Kate und Leah
der Hotelhalle in Tränen ausbrach.
Leah sah ihrer Freundin nach, dann richtete sie sich auf, Schultern gerade, Rücken gerade. Sie musste noch einige Dinge erledigen. Zuerst zu den Konferenzräumen. War alles vorbereitet für den letzten Morgen? Den Auftrag abzeichnen, dann konnte sie gehen.
Brandon war schon da, als sie eintraf.
Leahs Herz, das schon schneller geschlagen hatte als sonst, flog hoch in ihren Hals. Im Türrahmen blieb sie stehen, ihren Koffer in einer Hand, denn sie hatte ihn nicht unten an der Rezeption abgeben wollen. Brandon lag auf den Knien, um den Stecker des Overhead Projectors anzuschließen. Am liebsten hätte sie sich hinter ihn gekniet und seinen Körper umschlungen.
Brandon sah sich um und richtete sich auf. Sein Ausdruck war voller Leidenschaft. Sie musste seinem Blick ausweichen, sonst hätte sie auf seine Ehrlichkeit reagieren müssen. Leah setzte ihren Koffer auf einen Tisch an der Wand und machte sich am Griff zu schaffen, um Brandon nicht ansehen zu müssen.
Ihre Handflächen schwitzten, und obwohl sie das Frühstück nur halb gegessen hatte, langte sie jetzt nach dem Teller mit Pasteten und Brezeln, den sie zur Konferenz bestellt hatte. Sie nahm eine Serviette und zerkrümelte eine Pastete darauf. Gegen die Hitze in den Achselhöhlen konnte sie nichts ausrichten, und jetzt stieg sie auch noch in ihr Gesicht. Sie schluckte schwer und wünschte, sie hätte Wasser getrunken und keinen heißen Kaffee.
»Es ist alles vorbereitet.« Sein Gesicht zeigte vielleicht seine Gefühle, aber die Stimme verriet nichts.
Leah riskierte einen Blick. »Danke.«
Brandon nickte. Heute trug er ein blassrosa Hemd zu einer grauen Hose und einer dunkelblauen Krawatte. Schwarze Schuhe, edel poliert. Ihr Blick fiel auf seine Taille.
Er trug keinen Gürtel.
Er sah sie an und sah auch, auf was sie geschaut hatte. Er hob sein Kinn ein wenig, aber er schaute nicht weg.
»Alles sieht gut aus«, sagte sie.
Sie hatten nicht mehr viel Zeit miteinander. Die Besprechung sollte in weniger als zehn Minuten stattfinden, und die ersten Teilnehmer trudelten schon ein; das war immer so, wenn es ein kostenloses Frühstück gab. Sie musste nur noch die nächsten paar Minuten mit ihm durchhalten. Das würde sie schaffen.
»Ich habe die Papiere in meinem Büro«, sagte Brandon. »Die müssen noch unterschrieben werden.«
Verdammt. Sie suchte in seinem Gesicht nach irgendeinem Zeichen, dass er das alles absichtlich in die Länge ziehen wollte, aber sie fand keins. Sie nickte.
»Ich bin in fünfzehn Minuten da«, sagte sie und machte sich wieder an ihrem Koffer zu schaffen.
»Soll ich den mit nach unten nehmen?«
Das war kein besonderes Zuvorkommen, dachte Leah, das gehörte einfach zum Job. Sein Ton war freundlich, sein Verhalten gelassen.
Sie hatte geglaubt, es wäre leichter, ihm heute gegenüberzutreten. Er würde entweder schnippisch und verärgert oder kühl und distanziert sein. Da war eine Distanz, gar keine Frage, aber er ließ sich seine Verärgerung nicht anmerken.
Nur weil sie ihre Finger kräftig in die Koffergriffe geklammert hatte, war es ihr gelungen, nicht gegen ihn zu schwanken. Ja, sie hatte nichts dagegen, dass er ihren Koffer trug; nicht, weil er schwer oder unbequem wäre, sondern weil sie wollte, dass er ihr einen weiteren Gefallen erwies.
»Nein, ich trage ihn schon selbst.«
Sie hatte schon tausend Fremde ihren Koffer tragen lassen. Sie ließ sich Türen öffnen, ihr Auto parken, ihren Rasen mähen, ihre Einkaufstüten tragen, ihren Vorgarten umpflügen. Sie hatte nie ein Problem damit gehabt, sich auf mannigfaltige Weise bedienen zu lassen, und wie Kate mal gesagt hatte, sie war gewohnt, mit den Fingern zu schnipsen, und irgendeiner würde springen. Und was war dieses Mal los?
Er trat von ihr zurück und nickte kurz. »Fein.«
Es war alles andere als fein, aber Leah sah noch auf seine linke Gesichtshälfte. »Ich komme nach unten.«
Sie drehte sich nicht um, als er ging.
Achtzehn Minuten später – sie hängte absichtlich noch drei Minuten dran – klopfte Leah an Brandons halb offen stehende Bürotür. Nach seiner gedämpften Antwort drückte sie die Tür ganz auf und ging hinein. Und blieb überrascht stehen.
»Wow! Du hast hart gearbeitet!«
Sie rümpfte die Nase wegen des Geruchs der Möbelpolitur und des Salmiakgeists, der ihr beim Eintreten entgegenschlug. Er hatte die Stapel der Broschüren und Ordner abgebaut, an die sie sich erinnern konnte. Eine kleine Lampe mit einem
Weitere Kostenlose Bücher