Kater Konstantin - drei Bücher in einem Band
und Philipp meinte: „Was soll das heißen? Fantasie sieht überhaupt nicht aus.”
„Doch”, widersprach Herr Fliederbusch. „Meine ist groß, schwarz und ein wenig kurzsichtig.”
„Sie meinen: Konstantin ist Ihre Fantasie?”
„Genau. Ich habe ihr zu viel zugemutet, da ist sie mir einfach davongelaufen.” Fliederbusch kaute an seinen Fingernägeln. „Ich bin ein Schriftsteller, dessen Fantasie sich irgendwo in der Welt herumtreibt. Einen Schriftsteller ohne Fantasie gibt es nicht, dürfte es wenigstens nicht geben. Wahrscheinlich werde ich mir einen anderen Beruf suchen müssen. Ich habe schon daran gedacht, Ofenrohrdurchbläser zu werden, oder Minutenzeiger, Vogelbauer, Dach-träger, Anhänger, Durchhalter oder vielleicht sogar Aus-der-Haut-Fahrer.”
Die Kinder lachten.
„Gar so fantasielos sind Sie ja doch nicht”, sagte Uschi schließlich erleichtert.
„Ja. Seltsam!”, meinte Fliederbusch. „Seit Ihr da seid, fällt mir wieder etwas ein. Nicht viel, aber etwas.”
„Ob's daran liegt?”, fragte Philipp und zog die Ansichtskarte aus der Hosentasche.
„Was ist das?”, fragte Fliederbusch und hatte Philipp die Karte schon aus der Hand gerissen.
Gespannt warteten die Kinder darauf, was Herr Fliederbusch nun sagen würde. Aber er sagte nichts. Stattdessen fasste er Uschi und Philipp an den Händen und zog sie hinter sich her – zu seinem Auto.
Er schubste die Kinder hinten hinein, und erst als sie schon die Straße zur Stadt hinunterrasten, kam Philipp dazu den Mund aufzumachen:
„Wo fahren wir eigentlich hin?”
„Ins Reisebüro natürlich!”
Dort mussten sie zuerst einmal feststellen, aus welchem Ort Konstantin denn geschrieben hatte. Sie fanden heraus: Der Ort liegt in Italien.
„Genauer gesagt: an der Riviera de Levante”, meinte das Fräulein, das Herrn Fliederbusch und die Kinder bediente.
„Eure Eltern kommen doch mit?”, fragte Fliederbusch, zu Uschi und Philipp gewandt, aber er wartete keine Antwort ab, sondern verlangte von dem Fräulein: „Bestellen Sie drei Zimmer in diesem Ort. Zwei Zweibettzimmer und ein Einbettzimmer. Von morgen ab, für vierzehn Tage.”
Das Fräulein hielt das für einen Scherz.
„Jetzt im August ist an der Riviera nicht einmal eine Badewanne frei. Einen Sommeraufenthalt an der Riviera muss man schon im Jänner buchen.”
Herr Fliederbusch drückte dem Fräulein einen Geldschein in die Hand und konnte es überreden, ein paar Telefongespräche zu führen.
Dabei stellte sich heraus, dass in dem Ort, aus dem die Ansichtskarte stammte, zufällig am Samstag ein paar Zimmer frei würden. Allerdings nur für eine Woche.
Herr Fliederbusch meinte: „Besser als gar nichts”, und buchte sie.
Am Abend wurden mit Uschis und Philipps Eltern die Einzelheiten besprochen.
Die Eltern meinten zuerst, sie könnten innerhalb so kurzer Zeit unmöglich Urlaub bekommen.
Aber Herr Fliederbusch überredete sie, in ihren Firmen anzurufen. Und nach langen Telefongesprächen hatten sie die nächste Woche frei bekommen.
Inzwischen hatten die Kinder die Ansichtskarte immer und immer wieder angesehen und waren dahinter gekommen, dass Konstantin sie schon am 11. Juni abgeschickt hatte.
„Wieso braucht eine Karte fast zwei Monate?”
„Die italienische Post nimmt's nicht so genau”, meinte Herr Fliederbusch.
Ob Konstantin jetzt nach zwei Monaten überhaupt noch in diesem kleinen Ort an der Riviera zu finden war? – Niemand wagte diese Frage auszusprechen, aber jeder stellte sie sich heimlich.
Am Samstag fuhren sie zeitig in der Früh in Fliederbuschs Wagen los. Den ganzen Tag dauerte die Fahrt, Herr Fliederbusch und Herr Steinmann wechselten einander am Steuer ab.
Als sie dann endlich ankamen, war es bereits finster, und sie waren so müde, dass sie sofort in ihr Hotel gingen. Das war eines der zwölf hohen Häuser in der Nähe des Dorfes.
Erst am Sonntagmorgen kamen sie ins Dorf, um nach Konstantin Ausschau zu halten.
Eine knappe Dreiviertelstunde, dann hatten sie jedes auch noch so schmale Gässchen abgesucht, das Dorf war ja nicht groß.
Vom Kater Konstantin keine Spur.
„Vielleicht schläft er noch”, meinte Uschi.
„Wahrscheinlich ist er am Strand”, vermutete Philipp. „Er schwimmt doch so gerne.”
Sie gingen an den Strand.
Der schmale Küstenstreifen zwischen dem Hafenbecken und der felsigen Halbinsel schien mit Sonnenöl beschmierten Leibern gepflastert. Kaum ein Kieselstein war zwischen ihnen noch zu sehen.
„Wie sollen wir den
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