte große Mühe, die Flut von Hinweisen abzuarbeiten.
Drei Anrufer setzten die Ermittler auf die richtige Spur, sie hatten Jorge auf
der Rue Neuve gesehen. Die heulenden Sirenen der Streifenwagen waren im
gesamten Stadtgebiet zu hören.
    Jorge lief weiter – jetzt fühlte er
sich wie ein Getriebener, er hatte Angst, den entscheidenden Fehler zu machen.
Der Riese betrat eine Drogerie. Das Geschäft führte alles, was man erwarten durfte,
Jorge musste nicht lange suchen, bis er alles zusammenhatte, was er benötigte.
Er kaufte eine Haarschneidemaschine und ein Färbemittel, in der Boutique
nebenan eine Jacke und zwei Pullover. Er trabte hinüber auf die andere Seite
des Platzes. Dort gab es einige Fastfood-Restaurants, wo er am wenigsten auffiel.
Der Spanier verschwand auf der Toilette, zog sein Hemd aus und setzte die
Haarscheidemaschine an. Schnell hatte er seinen vollen Schopf auf drei
Zentimeter Länge gekürzt. Hektisch massierte er die schmierige Creme in die
Stoppeln ein, die nun ein schmutziges Blond annahmen. Nachdem er fast eine
halbe Stunde Zeit zum Nachdenken hatte, hielt er seinen Kopf in die Kloschüssel
und spülte das brennende Zeug raus. Nach einer Viertelstunde kam Jorge aus der
Kabine, blickte neugierig in den Spiegel und eilte nach draußen. Niemand hatte
bemerkt, was er auf der Toilette getrieben hatte. Er stieg in ein Taxi.
„Bruxelles-Midi!“ Die Fahrt dauerte zehn Minuten, Zeit genug, sich den
Fluchtplan zu überlegen. Kritisch beäugte er den Mann, der am
Fahrkartenschalter saß. „Paris, einfach.“ Den Bahnhof und die Taxis wird man
als Erstes checken, dachte er sich. Jetzt fühlte er sich sicher. Er lief um das
Gebäude herum. Der Bus nach Antwerpen wartete mit laufendem Motor.
    Die Fahndung nach Jorge lief auf
Hochtouren. Überall in der Stadt heulten die Sirenen. Van den Berg spürte, wie
ihm der zunehmende Druck den Magen zuschnürte. Die Medienvertreter vor dem
Kommissariat riefen und maulten, kein Polizist konnte das Gebäude verlassen,
ohne von den Schreiberlingen in die Mangel genommen zu werden. Van den Berg
sprach nicht mit den Hyänen, er setzte die Ellenbogen ein, um sich schnell den
Weg durch die Massen zu bahnen. Das Telefon klingelte pausenlos. Im Flur kam
dem Kommissar De Wilde entgegen, der nervös und abgehetzt wirkte. Van den Berg
würdigte den unliebsamen Kollegen keines Blickes.
    Mit jedem Anruf hoffte van den Berg,
neue Hinweise zu bekommen. Doch meistens waren Journalisten an der Strippe, die
er ruppig abwimmelte. Neben der Fahndung nach Jorge Ramos lief die
Identifizierung der dritten Toten auf Hochtouren. Sie hatten die
Vermisstenmeldungen fast durch, bei zwei Kandidaten mussten noch die Zähne mit
denen der Toten abgeglichen werden.
    Jorge nahm in der Mitte des Busses
Platz, wo er alles perfekt im Blick hatte. Sie werden mich nicht kriegen, sie
sind nicht clever genug, um gegen mich anzukommen, beruhigte er sich. In seiner
Verbrecherkarriere war Jorge schon oft auf der Flucht gewesen, geschnappt
hatten sie ihn nie. Er fragte sich, ob sie auf seine falsche Fährte
reingefallen waren. Er lachte innerlich bei der Vorstellung, dass die Bullen
gerade dabei waren, Züge nach Frankreich zu durchsuchen. Dann dachte er an das
Foto, das in kurzen Abständen über die Fernsehapparate flimmerte. Mit seinen mittlerweile
mittelblonden Haaren, denen er einen unauffälligen Kurzhaarschnitt verpasst
hatte und seiner schwach getönten Sonnenbrille war er definitiv nicht so leicht
zu erkennen. Das glaubte er zumindest. Für einen Spanier war Jorge extrem groß.
Schon in seiner Kindheit war er oft gehänselt worden, weil er seine Mitschüler
um Haupteslänge überragte. Er fühlte sich als Außenseiter, was sich erst änderte,
als er ins Ausland ging. Jorge war in zerrütteten Verhältnissen aufgewachsen, mit
einem Vater, der Alkoholiker war und ihn oft wegen Nichtigkeiten verprügelte.
Seine psychisch kranke Mutter war nicht in der Lage, ihm zu helfen. Warum er
ein Killer geworden war, wusste Jorge nicht, er dachte nicht darüber nach. Der
Wert eines Lebens war für ihn gering, Menschen waren für ihn ganz einfach
austauschbar.
    Jorge war für einen Moment eingenickt,
bis ihn

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