Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
Platzhalter, besonders nach Feierabend.« Er unterbrach sich, als ihm die völlige Absurdität seines Wortschwalls bewusst wurde. Hilflos wies er auf ihr gelbes Cabrio, neben dem die anderen Fahrzeuge aussahen, als gehörten sie auf den Schrott.
Um die Mundwinkel der Schönen hatten sich zwei liebreizende Fältchen gebildet. »Ehe mein Auto tatsächlich zum Auslöser eines Provinzkrieges wird«, sagte sie, »wäre es wohl das Beste, Sie gäben mich für die nächsten anderthalb Stunden als Ihren Gast aus. Oder was meinen Sie?«
Ihr Lächeln fuhr in Liebermann wie in ein Stück weiche Butter und blieb in der Mitte stecken.
Sie hatten die Schrauben fester angezogen. Goran brauchte all seine Kraft, um sie zu lockern. Bei der zweiten ging ihm ein Stechen durch das rechte Handgelenk. Mühsam fummelte er sie heraus und ließ sie, wie die erste und die dazugehörigen Muttern, in eine an seinem Gürtel befestigte Zimmermannstasche fallen. Er blickte sich um. Unter ihm lag der menschenleere Hof. Nur ein Dreirad und ein neuer Stapel Bierkisten neben einer ausrangierten Kühltruhe zeugten davon, dass es hier tagsüber recht betriebsam zuging. Aus einem geöffneten Fenster auf seiner Ebene drang Babygeschrei. Das würde noch eine Weile so weitergehen, dachte Goran, bei Vierlingen hatte immer einer was zu meckern. Ihn störte das nicht, im Gegenteil, es erinnerte ihn an seine Kindheit. Er steckte den Schraubenschlüssel ein und kletterte vorsichtig die kurze Leiter zur nächsten Etage hinunter, schlich über die Holzplanken zur nächsten und immer so weiter, bis er festen Boden unter den Füßen hatte. Die Streben würde er später holen, wenn es ruhig und richtig dunkel geworden war, und dann auch nicht allein.
»Wer ist da?« Die alte Krebs stand, mit ihrer Kittelschürze bekleidet, im Durchgang zur Vordertür. Sie bebte vor Aufregung, in ihrer Hand entdeckte Goran ein Brotmesser. Höflich neigte er den Kopf.
»Guten Abend!« Die Begrüßungsformeln beherrschte er flüssig, nur mit Unterhaltungen tat er sich zuweilen noch schwer.
Die Krebs reckte kämpferisch das Kinn vor. »Wer sind Sie?«
Goran zerrte am Saum seines Hemdes, bis es die Zimmermannstasche notdürftig verbarg. »Ich bin Goran Flatic, Ihr Nachbar.«
»Mein Nachbar ist tot«, schnaufte die Krebs.
Er begriff nicht gleich. Direkt neben der Alten wohnte ein sehr lebendiges junges Pärchen, das erst vor einem Jahr eingezogen war. Aber dann fiel ihm der Notarztwagen ein, der den Vormieter abgeholt hatte. Herzinfarkt, genau an dem Tag, als sie alle den Sanierungsbescheid im Briefkasten gehabt hatten.
»Ich wohne in der Nummer 19«, sagte er höflich.
»Dann sind Sie nicht mein Nachbar.«
Es war, als ob diese Feststellung die alte Krebs ein wenig entspannte. Sie steckte ihr Küchenmesser mit der Klinge nach oben in eine Tasche ihrer Schürze und nahm die Brille ab, um sie am Zipfel ihres Universalkleidungsstückes zu putzen. »Sie haben sich verlaufen«, sagte sie. »Sie müssen hier durch die Tür raus und dann genau einen Aufgang weitergehen. Das ist Ihrer. Und beeilen Sie sich, es regnet gleich.«
»Gut, danke. Danke.«
Die Alte geriet in Absolutionslaune. »Ist ja auch nicht leicht, sich hier zurechtzufinden. Für einen, der aus der Pampa kommt. Ich habe Sie übrigens schon mal gesehen.«
»Ja«, murmelte Goran. »Ich wohne hier.«
Sie stemmte die Fäuste in die dürren Hüften und starrte ihn an. »Tatsächlich?«
Miri durfte ihr Abendbrot ausnahmsweise vor dem Fernseher essen, während Liebermann auf dem Balkon saß und den Bürgersteig observierte. Nach einer halben Stunde, während derer eine Menge buntes Volk unter ihm herumgestromert war, begann er daran zu zweifeln, ob es den Engel wirklich gab oder ob er doch nur einer Drogenhalluzination aufgesessen war. Aber nein. Direkt vor der Tür, schnurgerade eingeparkt, stand der Beweis. Liebermann überlegte, ob er es wagen sollte, sich kurz auf den Teppich im Wohnzimmer zu legen.
Dank der Tabletten war der Schmerz dumpfer geworden, aber er war da. Er lauerte in einem unbedeutenden Knorpel, der aus der Reihe getanzt war, auf die Reaktivierung von Liebermanns Reizleitungen. Und sosehr er im Allgemeinen für funktionierende Reizleitungen plädierte, heute tat er es nicht. In spätestens einer Stunde würde SIE zurückkehren. Und SIE sollte ihn nicht wieder im Vierfüßlergang antreffen. Liebermann stellte sich in Positur, atmete ein Ziehen weg und hob eine Braue. »Na, schon zurück?«
Nein, das war
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