Kate und Leah
schüttelte wieder den Kopf, und diesmal war er es, der lachte. »Nein? Siehst du, ich bin kein Idiot, Leah, auch wenn du mich vielleicht für einen hältst.«
»Ich weiß, dass du kein Idiot bist!«
Sein Blick sagte, dass er sie abschätzte und für zu leicht befand. »Warum hast du geweint?«
Weil das erste Mal, seit ich mich erinnern kann, jemand sich so anfühlte, als passte er zu mir.
Weil sich herausstellte, dass das alles zu viel für mich war, zu schnell und zur falschen Zeit.
»Ich habe nicht geweint«, sagte sie und schaute ihm direkt in die Augen.
Er mochte kein guter Lügner sein, aber sie war eine gute Lügnerin.
Einen Sekundenbruchteil lang hingen die breiten Schultern etwas, aber nur so kurz, dass es ihr nicht aufgefallen wäre, wenn sie nicht versucht hätte, sich jede Einzelheit von ihm einzuprägen. Wenn er durch diese Tür verschwand, würde sie ihn vermutlich nicht mehr sehen. Er würde nicht zurückkommen wollen, und sie hatte kaum eine Möglichkeit, ihn hereinzulassen.
Auf all das war sie nicht vorbereitet. Es spielte keine Rolle, wie gut der Sex war, wie süß seine Lippen und Hände sich angefühlt hatten, wie hart sie bei ihm gekommen war. Es spielte auch keine Rolle, dass er bereit war, ihr sein Vertrauen zu geben, und dass er alles ausgeführt hatte, was sie sich wünschte.
Nichts von alledem machte irgendeinen Unterschied aus, denn sie hatte gerade eine lange Beziehung beendet und würde sich mit niemandem so schnell auf was Neues einlassen. Nicht einmal, wenn es bedeutete, dass sie jemanden verpasste, der sich so gut angefühlt hatte. Nie würde sie sich mit weniger zufrieden geben.
»Ich frage dich noch ein letztes Mal«, sagte er leise. »Warum hast du geweint? Hatte es was damit zu tun, was ich getan habe?«
»Nein«, sagte sie ihm, und sie wusste, dass sie die Lüge auf ihrem Gesicht nicht verstecken konnte. »Es hatte nichts mit dem zu tun, was du getan hast.«
Es war alles, was er getan hatte.
Er konnte nichts verstecken. Jede Gefühlsregung zuckte in seinen Augen, als er sie anstarrte. Verletzung. Wut. Sie sah auch die Scham, die sie am liebsten geleugnet hätte, aber das konnte sie nicht.
Ohne ein Wort bückte sich Brandon und hob den Gürtel auf, wo Mike ihn hatte fallen lassen. Er steckte ihn nicht in die Tasche, und er legte ihn nicht in die Schlaufen der Hose.
Stattdessen drückte er ihr den Gürtel in die Hand und schritt durch die Tür, ohne noch einmal zurückzuschauen.
Dreißigstes Kapitel
Das Taxi, das Kate zu Dix’ Haus in der Vorstadt brachte, bog in eine Seitenstraße ein, als Kate gerade die Nachricht für Leah beendet hatte. Offenbar machte der Musikus auf eine verschwitzte nackte Art alles richtig.
Leah hatte an den Nachmittagsvorträgen nicht teilgenommen, und als Kate vor Leahs Tür stehen geblieben war, hatte sie die Geräusche gehört, die sie grinsend weitergehen ließen.
In ihrem Bauch flatterte es nervös, und entlang des Bürgersteigs wehten die kleinen Blätter, denn es war ein windiger Tag. Das Taxi fuhr in eine Einfahrt, und sie reichte dem Fahrer geistesabwesend einen Schein und zwang sich von der Rückbank, ehe sie den Weg zum Eingang nahm.
Das Haus war nicht so, wie sie es erwartet hatte. Sie fand kein besseres Wort als »heimelig« dafür. Gemütlich. Auf der vorderen Veranda stand eine Schaukel; der Rasen war wie mit der Nagelschere getrimmt, aber sonst sah alles danach aus, dass Menschen hier wohnten. Die Nachbarschaft entsprach der gehobenen Mittelklasse. Es gab viele Familien mit Kindern. Fahrräder lehnten an Garagenwänden, und überall sah sie Spielgeräte, die über die Zäune hinausragten.
Sie hatte einen Palast aus Weiß und Chrom erwartet. Ihre Nervosität kämpfte gegen das Lächeln an, zu dem sie sich zwang, als sie an seine Tür klopfte. Er öffnete schon nach wenigen Sekunden, völlig entspannt und unmöglich sexy. Nicht wie der Mann, den sie bisher gesehen hatte. Dieser Mann befand sich hier in seinem Element.
»Genau pünktlich. Komm herein.« Er trat zurück und winkte sie herein, und sie stand in einem Flur mit Kleiderbügeln an den Wänden und Bildern, die seine letzten fünfzehn Jahre als Vater zeigten.
Die reinste Freude stand ihm im Gesicht; Bild auf Bild zeigte ihn im Urlaub. Am Meer, bei Baseballspielen, bei Barbeques und bei anderen Aufgaben, denen Väter in den Vorstädten nachkamen. Was, zum Teufel, sollte sie damit anfangen? Diese Seite von ihm war entwaffnend und unfair zugleich, weil sie glaubte,
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